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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schwarzblüter verstanden es prächtig, sich zu verstecken.
    Ich war so tief in meine Gedanken versunken, dass mir erst recht spät Bill’s Verschwinden von meiner Seite auffiel. Aber ich hörte seine Stimme und sah ihn zusammen mit der blonden Angestellten dort stehen, wo auch die Wagen parkten. Die junge Frau hielt ihren Autoschlüssel in der Hand, und Bill hatte sie wohl beim Einsteigen gestört.
    Ich lenkte meine Schritte auf die beiden zu und bekam das Kopfschütteln der Frau sowie ihre letzten Worte mit.
    »Nein, Mr. Conolly, das ist meines Erachtens nicht der Fall. Lorna ist nicht zum Arzt gebracht worden. Das wäre mir bekannt. Wenn so etwas eintritt, werden wir immer informiert.«
    »Paul Erskine hat es aber behauptet.«
    Die Blonde hob die Schultern. »Das verstehe ich nicht. Ich kann sogar beschwören, dass sie nicht beim Arzt ist.«
    Ich war mittlerweile auf Sprechweite herangekommen und fragte: »Wann haben Sie Lorna denn zum letzten Mal gesehen?«
    »Da muss ich überlegen.«
    »Bitte.«
    »Heute nicht, glaube ich.« Sie runzelte ihre Stirn und blieb bei der Behauptung.
    »Dann war es gestern?«
    »Ja.«
    »Und wie kam sie Ihnen vor?«
    »Tja, wie kam sie mir vor?« Sie ließ den Blick über die Dächer der Autos schweifen. »Eigentlich normal, sage ich mal, ich habe nichts Auffälliges an ihr feststellen können.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Nur kurz. Aber da hat sie nichts von einem Arztbesuch gesagt.«
    »Und sonst?«, fragte Bill.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie hat sie sich verhalten? Zeigte Lorna irgendwelche Veränderungen? War sie nervös? Hatte sie Angst? Konnten Sie vielleicht so etwas bei ihr spüren?«
    »Nein, das konnte ich nicht. Sie hat mir nichts gesagt, und sie hat sich auch nicht beschwert. Alles wirkte irgendwie locker.«
    »Sie hat mit Ihnen auch nicht über die Vorfälle in der letzten Zeit gesprochen?«
    »Ach, Sie meinen die Toten?«
    »Ja, und die Verschwundenen.«
    Die Blonde wollte lächeln, aber es kam nicht so richtig durch. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Das ist natürlich ein Problem für uns alle gewesen«, gab sie zu, »aber direkt bin ich darauf nicht angesprochen worden, Mr. Conolly. Wir haben das Thema auch vermieden, weil wir keine neue Unruhe bringen wollten. Es war schon schlimm genug, dass unsere Gäste davon erfahren haben, und da wollten wir die schlechte Stimmung nicht noch mehr einheizen.«
    »Das ist verständlich.«
    »Haben Sie eine Idee, was hinter den Taten stecken könnte?«, erkundigte ich mich.
    »Sie sind von der Polizei, wie?«
    »Ja.«
    Die Betreuerin schaute sich um, ob man uns auch nicht zuhörte oder beobachtete. Dann sagte sie mit leiser Stimme: »Natürlich ist davon gesprochen worden. Unsere Gäste sind ja blind und...«
    »Das ist Lorna nicht ganz.«
    Sie nickte mir zu. »Richtig, sie ist es nicht.« Jetzt senkte sie ihre Stimme noch mehr. »Ihnen kann ich es ja sagen. In einer stillen Stunde hat sie mir erklärt, dass sie diesen Nachtschwärmer in der Dunkelheit schon mal gesehen hat. Er flog durch die Luft, er war groß und hatte Flügel.«
    »Haben Sie ihr das geglaubt?«
    »Weiß nicht«, erwiderte sie. »Es haben ja viele von dem Nachtschwärmer gesprochen.«
    »Und?«
    »Nein, ich kann es nicht glauben. Der Verstand sagt nein. Obwohl...«, sie zögerte jetzt, »... obwohl es Dinge gibt, die mit dem normalen Verstand nicht zu lösen sind. Das habe ich mal irgendwo gelesen. Das Verschwinden der jungen Frauen ist schon ungewöhnlich, denke ich mir. Da kann man schon ins Grübeln kommen.«
    »Stimmt.«
    »Aber es war niemand aus unserem Heim. Ich meine, Ihre Kollegen haben auch uns gefragt, und wir konnten ihnen nichts sagen. Uns ist alles sehr fremd gewesen.«
    Bill hatte noch eine Frage. »Wo könnte Ihrer Meinung nach die verschwundene Lorna Higgins denn stecken, wenn nicht beim Arzt?«
    »Das weiß ich nicht.« Sie musste plötzlich schlucken. »Wobei ich das Schlimmste ja nicht annehmen möchte.« Sie schloss für einen Moment die Augen. »Nein, nein, nicht sie.«
    »Nun ja, wir werden Lorna schon finden.«
    »Tun Sie das.«
    Mehr wusste uns die Mitarbeiterin nicht zu sagen. Wir sahen ihr auch an, dass sie wegwollte, und ließen sie in ihren kleinen Fiat steigen. Sie startete sofort und fuhr weg.
    »Da läuft einiges nicht mehr zusammen, John. Wir sind auf der richtigen Spur, das sagt mir mein Gefühl, und wir müssen bleiben. Aber ich weiß nicht, welche Spur wir verfolgen müssen. Was hältst du von diesem

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