Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
an die Umgebung gewöhnt, und so hörten wir immer mehr dieser unterschiedlichen Laute und Töne. Das Zirpen von Grillen, das Quaken der Frösche, hier und da einen Vogelschrei, und wir sahen auch die Vögel, die so lässig und locker über das Gelände hinwegflogen, durch das wir uns quälen mussten.
    Es ging natürlich nicht geradeaus. Dieser Pfad war keine Straße. In Kurven führte er durch die Gefahr, die sich hin und wieder schon andeutete, wenn Bill einen Fluch ausstieß, weil er an einer Stelle zu tief eingesunken war. Längst waren auch unsere Hosenbeine in Mitleidenschaft gezogen worden. Durch die Mühen und die Konzentration waren wir ins Schwitzen geraten.
    Oft gluckerte es gefährlich nahe in unserer Umgebung. Wir nahmen die Geräusche als Warnsignale hin, denn sie klangen zumeist immer dort aus, wo der Boden wie ein etwas zu hoch gewachsener Rasen aussah und eine trügerische Sicherheit vermittelte.
    Bill blieb irgendwann stehen und wartete, bis ich ihn erreicht hatte. Er deutete nach vorn und stieß zunächst mal die Luft aus. »Es wird schwieriger, denke ich.«
    »Wenn du das sagst.«
    »Hör auf, John. Ich denke, wir sollten es bis zu dem krummen Baum dort versuchen.«
    »Gut. Und dann?«
    Bill ließ die Hand oben. »Wenn du an ihm vorbeischaust, siehst du eine recht glatte Fläche.«
    »Wasser, denke ich.«
    »Ja, und verdammt gefährlich.«
    »Dann lass uns nicht dorthin gehen. Ganz einfach.«
    Bill wusste mehr, das sah ich ihm an. »Im Prinzip hast du Recht, John. Aber wenn du genau hinschaust, dann kannst du dort in der Nähe des Baumes etwas liegen sehen.«
    Ich blickte nicht hin, sondern fragte: »Sag nur nicht, dass es ein Kahn oder Boot ist.«
    »Doch. Vielleicht ein Nachen. Aber irgendwas liegt da, und das will ich sehen.«
    Ich war vorsichtiger als Bill. »Hast du dich schon mal gefragt, warum jemand einen Nachen dort vertäut?«
    »Nein.«
    »Der könnte für uns gedacht sein. Gewissermaßen als Aufforderung, in eine Falle zu fahren.«
    »Nehmen wir sie an?«
    »Und ob.«
    Ich war es Leid. Ich wollte weiterkommen. Ich wollte etwas sehen und einen Anhaltspunkt haben.
    Das Moor schwieg, und die Lebewesen, die sich hier aufhielten, würden mit uns Menschen nicht kommunizieren können. Aber es gab welche, davon war ich überzeugt.
    Noch lag die Helligkeit über dem Gelände. Zwar nahm die Feuchtigkeit zu, so dass sich auch erste Dunstinseln hatten bilden können, aber unsere Sicht war weiterhin gut. Nur der Untergrund veränderte sich für uns zum Negativen hin. Er wurde nämlich weicher, und ein normales Gehen war nicht mehr möglich. Wir mussten sogar damit rechnen, vor dem Erreichen des Baumes in ein gefährliches, mit Schlamm gefülltes Loch zu treten, was glücklicherweise nicht eintraf, denn Bill setzte seinen Stock an und prüfte vor jedem Schritt den Boden.
    So kamen wir weiter und atmeten auf, als wir in der Nähe des Baumes standen, dessen krumme Krüppeläste mich von der Farbe her an Skelette erinnerten, abgesehen von einer manchmal grünen, öligen Schicht, die am toten Holz klebte.
    »Wir sind doch super«, lobte uns Bill.
    »Bis jetzt.«
    »Sei kein Pessimist.«
    »Und wo ist das Boot?«
    Wir standen auf recht festem Boden und konnten mühelos um den Baum herumgehen, und dann lag das Boot frei vor uns.
    Ja, es war ein Kahn. Oder auch ein Nachen. Ein jedenfalls ziemlich schwerfällig wirkendes Ding aus dickem Holz, in dem sogar noch eine Ruderstange lag.
    »Wie für uns geschaffen, John.«
    »Ja...«
    Meine Antwort hatte Bill vom Klang her nicht gefallen. »He, hast du Probleme?«
    Ich gab ihm keine Antwort, sondern spähte über das flache, aber sicherlich tückische Wasser hinweg, bis hin zu einem Stück Land, von dem ich nicht wusste, ob es eine Insel im Sumpf war oder ob dort schon das Ende des Moors lag.
    Ich sprach Bill darauf an, der mir auch keine konkrete Antwort geben konnte. »Das werden wir ja jetzt ausprobieren, wenn du eingestiegen bist.«
    »Geh du schon vor.«
    »Klar, das mache ich auch.«
    Er kletterte in den flachen Nachen, der schaukelte, dies aber nur mit trägen Bewegungen. Auf der grünen Oberfläche des Wassers entstanden einige Wellen, von denen aber keine in den Nachen hineinschwappten.
    Bill hatte sich die Stange genommen. Er stand dort wie der Fährmann, der bereit war, seine menschliche Fracht in die Unterwelt zu geleiten, um sie den Göttern zu opfern.
    Ich wollte einsteigen und hatte den rechten Fuß schon vorgesetzt, als plötzlich etwas geschah,

Weitere Kostenlose Bücher