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Der Nachtschwärmer

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Titel: Der Nachtschwärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ergebnis wie ich, aber das brachte uns auch nicht weiter, und so holte ich meine kleine Leuchte hervor, um jeden Zentimeter Haut in den Gesichtern abzuleuchten und natürlich auch an den Hälsen. Ich ging noch immer davon aus, irgendwelche Bissspuren zu entdecken.
    Im Schein der kleinen Leuchte sah ich jedoch nur blasse Haut und zog mich wieder zurück.
    »Tiefschlaf«, flüsterte Bill.
    »Wie lange denn?«
    »Bis zum Einbruch der Dunkelheit.«
    »So lange will ich aber nicht warten.«
    Er drehte seinen Kopf nach links, um mich anzusehen. »Was genau hast du vor?«
    »Sie erst mal hier herausholen.«
    »Und dann?«
    »Werde ich sie testen.«
    »Mit dem Kreuz?«
    »Klar.«
    »Okay, ich helfe dir.«
    Wir fassten gemeinsam mit an, und dabei fiel mir auf, dass die Haut der fast nackten jungen Frauen kaum Wärme enthielt. Sie war beinahe so kalt wie die von Toten.
    »Sieht wohl nicht gut aus«, flüsterte Bill. »Das könnten auch Marionetten sein. Du weißt schon, was ich meine.«
    »Sicher.«
    Wir schafften sie ins Freie. Dort wartete Lorna auf uns. Sie stand nicht mehr und saß jetzt auf dem Boden. Nur war ihr Gesicht nicht uns zugedreht. Sie schaute in eine ganz andere Richtung, als wären wir nicht mehr da.
    Vielleicht lag es auch an der Luft, die eine Veränderung erfahren hatte. Die Schwüle war geblieben, die Feuchtigkeit ebenfalls, und sie hatte noch zugenommen und war durch die feinen Dunstschleier sichtbar geworden.
    Unsere drei Frauen lagen auch jetzt wie hindrapiert nebeneinander. Nichts an ihnen bewegte sich. Bei einer öffnete ich den Mund so weit wie möglich und suchte nach Vampirzähnen. Es gab sie nicht. Nur die Haut am Körper zeigte an einigen Stellen Risse, die aber konnten durchaus von irgendwelchen Dornen oder Gräsern stammen, die hier überall auf der kleinen Insel wuchsen.
    »Das Kreuz, John?«
    Ich nickte und streifte mir die Kette über den Kopf. Es war ein Risiko, die drei Körper zu berühren. Wenn sie unter dem Einfluss einer schwarzen Magie standen, dann konnten sie durch die starke Gegenreaktion durchaus ihr Leben verlieren, aber das blieb abzuwarten.
    Das Kreuz lag auf meiner linken Hand. Die Kette hielt ich noch in der rechten, und ich wollte schon mit meinem Test beginnen, als ich durch den leisen Ruf abgelenkt wurde.
    »Mein Gott, ist das schön!«
    Lorna hatte den Satz gerufen.
    Erstaunt drehten wir uns ihr zu.
    Sie schaute nicht mich an, sondern hielt den Blick gesenkt und hatte nur Augen für das Kreuz.
    Aber ihre Augen waren schlecht. Sie war so gut wie blind, und so musste ich die Frage einfach stellen, um Gewissheit zu bekommen.
    »Sag mir, was du siehst, Lorna.«
    »Es... es ist ein wunderschönes und auch strahlendes Kreuz!«
    Bill und ich waren perplex.
    Dass es ein Kreuz war, was ich in der Hand hielt, okay, das nahmen wir bei ihrem restlichen Augenlicht noch hin. Dass sie von einem Strahlen gesprochen hatte, wunderte uns, denn das Kreuz lag in meiner Hand und strahlte nicht. Wie konnte sie dann davon sprechen? Oder sah sie mehr als wir?
    »Ja, Lorna, ich halte ein Kreuz in der Hand. Da hast du Recht. Nur glaube ich nicht, dass es strahlt.«
    »Doch«, flüsterte sie, »es strahlt. Es leuchtet. Es ist einfach so wunderbar.«
    Für uns war es schwer, darauf etwas zu erwidern, denn wir sahen das Kreuz nicht strahlen.
    Ich wollte es genauer wissen. »Und was siehst du im Einzelnen, Lorna?«
    »Die Strahlen sind an den Seiten.«
    »Gut. Überall?«
    »Ja.«
    »Bei den Buchstaben?«
    »Genau.«
    Ich freute mich innerlich, denn jetzt wusste ich, dass Lorna noch nicht beeinflusst worden war. »Weißt du, was das Strahlen bedeutet und wem die Buchstaben zuzuordnen sind?«
    »Nein.«
    »Den vier Erzengeln.«
    Auch auf Lorna’s Gesicht entstand ein Strahlen. »Das ist so wunderbar«, erklärte sie jubelnd, »das ist so einmalig. Ich habe immer an die Engel geglaubt. Ich habe jeden Abend zu meinem persönlichen Schutzengel gebetet. Ich habe mein Schicksal in seine Hände gelegt, und manchmal habe ich die Engel auch gesehen. Sie sind dann im Schlaf zu mir gekommen und haben meine Tränen getrocknet, denn ich habe viel geweint. Ich wusste, dass sie sich mal zeigen würden, und das ist jetzt passiert.«
    »Siehst du sie oder spürst du sie nur?«
    »Beides. Ich höre Stimmen. Sie sind so weich, und sie sind um mich herum. Sie werden mich vor dem Bösen beschützen, und auch vor dem Nachtschwärmer.«
    Ich hatte so meine Probleme, und Bill tippte mir auf die Schulter. »Sie ist eben etwas

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