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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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Platz hast, an dem du ungestört weinen kannst, wenn ich nicht bei dir bin.«
    Sie schließt die Augen und bleibt stumm.
    »Außerdem hast du mein Buch gestohlen«, sagt Marco nach einer Weile.
    »Tut mir leid«, sagt sie.
    »Solange es sich an einem sicheren Ort befindet, ist es egal, ob ich es aufbewahre oder du. Trotzdem hättest du fragen können. Und dich verabschieden.«
    Celia nickt. »Ich weiß.«
    Beide schweigen eine Weile.
    »Ich versuche, den Zirkus unabhängig zu machen«, sagt Celia. »Ich will ihn von dem Wettstreit loskoppeln. Von uns. Von mir. Ich musste mir deine Methoden aneignen, damit es richtig funktioniert. Ich kann nicht einen Ort einfach verschwinden lassen, der für so viele Leute wichtig ist. Der für sie Wunder, Trost und Geheimnis in einem ist, etwas, das sie nirgendwo sonst haben. Wenn du so etwas hättest, würdest du es nicht auch bewahren wollen?«
    »Ich habe das, wenn ich bei dir bin«, sagt Marco. »Ich möchte dir helfen.«
    »Ich brauche deine Hilfe nicht.«
    »Du schaffst das nicht allein.«
    »Ich habe Ethan Barris und Lainie Burgess«, sagt Celia. »Sie haben mir versprochen, sich um die groben Abläufe zu kümmern. Und mit etwas mehr Training dürften Poppet und Widget in der Lage sein, die Manipulationen zu übernehmen, die Ethan und Lainie nicht beherrschen. Ich … ich brauche dich nicht.«
    Celia kann ihm nicht in die Augen sehen.
    »Du vertraust mir nicht.«
    »Isobel hat dir vertraut«, sagt Celia und blickt zu Boden. »Genau wie Chandresh. Wie soll ich glauben, dass du zu mir ehrlich bist und zu ihnen nicht, wenn dir doch am meisten daran liegen müsste, mich zu täuschen?«
    »Ich habe Isobel nicht ein einziges Mal gesagt, dass ich sie liebe«, erwidert Marco. »Ich war jung und schrecklich einsam und hätte sie nicht in dem Glauben lassen dürfen, dass meine Gefühle für sie stärker sind, als sie es waren, aber was ich für sie empfand, ist nicht mit dem zu vergleichen, was ich für dich empfinde. Das ist keine Taktik, um dich zu täuschen. Hältst du mich etwa für so gemein?«
    Celia erhebt sich von ihrem Stuhl.
    »Gute Nacht, Mr Alisdair.«
    »Celia, warte«, sagt Marco und steht ebenfalls auf, ohne sich ihr zu nähern. »Du brichst mir das Herz. Du hast mir einmal gesagt, dass ich dich an deinen Vater erinnere. Dass du nie so leiden wolltest, wie deine Mutter seinetwegen gelitten hat, aber genau das tust du jetzt mir an. Immer wieder gehst du von mir weg. Ich verzehre mich nach dir, und du gehst fort, immer und immer wieder, dabei würde ich alles dafür geben, damit du bleibst, und das bringt mich um.«
    »Einen von uns muss es umbringen«, sagt Celia leise.
    »Was?«
    »Wer überlebt, ist der Sieger«, sagt sie. »Der Gewinner lebt, der Verlierer stirbt. So endet das Spiel.«
    »Das –« Marco hält inne und schüttelt den Kopf. »Das kann nicht der Zweck des Ganzen sein.«
    »Doch«, sagt Celia. »Es ist ein Durchhaltetest, es geht nicht um Fähigkeiten oder Talent. Ich möchte den Zirkus auf eigene Füße stellen, bevor …« Sie kann es nicht aussprechen, kann ihm immer noch nicht in die Augen sehen.
    »Du tust also, was dein Vater getan hat«, sagt Marco. »Du entfernst dich selbst vom Brett.«
    »Nicht ganz«, entgegnet Celia. »Ich glaube, ich war immer eher die Tochter meiner Mutter.«
    »Nein«, sagt Marco. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Anders ist das Spiel nicht zu stoppen.«
    »Dann spielen wir eben weiter.«
    »Ich kann nicht«, sagt Celia. »Ich halte das nicht mehr aus. Jeden Abend wird es schwerer. Und ich … ich muss dich gewinnen lassen.«
    »Ich will nicht gewinnen «, sagt Marco. »Ich will dich . Im Ernst, Celia, verstehst du das denn nicht?«
    Celia sagt nichts, aber ihr laufen Tränen über die Wangen.
    »Wie kannst du nur denken, dass ich dich nicht liebe?«, fragt Marco. »Celia, du bedeutest mir alles. Ich weiß nicht, wer dich vom Gegenteil überzeugen will, aber du musst mir glauben, bitte.«
    Mit nassen Augen sieht Celia ihn fest an, so wie damals, als sie zum ersten Mal seinem Blick standhielt.
    »In dem Augenblick wusste ich, dass ich dich liebe«, sagt Marco.
    Sie stehen einander gegenüber auf einem Sims in einem kleinen, runden Raum; er ist dunkelblau gestrichen und mit Sternen übersät, der Boden ganz mit edelsteinfarbenen Kissen bedeckt. Über ihnen hängt ein schimmernder Lüster.
    »Ich war von Anfang an von dir bezaubert«, sagt Marco, »doch in dem Moment wusste ich es genau.«
    Der Raum um sie herum

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