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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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jemand, der eine scheußliche Polyesteruniform trägt und in der Mitte eines Flugzeugs steht, so unsichtbar sein kann. Nach nur zehn Minuten am Notausgang hatte man mir schon zweimal auf den Fuß getreten und einen widerspenstigen Kleidersack ins Schienbein gerammt. Als wäre das noch nicht genug, hätte mich um ein Haar ein Aluminiumtrolley geköpft, den ein Grobian von Passagier mit Schwung in die Gepäckablage donnern wollte.
    Ich drehte mich um und erregte mit einer dezenten Handbewegung Clays Aufmerksamkeit. Dann gab ich ihm unser vereinbartes Signal – eine Kombination aus Augenverdrehen und Kopfschütteln –, was bedeutete, dass es höchste Zeit war, die Plätze zu tauschen.
    In der Bordküche schenkte ich mir erst einmal einen Kaffee ein, lehnte mich gegen den Schrank mit den Getränketrolleys und tat, als behielte ich die Kabine im Auge, während ich in Wirklichkeit die aktuelle Ausgabe von People durchblätterte, die jemand freundlicherweise zurückgelassen hatte. Auf der Titelseite war ein Bild von Angelina Jolie, und ich konnte es kaum abwarten, den Artikel über sie zu lesen.
    »Könnte ich eine Flasche Wasser bekommen?«
    Ich blickte auf und sah eine der Vorgesetzten oder vielmehr AMs. Sie trug ein beigefarbenes Kostüm mit gigantischen Schulterpolstern, bronzefarbene Nylonstrümpfe, cremefarbene Pumps mit breiten Absätzen und einen gekräuselten Pony, der wie ein Stirnbaldachin auf und ab wippte. Ihre dunkel umrandeten Lippen formten eine dünne, verbissene Linie, und ihre Augen klebten förmlich an meiner Zeitschrift.
    »Selbstverständlich«, sagte ich. Dabei lächelte ich mir das Herz aus der Brust, während ich die Zeitschrift zur Seite schob, als hätte ich nicht im Traum daran gedacht, sie zu lesen.
    »Meinen Sie, ich könnte gleich zwölf Flaschen mitnehmen? Wir sind alle wahnsinnig durstig, müssen Sie wissen«, informierte sie mich, Angelina noch immer fest im Visier.
    Mit meinem Vorzeigelächeln öffnete ich einen Getränketrolley. Die Tatsache, dass uns nur zwanzig Flaschen für hundertachtunddreißig Passagiere zur Verfügung standen, störte die Lady offenbar herzlich wenig. Warum auch? Schließlich gab es da draußen zwölf dehydrierte AMs, denen ich zu absolutem Gehorsam verpflichtet war. Ganz zu schweigen davon, dass sie mich beinahe bei einer Kardinalssünde erwischt hätte. Das Lesen von Zeitschriften während des Fluges – vor allem aber während Boarding, Start oder Landung – war selbstverständlich strengstens untersagt. Im Zeitalter der Fotohandys soll es bereits vorgekommen sein, dass jemand unauffällig Beweisfotos von uns gemacht und sie ins Büro des entsprechenden Vorgesetzten – ich meine natürlich AMs – geschickt hat, der dann den oder die Schuldige zu sich zitiert und abgemahnt hat.
    Der Schmu mit der Namensänderung würde mich nicht hinters Licht führen. Es war hinlänglich bekannt, dass die Riege der Vorgesetzten aus ehemaligen Flugbegleitern bestand, die den täglichen Herausforderungen an Bord nicht mehr gewachsen waren, die ein Problem damit hatten, dass sie nie wussten, mit welchen Kollegen man eingeteilt war und mit welchen Passagieren man es zu tun haben würde. Diesen Menschen fehlte es an Flexibilität. Sie sehnten sich nach festen Strukturen, Regeln und Monotonie. Leider waren sie überzeugt davon, dass es auch für uns das Beste wäre. Natürlich gab es hin und wieder soziale Irrläufer mit revolutionären Träumen, die das System gerechter und menschlicher machen wollten. Aber diese Taschen-Che-Guevaras streckten spätestens nach einem halben Jahr die Waffen, weil ihr Idealismus in Scherben lag und sie an der Tyrannei in den Atlas-Büros zerbrochen waren.
    Egal welchen Namen diese Vorgesetzten trugen, sie waren in meinen Augen alle gleich. Ein ganz eigener Schlag Menschen, mit denen ich niemals befreundet sein wollte.
    Ich ließ die Flaschen in einer blauen Mülltüte mit Atlas-Aufdruck verschwinden, damit die Lady a) die Flaschen tragen konnte und b) die anderen Passagiere nicht den Aufstand probten. Sobald sich nämlich jemand auf den Weg zu uns in die Bordküche machte, um nach etwas zu fragen, das den anderen bislang vorenthalten geblieben war, betätigten sofort alle ihre Rufknöpfe, und ein regelrechter Ansturm auf die Bordküche entfachte.
    »Bitte schön«, sagte ich, noch immer lächelnd, obwohl mein Gesicht bereits schmerzte. Ich hoffte, dass die Sache mit der Zeitschrift damit vergessen wäre und ich ohne Abmahnung in La Guardia

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