Der Name Der Dunkelheit
Plötzlich stieß ein Gepäckwagen gegen seine Knie. Er wich zurück. Die Frau, die den Wagen lenkte, lächelte.
»Hej! Ich bin’s. Theresa!«
Karl Gregersiö nickte knapp. Er würde eine Herausforderung für sie werden, das erkannte Theresa sofort. In seinem Gesicht regte sich nichts. Bei seinem Einheitsgesicht mit meliertem Haarkranz und dem blauen Anzug hatte sie Schwierigkeiten gehabt, ihn in der Menge zu entdecken, und beim Kontaktaufnehmen mit dem Gepäckwagen bereits zwei Fehltreffer hinter sich.
Sie war ihm erst einige Male begegnet und hatte nie ein Wort mit ihm gewechselt. Sie wusste nur, dass ihn alle im Haus Carlito nannten. Da er sie um zwei Köpfe überragte, konnte sich der Spitzname nur auf seine Aura beziehen.
»Bist du sauer, weil du nicht mit deiner Familie ins neue Jahr feiern kannst?«
»Da kommt mein Koffer, glaube ich.« Carlito schlängelte sich zwischen den Wartenden hindurch. Tatsächlich schien der Koffer, der allen anderen glich, seiner zu sein. Theresa manövrierte den Wagen hinterher.
»Am besten folgst du mir einfach. Mein Wagen steht auf dem Zollparkplatz. Da haben wir es nicht weit.«
Carlito nickte. Beim Anschieben schielte Theresa nach rechts und sah die beiden Säpo-Agenten hinter dem Ausgang mit ihrem handgemalten Namensschild zwischen den Taxifahrern
und Abholern warten. Eins zu null für Theresa Julander, zwei zu null, wenn man ihre ausgiebige Vorbereitung bedachte. Sie lächelte vor sich hin, bis sie das Auto erreichten.
Die Fahrt verlief schweigend. Auf halber Strecke begann Theresa einfach ihren Rapport, den Carl Gregersiö schweigend entgegennahm. Wahrscheinlich feierte seine in Thailand zurückgebliebene Familie seine vorzeitige Abreise gerade mit Mai Tais, dachte sie.
Als sie eine Stunde später die Polizeigarage erreichten, war Carlitos Gesicht zwar so ausdruckslos wie zuvor, doch immerhin nickte er inzwischen fast doppelt so häufig wie zu Beginn.
»Hast du einen Schlüssel für Kullgrens Büro?«, fragte sie deshalb.
85
Die Parklücke war so klein, dass der Wagen mit dem Heck in die Garageneinfahrt ragte. Kjell überlegte, ob er zur Sicherheit das Blaulicht auf das Dach montieren sollte. Das hing davon ab, ob die drei Jungen, die zehn Meter weiter die ersten Raketen zum Himmel steigen ließen, davon abgeschreckt oder angelockt würden.
Alle Fenster der Långholmsgatan 7 leuchteten, auch die von Elin Gustafssons Wohnung. Die Tür war angelehnt. Per saß mit mildem Gesicht und gefalteten Händen am Tisch.
»Wo war es?«, fragte Kjell.
Per hob das Telefon, den einzigen Gegenstand auf dem Tisch, hoch und legte es wieder ab.
»Das Telefon? Habt ihr das neulich nicht mitgenommen?«
»Haben wir«, antwortete Per seelenruhig. »Ich kann natürlich
nicht bei jedem Tatort davon ausgehen, dass die Wohnung von einem Geheimdienst verwanzt wurde.«
Kjell wollte etwas Ungehaltenes erwidern, besann sich jedoch. Er hatte ja selbst erst vor einigen Stunden erkannt, dass die Säpo bei diesem Fall eine andere Rolle spielte, als er vermutet hatte. Er verstand plötzlich, warum Kullgren sich als Leiter der Gegengruppe angeboten hatte.
Kjell nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz und wog das Telefon in den Händen. Es funktionierte drahtlos und bestand nur aus dem Hörer. »Hast du den Sender ausgebaut?«
»Das ist das Perfide daran. Das Telefon selbst ist der Sender.« Per wusste natürlich nicht, ob jemand die Wohnung betreten und bloß die Platine oder das ganze Telefon ausgetauscht hatte. »Das Modell bekommst du an jeder Ecke für tausend Kronen.« Das erklärte, warum die Techniker bei ihrem ersten Besuch nichts gefunden hatten. »Wir haben die Strahlung gemessen, aber das Telefon strahlt ja nicht. Es funktioniert nur beim Telefonieren.«
»Die Wohnung kann man damit nicht abhören?«
»Nein.«
»Weißt du, was das bedeutet?«
Per nickte. »Ein anderer steckt dahinter. Das ist nicht der Stil der Säpo. Um das Telefon abzuhören, müssen die nicht aus dem Haus gehen. Sie könnten sich bei der Telefongesellschaft eine Umleitung legen lassen, ohne dass es jemand nachweisen kann.«
»Und wenn es ein Manöver ist?«
»Das Telefon lag tagelang bei mir im Labor und war in der Inventarliste verzeichnet.«
»Die hätten es sich geholt?«
»Das ist sicher.«
»Und sonst?«
»Nichts. Weder bei ihren Eltern noch im Telia-Laden.«
Auch bei Judit Juholt und Filipa Lindenbaum hatte Per nichts gefunden. Also musste Elin eine besondere Bedeutung zukommen.
»Elins
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