Der Name Der Dunkelheit
konnte. »Also sucht man sich einen jungen Mann, der gerade aus New York kommt, aber au ßer Geschmack, Geschick und einer Vision nichts besitzt. Man gründet eine Kapitalgesellschaft in Stockholm, die der Kapitalgesellschaft in Luxemburg gehört. Er wird Geschäftsführer und prozentual am Umsatz beteiligt. Von diesen Einnahmen erwirbt er über die Jahre ein Drittel der Stockholmer Firma, die die Lokale betreibt. Beide Gesellschaften und der Geldfluss zwischen ihnen sind völlig legal. Zurück zum Anfang: Mit dem legalen Grundkapital erwirbt Karlström ein altes Hotel, renoviert es mit hohen Kosten und macht es in einem halben Jahr zu Stockholms beliebtestem Nachtlokal. Hohe Einnahmen, hohe Ausgaben. Tadelloses Steuerverhalten. Zwei Jahre später macht er zu und beginnt mit einem neuen Lokal in noch größeren Dimensionen. Noch höhere Einnahmen, und noch höhere Ausgaben. Sobald der durch die Anfangskosten verursachte Verlustvortrag aufgebraucht ist, macht er den Laden wieder zu. Das Banana nimmt das gesamte Haus am Stureplan
ein. Kannst du dir vorstellen, was das kostet? Zwar war jedes Lokal immer ein großer Erfolg, aber auf die echten Gäste kommt es gar nicht an.«
Sofi ahnte etwas. »Ich habe mich gewundert, warum er nur so wenige Gäste hereinlässt. Damit fördere man das Image des Ladens, hat er mir erklärt.«
»Ja, es mehrt seinen Ruhm. Aber zudem muss er seinen Gewinn unter Kontrolle halten, denn jeden Abend schmiert sich eine Horde von Jugoslawen Gel in die Haare und spaziert in seinen Club, um dort die Tageseinnahmen aus dem Drogenhandel zu vertrinken. Und ein Jahr später haben sie das Geld versteuert auf einem Konto in Luxemburg. Nach meiner Kalkulation waschen sie Schwarzgeld mit einem Wirkungsgrad von 80 Prozent. Das ist sehr viel.«
»Karlströms Aufstieg war also von vornherein geplant?«
»Niemand gibt einem Anfänger dreißig Millionen als Startkapital, wenn sein Erfolg als Gastronom nicht ohne Bedeutung wäre. Die wussten, dass der Umsatz stimmen würde. Sie waren ja selbst die Gäste.«
»Wer steckt dahinter?«
»Wir haben nur Pseudonyme. Und einen Verdacht, weil wir sicher sind, dass das Geld aus Drogenverkäufen stammt. Die Vereinigung der Stureplan-Wirte hat ja ein gemeinsames Antidrogenkonzept, das die Dealer herzlich wenig interessiert. Nur im Banana und seinen Vorgängern gibt es keine Drogen. Damit wollte Karlström wohl seine Rechtschaffenheit demonstrieren und sich Ermittlungen vom Hals halten. War aber ein Fehler.«
»Weil nur das Verbot des Oberkolumbianers das bewirken könnte, aber nicht das eines Wirts?«
»Ganz recht. Und der hätte es nicht verboten, wenn er im Banana nicht andere Ziele verfolgte. So raffiniert sie sind, sie machen immer läppische Fehler.« Und weil ihre Drogeneinnahmen
hier aus Schweden stammten, musste auch die Geldwäsche hier durchgezogen werden. So lautete Ragnars Vermutung. »Sonst würde sich das bei unseren Steuersätzen nicht lohnen. Da unsere Regierung als einzige in Europa und Amerika keine gestohlenen Bankdaten kauft, wissen wir nicht, wie viele Strohmänner es gibt, aber Karlström ist sicher nicht der einzige Gastronom, der für sie arbeitet.«
»Und was machen wir jetzt in meinem Fall?«
»Ich habe die Leute von der Bezirkspolizei ausgewählt, weil sie eine geschlossene Abteilung bilden und die üblichen Verdächtigen kennen. Das Video wird auf keinen Fall nach außen gelangen.«
»Du willst es nicht verschwinden lassen?«
»Das kann ich nicht tun. Wenn es eine Falle war, kann das meinen Prozess gefährden.«
»Du hast bloß den Namen Janne und deine Kalkulation. Du stehst ganz am Anfang. Ich bin längst in Pension, wenn du deinen Prozess hast.«
»Versprich mir eines: Du handelst nicht, und du sagst nichts. Zu keinem Menschen. Diese Ermittlung ist nach Palme die größte in der Geschichte der schwedischen Polizei.«
38
Nach Theresa war Tholander an der Reihe. Er legte sich eine von seinen dänischen Lakritzpastillen unter die Zunge, bevor er begann. Kullgren überlegte, wie viele davon Tholander in seinem Leben wohl gelutscht hatte. Der alte Jakobsson aus der Registratur schwor, dass Tholander jeden Augenblick in den vergangenen drei Jahrzehnten mit Lakritzgeschmack erlebt hatte.
Am Morgen hatte Kullgren ihm die Personalakten der vier
Mitglieder der Reichsmord in die Hand gedrückt. Nun lag nur noch eine Akte vor ihm, gemäß dem Workflow jedes Geheimdienstes: So schnell wie möglich allen Ballast abwerfen und die schwache
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