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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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…«
    »Aber, ehrwürdiger Vater«, wandte ich zaghaft ein, »sein Nachfolger ist Johannes!«
    Ubertin stutzte und wischte sich mit der Hand über die Stirn, als wollte er einen lästigen Traum verscheuchen. Er atmete schwer und schien müde. »Mag sein. Die Berechnungen waren falsch. Wir warten noch immer auf den Papa Angelicus … Doch unterdessen sind immerhin Franziskus und Domenikus gekommen.« Er hob die Augen zum Himmel und sprach wie im Gebet (doch ich war sicher, daß er eine Stelle aus seinem großen Buch über den Baum des Lebens rezitierte): » Quorum primus seraphico calculo purgatus et ardore celico inflammatus, totum incendere videbatur. Secundus vero verbo predicationis fecundus super mundi tenebras darius radiavit 18 … Jawohl, wenn dies die Verheißungen sind, wird der Papa Angelicus sicher kommen.«
    »So sei es, Ubertin«, sagte William. »Einstweilen aber bin ich gekommen, um zu verhindern, daß der menschliche Kaiser vertrieben wird. Von deinem Papa Angelicus sprach auch Fra Dolcino …«
    »Nie wieder darfst du den Namen dieser Schlange aussprechen!« fuhr Ubertin auf, und zum ersten Mal sah ich ihn, der bisher so gefaßt wirkte, wutverzerrt. »Er hat die Worte Joachims von Fiore besudelt, er hat sie zur Quelle von Tod und Verderben gemacht! Er war der Abgesandte des Antichrist, wenn je es einen gab! Daß du so reden kannst, William, liegt nur daran, daß du in Wahrheit nicht an das Kommen des Antichrist glaubst, deine Lehrer in Oxford haben dich stets nur gelehrt, die Vernunft zu verehren, und dabei sind die prophetischen Kräfte deines Herzens verdorrt!«
    »Du irrst, Ubertin«, sagte William sehr ernst. »Du weißt, daß ich am meisten unter meinen Lehrern den großen Roger Bacon verehre …«
    »… der sich eitlen Träumen über Flugmaschinen hingab«, spottete Ubertin.
    »… der klar und deutlich über den Antichrist sprach, der die Vorzeichen seiner Ankunft in der Verderbnis der Welt erblickte und in der Schwächung der Weisheit. Allerdings lehrte er, daß es nur eine Art und Weise gibt, sich auf seine Ankunft vorzubereiten: die Geheimnisse der Natur zu studieren und das Wissen zu nutzen, um die menschliche Gattung zu verbessern. Auf den Kampf gegen den Antichrist kann man sich vorbereiten, indem man die heilenden Kräfte der Kräuter studiert und die Natur der Steine – und sogar, indem man jene Flugmaschinen entwirft, über die du spottest.«
    »Der Antichrist deines Roger Bacon war nur ein Vorwand, um dem Stolz der kalten Vernunft zu frönen.«
    »Ein heiliger Vorwand.«
    »Kein Vorwand ist heilig! Mein lieber William, du weißt, daß ich dich liebe. Du weißt, daß ich dir vertraue. Züchtige deine Intelligenz, lerne zu weinen über die Wunden des Herrn, wirf deine Bücher weg!«
    »Ich werde nur eins behalten: das deine«, versetzte William lächelnd. Auch Ubertin lächelte und sagte, einen Finger drohend erhoben: »Narr von einem Engländer! Aber spotte nicht zu sehr über deinesgleichen. Im Gegenteil, wen du nicht lieben kannst, den fürchte! Und hüte dich vor der Abtei. Dieser Ort gefällt mir nicht.«
    »Ich möchte ihn besser kennenlernen«, sagte William zum Abschied. »Gehen wir, Adson.«
    »Du bist unverbesserlich. Ich sage dir, daß mir der Ort nicht gefällt, und du erwiderst, du möchtest ihn besser kennenlernen! Ah!« sagte Ubertin kopfschüttelnd.
    »Übrigens«, fragte William zum Abschluß, schon im Gehen, »wer ist jener Mönch, der das Aussehen einer Bestie hat und die Sprache Babels spricht?«
    Ubertin, der schon wieder auf den Knien war, blickte noch einmal auf. »Salvatore? Ich glaube, den hat die Abtei mir zu verdanken … den und den Cellerar. Als ich damals die franziskanische Kutte ablegte, ging ich für einige Zeit zurück in mein altes Konvent von Casale, und dort fand ich eine Reihe verängstigter Brüder, denen man vorwarf, sie seien Spiritualen meiner ›Sekte‹, wie man sich auszudrücken beliebte. Ich setzte mich für sie ein und erreichte, daß sie meinem Beispiel folgen und den Orden verlassen durften. Zwei von ihnen, Salvatore und Remigius, fand ich dann hier, als ich vor einem Jahr in diese Abtei kam. Salvatore … ja, er sieht wirklich wie eine Bestie aus. Aber er ist sehr dienstbeflissen.«
    William zögerte einen Augenblick. »Ich hörte ihn penitenziagite sagen.«
    Ubertin schwieg. Dann bewegte er eine Hand, wie um einen bösen Gedanken zu verscheuchen, und sagte schließlich: »Nein, nein, ich kann es nicht glauben. Du weißt doch, wie

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