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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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an, der mir verriet, dass er ahnte, wie es wirklich gewesen war. »Komm her«, sagte er und wies auf eins der immer noch brennenden Kohlenbecken. »Ein bisschen Wärme kann dir nicht schaden.«
    Ich widersprach nicht. Als ich die Hände über das Feuer hielt, merkte ich mit einem Mal, wie erschöpft ich war. Vor Schlafmangel brannten mir die Augen. Mein ganzer Körper fühlte sich so schwer an, als hätte ich Knochen aus Blei.
    Mit einem Seufzer zog ich die Hände weg und schlug die Augen wieder auf. Elxa Dal betrachtete mein Gesicht. »Ich muss jetzt los«, sagte ich mit einem gewissen Bedauern. »Danke, dass ich Euer Feuer nutzen durfte.«
    »Wir sind beide Sympathetiker«, sagte Dal und winkte mir freundlich nach, als ich meine Sachen schnappte und zum Ausgang ging. »Gern jederzeit wieder.«

    An diesem Abend öffnete mir Wilem auf mein Klopfen hin die Tür zu seinem Zimmer in Mews. »Unglaublich«, sagte er. »Zweimal an einem Tag. Womit habe ich diese Ehre verdient?«
    »Das weißt du ganz genau«, grummelte ich und schob mich an ihm vorbei in den kleinen zellenartigen Raum. Ich stellte meinen Lautenkasten an eine Wand und setzte mich auf einen Stuhl. »Kilvin hat mir Arbeitsverbot in seiner Werkstatt erteilt.«
    Wilem ließ sich auf seiner Bettkante nieder. »Warum das?«
    Ich sah ihn an. »Vermutlich, weil ihr beide ihm das eingeredet habt.«
    Er sah mich an, zuckte dann die Achseln. »Du hast es schneller durchschaut, als wir erwartet haben.« Er rieb sich das Gesicht. »Aber sonderlich sauer scheinst du ja nicht zu sein.«
    Ich war fuchsteufelswild gewesen. Eben als sich mein Geschick zu wenden schien, verlor ich durch die gut gemeinte Intervention meiner Freunde meine einzige bezahlte Arbeitsstelle. Doch statt hinüber zu stürmen und sie zur Rede zu stellen, war ich aufs Dach des Hauptgebäudes gestiegen und hatte ein wenig auf meiner Laute gespielt, um wieder einen kühlen Kopf zu bekommen.
    Wie stets besänftigte mich meine Musik. Und während ich so spielte, dachte ich über alles Mögliche nach. Meine Lehre bei Manet lief gut, aber es gab da einfach zu viel zu lernen: Wie man die Brenn- und Trockenöfen richtig anfeuerte, wie man Draht von der genau richtigen Beschaffenheit zog, welche Legierungen in welchen Verhältnissen welche Wirkungen zeitigten. Ich konnte nicht hoffen, mir das alles im Handumdrehen anzueignen, so wie es mir bei den Runen gelungen war. Und ich verdiente in Kilvins Werkstatt nicht genug, um bis zum Ende des Monats meine Schulden bei Devi begleichen zu können – von den Studiengebühren ganz zu schweigen.
    »Ich wäre wahrscheinlich sauer. Aber Kilvin hat mich in einen Spiegel gucken lassen«, sagte ich und sah ihn mit einem müden Lächeln an. »Ich sehe ja wirklich schlimm aus.«
    »Schlimm ist noch geprahlt«, erwiderte Wilem sachlich und schwieg dann einen Moment beklommen. »Ich bin froh, dass du uns nicht böse bist.«
    Es klopfte, und Simmon kam herein. Als er mich dort sitzen sah, guckte er erst erstaunt, dann schuldbewusst. »Musst du jetzt nicht, äh, im Handwerkszentrum sein?«, fragte er nicht sonderlich überzeugend.
    Ich lachte, und Simmons Erleichterung war förmlich mit Händen zu greifen. Wilem räumte einen Stapel Papiere von einem anderen Stuhl, und Simmon ließ sich darauf nieder.
    »Es sei euch verziehen«, sagte ich großmütig. »Aber nur, wenn ihr mir erzählt, was ihr über das Eolian wisst.«

Kapitel 53
    Langsame Kreise

    D as Eolian ist der Ort, an dem unsere lange herbeigesehnte Akteurin ihres Auftritts harrt. Ich habe nicht aus dem Auge verloren, dass sie es ist, auf die ich mich zubewege. Wenn ich das Thema langsam zu umkreisen scheine, so ist das nur angemessen, denn sie und ich, wir haben uns stets in langsamen Kreisen aufeinander zu bewegt.
    Glücklicherweise waren sowohl Wilem als auch Simmon schon im Eolian gewesen. Gemeinsam erzählten sie mir das wenige, das ich noch nicht wusste.
    In Imre gab es viele Orte, an denen man Musik hören konnte. Ja, in fast jeder Schenke, jedem Wirtshaus und jeder Pension spielten irgendwelche Musiker im Hintergrund. Doch das Eolian war anders. Dort traten die besten Musiker der Stadt auf. Wer gute Musik von schlechter unterscheiden konnte, wusste, dass im Eolian die beste gespielt wurde.
    Der Eintritt kostete einen Kupfer-Jot. Wenn man erst mal drin war, konnte man bleiben, so lange man wollte, und sich so viel Musik anhören, wie einem gefiel.
    Doch wenn ein Musiker im Eolian Eintritt zahlte, gab ihm das noch

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