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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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hätte.
    Und wo sie auch stand, sie war der Mittelpunkt des Raums.« Kvothe runzelte die Stirn. »Bitte nicht missverstehen. Sie war weder laut noch eitel. Wir schauen in ein Feuer, weil es flackert, weil es leuchtet. Das Licht ist es, was uns ins Auge fällt, aber diese Helligkeit hat nichts damit zu tun, dass man sich einem Feuer nähert. Am Feuer zieht einen die Wärme an, die man spürt, wenn man näher kommt. Und genau so war es mit Denna.«
    Während er sprach, verzog Kvothe das Gesicht, als würde jedes einzelne Wort an ihm nagen. Und obwohl seine Worte ganz klar waren, entsprachen sie doch auch seinem Gesichtsausdruck, so alswäre jedes einzelne von ihnen mit einer groben Feile bearbeitet, bevor es ihm über die Lippen kam.
    »Sie …« Kvothe hatte den Kopf so tief gebeugt, dass er zu seinen in seinem Schoß liegenden Händen zu sprechen schien. »Was mache ich hier?«, fragte er leise und undeutlich, so als hätte er den Mund voller Asche. »Was soll denn dabei herauskommen? Wie soll ich euch denn irgendetwas über sie erklären, wo ich sie doch selber nie auch nur im Mindesten verstanden habe?«
    Der Chronist hatte das meiste davon schon niedergeschrieben, bevor ihm klar wurde, dass Kvothe das wahrscheinlich nicht beabsichtigt hatte. Er erstarrte für einen Moment und schrieb dann den Satz zu Ende. Dann wartete er eine ganze Weile, ehe er verstohlen zu Kvothe hochblickte.
    Kvothes Augen bannten seinen Blick. Es waren die gleichen dunklen Augen, die der Chronist bereits gesehen hatte. Augen wie die eines zornigen Gottes. Um ein Haar wäre der Chronist vom Tisch zurückgewichen. Es herrschte eisiges Schweigen.
    Kvothe erhob sich und zeigte auf das Papier, das vor dem Chronisten lag. »Streicht das«, knurrte er durch die Zähne.
    Der Chronist erbleichte. Als er sich nicht regte, griff Kvothe über den Tisch und zog das halb beschriebene Blatt unter der Feder des Chronisten hervor. »Wenn Ihr nicht geneigt seid, das zu streichen …«, sagte Kvothe und zerriss das Blatt. Dann nahm er ein leeres Blatt und legte es dem verblüfften Chronisten hin. Sein langer Zeigefinger hieb auf das zerrissene Blatt und verschmierte die noch frische Tinte. »Bis hierher abschreiben«, sagte Kvothe in einem Ton, der so kalt wie Eisen war. Eisen lag auch in seinem Blick – dunkel und hart.
    Es gab keinen Widerspruch. Der Chronist kopierte den Text in aller Stille bis zu der Stelle, an der Kvothes Zeigefinger das zerrissene Blatt auf den Tisch presste.
    Anschließend sprach Kvothe wieder klar und kühl. »Auf welche Art war sie schön? Mir wird bewusst, dass ich gar nicht genug sagen kann. Und da ich nicht genug sagen kann, sage ich zumindest nicht zu viel.
    Sagen wir Folgendes: Sie hatte dunkles Haar. So. Es war lang und glatt. Sie hatte dunkle Augen und einen feinen Teint. So. Ihr Gesichtwar oval, ihr Kiefer kräftig, aber auch zart. Sie war selbstsicher und anmutig. So.«
    Kvothe holte Luft, bevor er fortfuhr. »Und sagen wir schließlich, dass sie schön war. Sie war schön, durch und durch schön, bei allen Mängeln. Sie war schön – zumindest für Kvothe. Zumindest? Für Kvothe war sie wunderschön.« Kvothe war so angespannt, als würde er gleich aufspringen und dem Chronisten auch dieses Blatt entreißen.
    Dann löste er sich wieder, wie ein Segel bei abflauendem Wind. »Aber um der Ehrlichkeit willen muss gesagt sein, dass sie auch für andere schön war …«

Kapitel 58
    Namen für den Anfang

    E s wäre schön, könnte man sagen, dass sich unsere Blicke begegneten und ich mich sofort zu ihr gesellt hätte. Es wäre schön, könnte man sagen, dass ich lächelte und wie ein Märchenprinz in wohlgesetzten Worten von angenehmen Dingen gesprochen hätte.
    Doch leider läuft es im Leben nur selten so glatt. In Wirklichkeit stand ich einfach nur wie angewurzelt da. Es war Denna, die junge Frau, die ich vor so langer Zeit bei Roents Karawane kennengelernt hatte.
    Wo ich jetzt daran denke, war seitdem ja nur ein halbes Jahr vergangen. Das ist nicht lange, wenn man einer Geschichte lauscht, aber viel Zeit, wenn man es gerade durchlebt, zumal, wenn man noch jung ist. Und wir waren beide noch sehr jung.
    Ich erblickte sie, als sie eben die letzte Stufe der Treppe zum zweiten Rang erklomm. Sie hatte den Blick gesenkt und wirkte nachdenklich, fast traurig. Sie drehte sich um und ging in meine Richtung, ohne den Blick zu heben und ohne mich zu sehen.
    Die Monate hatten sie verändert. War sie zuvor hübsch gewesen, so war

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