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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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während ich mich zwischen den Tischen hindurch schlängelte und nach meiner Aloine Ausschau hielt, flüsterte meine klügere innere Stimme: Mach dir keine Hoffnungen. Du erntest weiter nichts als Enttäuschungen. Sie wird nicht so schön sein, wie du sie dir vorstellst, und dann wirst du verzweifeln .
    Als ich auch den ersten Rang abgesucht hatte, meldete sich eine neue Furcht. Womöglich war sie gegangen, als ich am Tresen saß und Metheglin und Lob aufsog. Ich hätte unverzüglich zu ihr gehen, vor ihr auf die Knie fallen und ihr von ganzem Herzen danken sollen. Was, wenn sie fort war? Was, wenn niemand wusste, wer sie war oder wohin sie gegangen war? Große Nervosität packte mich, als ich die Treppe zum zweiten Rang erklomm.
    Jetzt schau dir an, wohin dich deine Hoffnungen gebracht haben , flüsterte die Stimme. Sie ist fort, und dir bleibt einzig und allein ein Trugbild, mit dem du dich nun peinigen kannst .
    Der zweite Rang war recht schmal, kaum mehr als ein Saum an drei Seiten des Saals entlang, hoch über der Bühne. Hier standen die Tische und Bänke weiter auseinander, und es war längst nicht so viel los. Größtenteils saßen hier Pärchen, und ich kam mir wie ein Störenfried vor, als ich von Tisch zu Tisch ging.
    Betont beiläufig musterte ich die Gesichter derer, die hier saßen, sich unterhielten und tranken. Je näher ich dem letzten Tisch kam, desto nervöser wurde ich. Diesen konnte ich nicht beiläufig betrachten, denn er stand in einer Ecke. Und das Paar, das dort saß, blond und dunkelhaarig, hatte mir den Rücken zugewandt.
    Als ich näher kam, lachte der Blonde auf, und ich erhaschte einen Blick auf ein stolzes, fein geschnittenes Gesicht. Ein Mann. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die Frau mit den langen dunklen Haaren. Es war meine letzte Hoffnung. Sie musste meine Aloine sein.
    Doch als ich den Tisch umrundet hatte, erblickte ich ihr Gesicht. Oder eher: seines. Es waren zwei Männer. Meine Aloine war fort. Ich hatte sie verloren, und bei dieser Einsicht wurde mir sehr schwer ums Herz.
    Die beiden sahen zu mir hoch, und der Blonde lächelte mir zu. »Schau mal, Thria, der junge Lautenvirtuose kommt uns seine Aufwartung machen.« Er beäugte mich von Kopf bis Fuß. »Du bist hübsch. Trinkst du ein Glas mit uns?«
    »Nein«, murmelte ich verlegen. »Ich suche jemanden.«
    »Du hast jemanden gefunden«, sagte der Mann leichthin und legte mir eine Hand auf den Arm. »Ich heiße Fallon, und das ist Thria. Komm, trink etwas mit uns. Ich verspreche dir, ich werde nicht zulassen, dass Thria dich abzuschleppen versucht. Er hat eine Schwäche für Musiker.« Er warf mir ein charmantes Lächeln zu.
    Ich murmelte eine Entschuldigung und machte kehrt, zu verzweifelt, um mir darüber Gedanken zu machen, ob ich mich gerade blamiert hatte oder nicht.
    Und als ich zurück zur Treppe ging, ergriff meine klügere innere Stimme die Gelegenheit, mich auszuschelten. Das kommt dabei heraus, wenn man Hoffnungen hegt , sagte sie. Nichts Gutes. Aber dennoch ist es besser, dass du sie verpasst hast. Sie hätte niemals so sein können wie ihre Stimme. Diese Stimme – so schön und schrecklich wie brennendes Silber, wie der Mondschein auf den Steinen im Fluss, wie eine Feder auf deinen Lippen .
    Ich ging zur Treppe, den Blick zu Boden gerichtet, damit mich niemand ansprach.
    Dann hörte ich eine Stimme. Eine Stimme wie brennendes Silber. Eine Stimme, die mir die Ohren liebkoste. Und als ich hochsah, wurde mir leicht ums Herz, und ich wusste, sie war meine Aloine. Ich schaute sie richtig an, und mein einziger Gedanke war: Schön.
    Schön.

Kapitel 57
    Zwischenspiel: Die Summe unserer Teile

    B ast streckte sich und sah sich im Raum um. Schließlich riss ihm der Geduldsfaden. »Reshi?«
    »Ja?« Kvothe sah ihn an.
    »Und was dann, Reshi? Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Selbstverständlich habe ich mit ihr gesprochen. Es gäbe diese ganze Geschichte nicht, wenn ich nicht mit ihr gesprochen hätte. Von dem Gespräch zu berichten ist einfach. Aber vorher muss ich sie beschreiben. Und ich weiß nicht recht, wie ich das anstellen soll.«
    Bast rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her.
    Kvothe lachte, und ein liebevoller Blick vertrieb die Gereiztheit aus seinem Gesicht. »Dann ist es für dich also kinderleicht, eine schöne Frau zu beschreiben?«
    Bast senkte den Blick und wurde ein wenig rot, und Kvothe legte ihm eine Hand auf den Arm und lächelte. »Das Problem ist, Bast, dass sie sehr wichtig ist. Wichtig

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