Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
wir doch schon gesprochen. Du musst einfach Geduld haben. Du musst Lorren Zeit lassen, sich zu beruhigen. Es ist doch erst ein Trimester her …«
    »Es ist ein halbes Jahr her!«
    Er schüttelte den Kopf. »Das kommt dir nur so lange vor, weil du noch so jung bist. Glaub mir, für Lorren ist es immer noch, als wäre es erst gerade eben geschehen. Du solltest noch versuchen, ein Trimester lang einen guten Eindruck bei Kilvin zu machen, und ihn dann bitten, dass er sich für dich einsetzt. Glaub mir, das wird funktionieren.«
    Ich setzte meine beste Armesündermiene auf. »Du müsstest mir einfach nur …«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Nein. Nein. Ich werde es dir nicht zeigen. Ich werde es dir nicht erzählen. Ich werde dir keinen Plan zeichnen.« Seine Miene wurde wieder ein wenig milder, und er legte mir eine Hand auf die Schulter, als wollte er etwas von der Schärfe seiner Weigerung zurücknehmen. »Gütiger Tehlu, wozu die Eile? Du bist jung. Du hast alle Zeit der Welt.« Er richtete einen Zeigefinger auf mich. »Aber wenn sie dich rausschmeißen, dann ist das endgültig. Und das werden sie tun, wenn sie dich dabei erwischen, wie du dich in die Bibliothek einschleichst.«
    Ich ließ entmutigt die Schultern hängen. »Ja, da hast du wohl recht.«
    »Stimmt, ich habe recht«, sagte Manet und drehte sich wieder zu dem Brennofen um. »Und jetzt hau ab. Wegen dir kriege ich noch ein Magengeschwür.«
    Ich ging und dachte dabei aufgeregt darüber nach, was Manet mir geraten hatte und was er sich in dem Gespräch hatte entlocken lassen. Mir war klar, dass es im Allgemeinen ein guter Ratschlag war. Wenn ich mich ein oder zwei Trimester lang brav aufführte, würde ich wieder Zugang zur Bibliothek erhalten. Das war der einfache und sichere Weg zum Ziel.
    Doch leider konnte ich mir keine Geduld leisten. Ich war mir der Tatsache schmerzlich bewusst, dass dieses Trimester mein letztes sein würde, wenn ich keine Möglichkeit fand, schnell an einen größeren Geldbetrag zu kommen. Nein. Auf Geduld konnte ich nicht setzen.
    Auf dem Weg nach draußen warf ich einen Blick in Kilvins Büro und sah ihn dort an seiner Werkbank sitzen und immer wieder meine Lampe an- und ausschalten. Er wirkte wieder zerstreut, undich hatte keinen Zweifel, dass in der Riesenmaschine seines Hirns gerade ein halbes Dutzend Dinge gleichzeitig abliefen.
    Ich klopfte an den Türrahmen. »Meister Kilvin?«
    Er wandte sich nicht zu mir um. »Ja?«
    »Könnte ich die Lampe vielleicht kaufen?«, fragte ich. »Ich könnte sie gut gebrauchen, wenn ich nachts noch lese. Gegenwärtig gebe ich Geld für Kerzen aus.« Ich überlegte kurz, die Hände zu ringen, ließ es dann aber bleiben, da es allzu melodramatisch gewirkt hätte.
    Kilvin überlegte eine ganze Weile. Die Lampe in seiner Hand klickte leise beim An- und Ausschalten. »Du kannst nichts kaufen, was du mit eigenen Händen erschaffen hast«, sagte er. »Die Arbeitszeit und das Material gehören dir.« Er hielt mir die Lampe hin.
    Ich betrat sein Büro, um sie entgegenzunehmen, aber er zog die Hand wieder zurück und sah mir in die Augen. »Aber eines muss klar sein«, sagte er mit ernster Miene. »Du darfst sie weder verkaufen noch verleihen. Auch nicht an jemanden, dem du vertraust. Wenn diese Lampe verloren geht, landet sie irgendwann in den falschen Händen und wird dazu genutzt werden, in der Dunkelheit herumzuschleichen und zwielichtige Dinge zu treiben.«
    »Darauf gebe ich Euch mein Wort, Meister Kilvin. Niemand außer mir wird sie benutzen.«
    Als ich aus der Werkstatt ging, ließ ich mir nichts anmerken, aber innerlich jubilierte ich. Manet hatte mir verraten, was ich wissen musste. Es gab noch einen anderen Zugang zur Bibliothek. Einen geheimen Zugang. Und wenn es ihn gab, konnte ich ihn finden.

Kapitel 65
    Funken

    M it der Aussicht auf freie Getränke – der einzigen großzügigen Geste, die ich mir leisten konnte – lockte ich Wil und Sim ins Eolian .
    Versteht ihr, Ambrose konnte zwar verhindern, dass mich ein reicher Adliger als Schirmherr unter seine Fittiche nahm, aber es gab da ja auch noch jede Menge nicht-adlige Musikliebhaber, die mir mehr Getränke spendierten, als ich überhaupt allein trinken konnte.
    Da gab es zwei einfache Lösungswege. Ich würde entweder zwangsläufig zum Säufer werden oder auf ein Arrangement zurückgreifen, das es schon so lange gibt, wie es Schenken und Musiker gibt. Ich verrate euch jetzt mal ein kleines Geheimnis.
    Sagen wir mal, ihr seid in

Weitere Kostenlose Bücher