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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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käme überhaupt nicht in Frage. Er wollte nichts davon hören. Wenn er seiner Dankbarkeit auch noch auf andere Weise Ausdruck verleihen könnte?
    Ich machte ein nachdenkliches Gesicht. Wenn das so sei, sagte ich, ob er wohl zufällig noch eine Flasche von diesem vorzüglichen Erdbeerwein hätte …?
    Später ging ich zum Hafen von Evesdown und buchte auf einem Kahn eine Fahrt flussabwärts. Und während ich auf die Abfahrt wartete, fragte ich die Hafenarbeiter, ob sie in den letzten Tagen dort eine junge Frau gesehen hätten. Dunkle Haare, hübsches Gesicht …
    Sie hatten. Denna war am vorigen Tag dort gewesen und nachmittags flussabwärts abgefahren. Ich war sehr erleichtert, sie nun in Sicherheit zu wissen. Andererseits wusste ich aber nicht, was ich davon halten sollte. Wieso war sie nicht nach Trebon gekommen? Glaubte sie, ich hätte sie im Stich gelassen? Erinnerte sie sich überhaupt an irgendetwas von dem, was wir in jener Nacht, als wir auf dem Graustein lagen, gesprochen hatten?
    In den frühen Morgenstunden legten wir in Imre an, und ich ging schnurstracks zu Devi. Nach lebhaftem Gefeilsche gab ich ihr den Lodenstein und ein Talent und tilgte damit das kurzfristige Darlehen über zwanzig Talente. Meine älteren Schulden blieben weiterhin bestehen, aber nach allem, was ich durchgemacht hatte, brachten mich vier Talente Schulden nicht mehr um den Schlaf, obwohl mein Geldbeutel nun wieder einmal so gut wie leer war.
    Es dauerte eine Weile, bis mein Leben wieder seinen gewohnten Lauf nehmen konnte. Ich war nur vier Tage fort gewesen, musste mich aber bei allen möglichen Leuten entschuldigen und Erklärungen geben. Ich hatte eine Verabredung mit Graf Threpe verpasst, zwei Treffen mit Manet und ein Mittagessen mit Fela. Das Anker’s hatte an zwei Abenden ohne Musiker auskommen müssen. Selbst Auri schimpfte mit mir, dass ich sie nicht besucht hatte.
    Außerdem hatte ich Seminare bei Kilvin, Elxa Dal und Arwyl verpasst. Sie alle nahmen meine Entschuldigung an, teils gnädig und teils mit einem Kopfschütteln. Wenn die Studiengebühren für das nächste Trimester festgelegt würden, das war mir klar, würde ich für mein Fehlen teuer bezahlen müssen.
    Doch am wichtigsten waren mir Wil und Sim. Sie hatten von dem Gerücht gehört, dass ein Student in einer Gasse überfallen worden sei. Und da sich Ambrose in den vergangenen Tagen noch selbstgefälliger gegeben hatte als sonst, nahmen sie an, ich wäre aus der Stadt geflohen oder läge nun mit Steinen beschwert auf dem Grund des Flusses. Sie waren die einzigen, denen ich erklärte, was wirklich geschehen war. Ich sagte ihnen zwar nicht die ganze Wahrheit, warum ich mich so für die Chandrian interessierte, erzählte ihnen aber alle Erlebnisse der letzten Tage und zeigte ihnen auch die Schuppe. Sie waren gebührend beeindruckt, bleuten mir aber auch ein, dass sie mir die Hölle heiß machen würden, wenn ich ihnen beim nächsten Verschwinden wieder keine Nachricht hinterließ.
    Und ich suchte nach Denna, in der Hoffnung, ihr die wichtigste aller Erklärungen geben zu können. Doch wie immer hatte die Suche nach ihr keinen Erfolg.

Kapitel 84
    Ein plötzlicher Sturm

    S chließlich fand ich Denna, wie ich sie immer fand: rein zufällig.  
    Ich ging, in Gedanken versunken, eine Straße in Imre entlang, und als ich um eine Ecke bog, wäre ich um ein Haar mit ihr zusammengestoßen.
    Wir beide blieben abrupt stehen und sahen einander sprachlos an. Obwohl ich seit Tagen in jedem Schatten und jedem Kutschfenster nach ihrem Gesicht Ausschau gehalten hatte, verblüffte mich ihr Anblick. Ich hatte mich an die Gestalt ihrer Augen erinnert, nicht aber an die Macht ihres Blicks. Ich hatte mich daran erinnert, wie dunkel ihre Augen waren, nicht aber wie tief. Ihre Nähe verschlug mir den Atem, so als hätte man mich plötzlich unter Wasser gedrückt.
    Viele Stunden lang hatte ich darüber nachgedacht, wie unser nächstes Treffen wohl verlaufen würde, und die Szene tausendmal im Geiste durchgespielt. Ich fürchtete, sie würde sich kühl und distanziert verhalten. Fürchtete, sie würde mich abweisen, weil ich sie dort im Wald allein gelassen hatte, oder sie würde in Tränen ausbrechen oder mich verwünschen oder einfach nur auf dem Absatz kehrt machen und gehen.
    Denna lächelte mich hocherfreut an. »Kvothe!« Sie nahm meine Hand und drückte sie. »Du hast mir gefehlt. Wo warst du?«
    Vor Erleichterung bekam ich weiche Knie. »Och, weißt du … Hier und da«, sagte

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