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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Dann packt einen der Schwindel wie ein Donnerschlag, alles gerät ins Schwimmen, und der Boden kippt einem unter den Füßen weg.
    So war es, als Elodin den Sturm in meinem Kopf zum Erliegen brachte. Der Schwindel packte mich schlagartig mit voller Wucht. Ich schrie und streckte die Hände aus, um mich gegen einen Sturz zur Seite, nach oben, nach innen zu wappnen. Und dann spürte ich, dass ich von dem Hocker glitt und beim Umkippen von Armen aufgefangen wurde.
    Es war entsetzlich, aber es ging vorbei. Als ich zu mir kam, war Elodin fort.

Kapitel 85
    Gegenstimmen

    S immon und Wilem brachten mich auf mein Zimmer im Anker’s . Ich fiel sofort ins Bett und verbrachte achtzehn Stunden hinter den Pforten des Schlafs. Als ich am nächsten Tag aufwachte, ging es mir erstaunlich gut, obwohl ich in meinen Kleidern geschlafen hatte und sich meine Blase anfühlte, als hätte sie die Größe einer Honigmelone. Das Glück war mir hold, und es blieb mir genug Zeit, um etwas zu essen und ein Bad zu nehmen, ehe einer von Jamisons Laufburschen mich aufstöberte. Man erwartete mich im Meistersaal. In einer halben Stunde sollte ich auf die Hörner genommen werden.

    Ambrose und ich standen vor dem Tisch der Meister. Er hatte mich einer Straftat beschuldigt. Im Gegenzug hatte ich ihn des Diebstahls, der Sachbeschädigung und des für ein Mitglied des Arkanums ungebührlichen Verhaltens beschuldigt. Nach meinen vorigen Erfahrungen mit dem Auf-die-Hörner-Genommenwerden hatte ich mich mit dem Rerum Codex , dem offiziellen Regelwerk der Universität, vertraut gemacht. Ich hatte das ganze Buch zweimal gelesen, um mir Klarheit darüber zu verschaffen, wie gewisse Dinge hier geregelt wurden. Jetzt kannte ich es fast auswendig.
    Das bedeutete leider auch, dass ich ganz genau wusste, in welch großen Schwierigkeiten ich steckte. Mit einer Anklage wegen einer Straftat war nicht zu spaßen. Wenn man mich für schuldig befand, Ambrose in voller Absicht verletzt zu haben, würde man mich auspeitschen lassen und von der Universität verweisen.
    Dass ich Ambrose wehgetan hatte, ließ sich nicht bezweifeln. Er hatte blaue Flecken und humpelte. Auf der Stirn hatte er eine nicht zu übersehende Schürfwunde. Außerdem trug er einen Arm in einer Schlinge, aber ich war mir ziemlich sicher, dass das nur Maskerade war.
    Das Dumme war, dass ich nicht die leiseste Ahnung hatte, was in Wirklichkeit vorgefallen war. Mit jemandem zu sprechen hatte ich keine Gelegenheit gehabt. Ich hatte mich noch nicht einmal bei Elodin dafür bedanken können, dass er mir am Vortag in Kilvins Büro beigestanden hatte.
    Die Meister ließen uns beide unsere Beschuldigungen vorbringen. Ambrose benahm sich tadellos, er drückte sich überhaupt ausgesucht höflich aus. Mir fiel eine gewisse Schwerfälligkeit an ihm auf, und ich vermutete, dass sie von einer starken Dosis Schmerzmittel herrührte. Seinem glasigen Blick nach war es Laudanum.
    »Handeln wir nun die Beschuldigungen in der Reihenfolge ihrer Schwere ab«, sagte der Rektor, nachdem wir beide unsere Sicht der Geschehnisse dargelegt hatten.
    Meister Hemme machte eine Handbewegung, und der Rektor erteilte ihm mit einem Nicken das Wort. »Zunächst sollten wir die Anklagepunkte auf das Nötige und Sinnvolle zusammenstreichen«, sagte Hemme. »E’lir Kvothes Beschuldigungen sind redundant. Man kann einen Studenten nicht beschuldigen, ein und dieselbe Sache gestohlen und beschädigt zu haben. Entweder oder.«
    »Wieso sagt Ihr das, Meister?«, fragte ich höflich.
    »Diebstahl impliziert den Besitz fremden Eigentums«, sagte Hemme in ganz vernünftigem Ton. »Und wie soll man etwas besitzen, das man kaputt gemacht hat? Eine der beiden Beschuldigungen sollte fallengelassen werden.«
    Der Rektor sah mich an. »E’lir Kvothe, möchtest du eine der beiden Beschuldigungen fallenlassen?«
    »Nein, Sir.«
    »Dann beantrage ich, darüber abzustimmen, dass die Beschuldigung des Diebstahls fallengelassen wird«, sagte Hemme.
    Der Rektor funkelte Hemme wütend an, tadelte ihn wortlos dafür, dass er unerlaubt das Wort ergriffen hatte. Dann wandte er sichwieder an mich. »Starrsinn gegenüber der Vernunft ist alles andere als löblich, E’lir, und Meister Hemmes Argumentation ist überzeugend.«
    »Meister Hemmes Argumentation krankt an einem logischen Fehler«, erwiderte ich in ruhigem Ton. »Diebstahl impliziert die Aneignung einer fremden Sache. Es wäre lächerlich, davon auszugehen, dass man etwas, das man gestohlen hat, nicht

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