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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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hatte, nahm dann ein Blatt, murmelte ein paar Worte und sah zu, wie inmitten des Reisigs und Zunders eine kleine Flamme emporzüngelte. Dann sah er wieder mich an. »Du könntest dich dabei versehentlich umbringen, wenn du auch nur etwas so Simples tätest.« Er lächelte matt. »Oder indem du nach dem Namen des Windes suchst.«
    Er wollte noch etwas sagen, hielt dann aber inne und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Er seufzte laut. Als er die Hände fortnahm, sah sein Gesicht müde aus. »Wie alt bist du noch mal?«
    »Nächsten Monat werde ich zwölf.«
    Er schüttelte den Kopf. »Man vergisst das so leicht. Du verhältst dich nicht wie jemand deines Alters.« Er stocherte mit einem Stock im Feuer herum. »Ich war achtzehn, als ich an die Universität kam«, sagte er. »Und ich war zwanzig, als ich so viel wusste, wie du jetzt schon weißt.« Er starrte ins Feuer. »Es tut mir Leid, Kvothe. Ich muss heute Abend alleine sein. Ich muss nachdenken.«
    Ich nickte stumm. Dann holte ich Dreifuß und Kessel, Wasser und Tee aus seinem Wagen und stellte alles bei ihm ab. Er starrte immer noch ins Feuer.
    Da ich wusste, dass mich meine Eltern nicht so bald zurückerwarteten, ging ich in den Wald. Ich hatte selber auch viel nachzudenken. Das war ich Ben schuldig. Ich wünschte, ich hätte mehr tun können.

    Es dauerte eine ganze Spanne, bis Ben wieder so frohgemut war wie ehedem. Dennoch war es zwischen uns nicht mehr wie zuvor. Wir waren immer noch Freunde, aber es stand etwas zwischen uns, und ich merkte, dass er bewusst einen gewissen Abstand zu mir hielt.
    Der Unterricht kam fast zum Erliegen. Ben gebot meinen beginnenden Alchemiestudien Einhalt und schränkte mich auf die normale Chemie ein. Er weigerte sich, mir irgendetwas über die Sygaldrie beizubringen, und beschränkte mich noch darüber hinaus in der Sympathie auf das wenige, das er für ungefährlich hielt.
    Ich ärgerte mich über diese Verzögerungen, hielt aber den Mund, in dem Vertrauen darauf, dass er, wenn ich mich nur als verantwortungsbewusst und überaus vorsichtig erwies, sich irgendwann wieder beruhigen würde und es dann so weiterginge wie zuvor. Wir waren eine Familie, und ich wusste, dass Schwierigkeiten zwischen uns letztendlich irgendwann ausgeräumt werden würden. Es brauchte nur Zeit.
    Ich ahnte ja nicht, dass unsere Zeit schon zu Ende ging.

Kapitel 15
    Ablenkungen und Abschiede

    D er Ort hieß Hallowfell. Wir blieben ein paar Tage, weil es dort einen fähigen Stellmacher gab und fast alle unsere Wagen eine Reparatur brauchten. Und während wir warteten, bekam Ben ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte.
    Sie war Witwe, recht wohlhabend, recht jung und meinem unerfahrenen Blick nach recht attraktiv. Offiziell hieß es, sie bräuchte einen Privatlehrer für ihren kleinen Sohn. Doch wer Ben und sie zusammen sah, kannte die wahre Geschichte.
    Sie war die Gattin des örtlichen Braumeisters gewesen, der zwei Jahre zuvor ertrunken war. Sie führte die Brauerei weiter, so gut sie nur konnte, schlug sich dabei mit ihren mangelnden Kenntnissen aber mehr schlecht als recht …
    Wie Ihr seht, hätte man Ben keine bessere Falle stellen können, auch wenn man sehr viel Phantasie darauf verwendet hätte.

    Die Pläne änderten sich, und die Truppe blieb noch ein paar Tage länger in Hallowfell. Mein zwölfter Geburtstag nahte, und die Feier wurde vorgezogen und mit Bens Abschiedsfest zusammengelegt.
    Um das zu verstehen, muss man sich klarmachen, dass es nichts Tolleres gibt, als wenn eine Truppe für sich selber spielt. Gute Unterhaltungskünstler bemühen sich, jeden Auftritt als etwas ganz Besonderes erscheinen zu lassen, auch wenn sie mit eben dieser Darbietung schon Hunderte Male vor anderem Publikum aufgetreten sind. Selbst Truppen, die wirklich mit Leib und Seele bei der Sache sind,legen auch schon mal eine fade Vorstellung hin, zumal wenn sie wissen, dass sie damit durchkommen werden.
    Kleine Ortschaften, Dorfschenken – kein Mensch konnte dort gute Unterhaltung von schlechter unterscheiden. Der Kollege aber konnte das.
    Und außerdem: Wie unterhält man Leute, die die Vorstellung schon tausendmal gesehen haben? Man entstaubt die alten Tricks. Man probiert ein paar neue aus. Man hofft das Beste. Und die großen Fehlschläge sind dabei natürlich ebenso unterhaltsam wie die großen Erfolge.
    Mir ist dieser Abend als wunderbarer Wirbel aus herzlichen Empfindungen mit einem bitteren Beigeschmack in Erinnerung geblieben. Fiedeln, Lauten

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