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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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erwachte, sah ich, dass neben mir ein Päckchen lag. Es war in Sackleinen gehüllt und mit Bindfaden verschnürt, und oben drauf flatterte ein Zettelchen mit meinem Namen wie ein Fähnchen im Wind.
    Ich wickelte es aus und erkannte das Buch schon am Einband. Es war Rhetorik und Logik , das Buch, mit dessen Hilfe Ben mir das Argumentieren beigebracht hatte. Aus seiner kleinen, aus einem Dutzend Bände bestehenden Handbibliothek war es das einzige, das ich nicht von vorne bis hinten durchgelesen hatte. Ich konnte es nicht leiden.
    Ich schlug es auf und entdeckte auf dem Vorsatz eine Inschrift. Sie lautete:
    Lieber Kvothe,
    schlage dich wacker an der Universität. Ich möchte stolz auf dich sein. Und denke immer an das Lied deines Vaters. Hüte dich vor Torheiten.
    Dein Freund
    Abenthy
    Ich hatte mit Ben nie darüber gesprochen, dass ich die Universität besuchen würde. Natürlich träumte ich davon, eines Tages dorthin zu gehen. Ich zögerte jedoch, mit meinen Eltern über diese Träume zu sprechen. Die Universität zu besuchen würde bedeuten, meine Eltern und meine Truppe und alles, was ich je gekannt hatte, zu verlassen.
    Das war offen gestanden ein beängstigender Gedanke. Wie es wohl wäre, sich an einem Ort niederzulassen – nicht nur für einen Abend oder eine Spanne, sondern für Monate ? Jahre gar? Keine Auftritte mehr? Kein Herumtollen mehr mit Trip und nie mehr den flegelhaften jungen Edelmann in Drei Wünsche frei spielen? Keine Wagen mehr? Niemand mehr, mit dem man singen konnte?
    Ich hatte nie etwas dazu gesagt, aber Ben hatte es sich gedacht. Ich las noch einmal die Inschrift, weinte ein wenig und versprach ihm, dass ich mein Bestes geben würde.

Kapitel 16
    Hoffnung

    I n den nun folgenden Monaten taten meine Eltern ihr Möglichstes, die Lücke, die Bens Fortgang gerissen hatte, zu füllen, und brachten auch die übrigen Mitglieder der Truppe dazu, mich sinnvoll zu beschäftigen und vom Trübsalblasen abzuhalten.
    Wisst Ihr, in dieser Truppe spielte das Alter keine große Rolle. Wenn man stark genug war, die Pferde zu satteln, sattelte man die Pferde. Wenn man flinke Finger hatte, jonglierte man. Wenn man tadellos rasiert war und in das entsprechende Kleid passte, spielte man in Der Schweinehirt und die Nachtigall die Lady Reythiel. So einfach war das.
    Und so brachte mir Trip allerlei Schabernack bei. Shandi führte mich in höfische Tänze aus allen möglichen Ländern ein. Teren maß mich mit dem Heft seines Schwerts und befand, dass ich mittlerweile groß genug war, um mich mit den Grundlagen des Schwertkampfs zu befassen. Noch nicht groß genug, um tatsächlich zu kämpfen, das betonte er, aber groß genug, dass ich damit auf der Bühne eine gute Show abziehen konnte.
    Die Straßen waren zu dieser Jahreszeit gut befahrbar, und so kamen wir auf unseren Fahrten durch das nördliche Commonwealth zügig voran – fünfzehn, zwanzig Meilen pro Tag. Da Ben nun fort war, fuhr ich oft bei meinem Vater mit, und er begann mit meiner formellen Ausbildung für die Bühne.
    Ich wusste natürlich schon eine ganze Menge. Doch was ich aufgeschnappt hatte, war ein ziemliches Durcheinander. Mein Vater machte sich nun daran, mich systematisch in der Technik und dem Handwerk des Schauspiels zu unterrichten. Wie minimale Änderungen des Akzents oder der Körperhaltung einen Menschen einfältig, gerissen oder dumm erscheinen lassen.
    Schließlich begann meine Mutter mich in den Umgangsformen in feiner Gesellschaft zu unterweisen. Ich kannte das schon ein wenig von unseren Aufenthalten bei Baron Greyfallow und glaubte, vornehm genug zu sein, auch ohne dass ich mir Anredeformen, Tischmanieren und die verzwickte Rangliste der Adelstitel einprägte. Schließlich sagte ich genau das meiner Mutter.
    »Wen kümmert’s denn, ob ein Viscount aus Modegan rangmäßig höher steht als ein Vintischer Sparathain?«, protestierte ich. »Und wen kümmert’s, ob der eine mit ›Euer Gnaden‹ und der andere mit ›Mylord‹ angesprochen wird?«
    »Diese Leute kümmert das durchaus«, sagte meine Mutter mit Nachdruck. »Wenn du bei ihnen auftrittst, musst du ein würdevolles Gebaren an den Tag legen und lernen, deinen Ärmel aus der Suppe herauszuhalten.«
    »Vater macht sich keine Gedanken darüber, welche Gabel man wozu benutzt und wer rangmäßig über wem steht«, nörgelte ich.
    »Dein Vater weiß mehr als er sich anmerken lässt«, sagte meine Mutter. »Und wenn er irgendetwas einmal nicht weiß, überspielt er es mit Hilfe

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