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Der Narr

Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp
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wollte, um zum Weibe zu gelangen, traf ihn ein Schlag ins Genick. Als er sich umdrehte, war es zu spät. Ein Tritt in die Weichteile ließ ihn zusammensacken.
    »Sicherheit, Vernunft und ein geregeltes Leben«, rief der Nüchterne in die tosende Menge, die ihn anfangs noch ausbuhte.
    »Na klar, Burli will Sicherheit!«, keuchte der Wilde, während er sich voller Schmerz am Boden wand. Tausende Chancen zu unvergesslichen Abenteuern hatte er durch ›Abwarten und Teetrinken‹ schon vertan. Tausende Chancen zu einem unvergesslichen Abenteuer hatten sie dadurch vertan.
    Der Nüchterne nahm den Wilden in den Schwitzkasten und drückte ihn zu Boden: »Spaß muss verdient sein.«
    Der Wilde rang nach Luft. Die tosende Menge, die ihn zuvor noch angefeuert hatte, war verschwunden. Stattdessen standen Eltern, Lehrer und potentielle Geschäftspartner in Reih und Glied nebeneinander und folgten dem Schauspiel. Ein Priester segnete sogar den Nüchternen, der wie der heilige Georg die Bestie niederrang.
    Endlich schritt Minsk ein, um der Farce ein Ende zu bereiten: »Was kann der eine vom anderen lernen?«
    Die Szene verschwamm, der Ring wurde durch eine Pressekonferenz ersetzt.
    Im Blitzlichtgewitter antwortete ein frisierter Mann mit Scheitel. Es war der Nüchterne: »Im Zuge der internen Diskussionen zur künftigen strategischen Lebensplanung, haben Sam und Sam beschlossen, vorerst einmal in die Karriere zu investieren. Im späteren Verlauf soll der Erfolg auch der Garant für Spaß im Leben sein.«
    »Eigentlich wollte ich wissen, was die Nüchternheit von der Wildheit lernen kann«, fuhr Minsk dazwischen.
    Sam hielt inne. Darüber hatte er nie nachgedacht. Bislang hatte er sich immer überlegt, wie er vernünftiger werden konnte und wie er sein überschwängliches Ego bändigen konnte, um künftig weniger Blödsinn zu machen. Aber was wäre, wenn er nüchtern ein wenig mehr so sein könnte, wie er betrunken war? Könnte er beide Teile in sich vereinen? Immerhin fühlte er sich souverän und selbstsicher, wenn er betrunken war. Das war nichts, was er missen wollte.
    »Ich dachte immer, man ist so wie man ist und das war‘s. Ist es tatsächlich möglich, verschiedene Aspekte des Selbst einfach so verschmelzen zu lassen? Ich kann mich nach Belieben formen und verändern?«
    »Homo est Deus!«

    *

    Das Aprilwetter zeigte seine Schattenseiten. Statt frühsommerlicher Temperaturen gab es jede Menge Wolken und Regen. Remmel fühlte sich erbärmlich. Es war einer dieser Tage, an dem gar nichts funktioniert hatte. Selbst das Schnitzel in der Kantine war nicht so wie immer. Viel zu dick geschnitten, die Pommes zu weich und der Koch, der ohne zu fragen Ketchup auf den Teller schüttete, gehörte ohnehin erschossen.
    Hanni war zweifelsohne der ›Mann im Auto‹. Sie lenkte den Dienstwagen den Handelskai entlang, er hingegen hatte nicht einmal einen Führerschein. Sie trug die Dienstwaffe, Remmels Pistole war seit Monaten funktionsuntüchtig. Sie hatte dort Muskeln, wo er bei sich nur weiche Rundungen vorfand.
    Seit Tagen kreisten seine Gedanken immer wieder um die Geschehnisse bei der Pyramide, als junge Menschen seine Hilfe gebraucht hätten. Wie eine Schildkröte, die man auf den Rücken legte, war er völlig hilflos in seinem Fett gefangen.
    Die beiden Beamten fuhren beim Ernst-Happel-Stadion vorbei und Hanni parkte das Auto neben einem Würstelstand.
    Wieder einmal das alte Spiel. »Boah! Bist du deppat!«-Rufe, die ihm galten. Doch von diesen ›Springginkerln‹ ließ Remmel sich nicht unterkriegen. Es war seine Sache, was er mit seinem Körper machte und so bestellte er auch gleich demonstrativ einen Käsekrainer-Hotdog.
    »Ich weiß, wo der Podhornik-Gedenkstein im Prater ist. Gehen wir!«, brummte Remmel. Hanni sah ihn verwundert an, als wäre es verwunderlich, dass der Chefinspektor den Vergnügungspark auch abseits des Schweizerhauses kannte. »Das Podhornik-Denkmal war früher ein Treffpunkt für Hundebesitzer«, gab Remmel seufzend zurück. »Rechts, den Wald hinein und dann sind wir dort.«
    Hanni zog fragend eine Augenbraue hoch. »Remmi …«, setzte die Kollegin an, brachte den Satz jedoch nicht zu Ende. Offenbar fehlten ihr die Worte.
    »Ja, ich hatte mal einen Köter«, gab er mürrisch zurück. »Das Biest war noch fauler als ich.«
    Er erinnerte sich an seinen Qualti, die Promenadenmischung, die schon bei kurzen Strecken so geschnauft hatte, wie andere Hunde nach einem Marathon. Nie zuvor hatte er so ein träges

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