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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Wenn wir die Waffe fänden, dann hätten wir wahrscheinlich auch den Mörder , so hatte Rath es ihm gestern gesagt, und Wolter hatte die Anregung dankbar aufgegriffen.
    Er musste die Pistole so schnell wie möglich loswerden!
    Rath überlegte nicht lange, dazu fehlte die Zeit. Er nahm den Deckel von der Pappschachtel, fasste die Pistole vorsichtig
     mit einem Aktenblatt, das er in der Schublade fand, und ließ sie hinter den großen Stapel Fotos rutschen. Keine persönlichen
     Fotos, die Arbeit eines Fotografen, das konnte Rath noch erkennen, als er schnell ein paar Bilder über die Pistole schob.
     Das Motiv, das obenauf lag, hätte ihm unter anderen Umständen ein Schmunzeln entlockt: Roeder als Schränker, mit Schiebermütze,
     falschem Bart und Schneidbrenner, grimmig dreinblickend. Doch jetzt klappte Rath nur den Deckel zu, bevor Roeder etwas bemerken
     konnte, und hob den schweren Karton aus der Schublade.
    »Ist es das, was Sie suchen?«
    Roeder nickte eifrig und nahm ihm die Schachtel aus der Hand. Rath hoffte vergeblich, er würde nicht hineinschauen wollen.
    »Sie erlauben?« Roeder hob den Deckel ein wenig an undblätterte durch die obersten Hochglanzfotos. Er schien zufrieden. »Sehr schön«, sagte er. »Vielen Dank.« Roeder setzte seinen
     Hut wieder auf. »Ich muss weiter. Dringende Termine. Dann sorgen Sie mal dafür, dass die Aufklärungsquote der Inspektion A
     wieder besser wird, junger Freund. Lässt ja derzeit sehr zu wünschen übrig, wie man hört.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Roeder.« Rath konnte den Mann nicht länger ertragen. Er komplimentierte ihn an Erika Voss vorbei zur
     Tür.
    Dort wäre der Schriftsteller beinah mit Ernst Gennat zusammengestoßen. Überrascht schaute der Buddha seinen früheren Mitarbeiter
     an.
    »Sieh mal an, der Roeder! Was machen Sie denn noch hier? Man hat Sie doch nicht etwa wegen Mordes verhaftet?«
    »Keine Sorge, Herr Kriminalrat! Das wird nicht passieren. Mich sehen Sie heute das letzte Mal in diesen Hallen! Wollte nur
     meinen Nachfolger kennen lernen! Adieu!«
    Roeder klemmte die Schachtel fest unter den Arm und machte sich auf den Weg zum Treppenhaus. Rath wandte sich seinem Chef
     zu.
    »Guten Morgen, Herr Kriminalrat«, sagte er. »Kommen Sie doch herein.«
    »Morgen, Rath! Oh, Sie haben Ihre Sekretärin bereits, wie ich sehe.« Der Buddha tippte mit der Hand an eine imaginäre Hutkrempe.
     »Morgen, Fräulein Voss.« Er nahm Rath beiseite. »Ich müsste Sie mal unter vier Augen sprechen, Herr Kommissar.«
    Sie gingen in Raths Büro.
    In der Tür drehte sich Gennat noch einmal um. »Fräulein Voss, gehen Sie doch mal in mein Büro und bitten Fräulein Steiner
     um die Akte Jänicke«, sagte er. »Wären Sie so nett?«
    Die Sekretärin verschwand, und Gennat schloss die Tür. »Reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte er zu Rath, »Erika Voss ist erst seit
     drei Wochen bei uns und wohl deshalb sehr neugierig. Trudchen wird sie eine Weile beschäftigen. So lange haben wir hier unsere
     Ruhe.«
    »Also geht es um etwas Vertrauliches, Herr Kriminalrat?«
    »Das kann man wohl sagen, Herr Kommissar, das kann man wohl sagen: um etwas streng Vertrauliches.« Gennat machte eine nachdenkliche
     Pause, bevor er weitersprach. »Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden! Eben erreichte mich ein anonymer Hinweis
     in der Mordsache Jänicke, ein Anruf, in dem ein ungeheurer Verdacht ausgesprochen wurde.«
    »Ein anonymer Hinweis? Seit wann nehmen wir so etwas ernst?«
    »Das ist immer eine Abwägungssache, Herr Kommissar, in diesem Fall schien der Anrufer außerordentlich gut informiert über
     Einzelheiten im Mordfall Jänicke, sodass wir den Anruf ernst nehmen müssen, fürchte ich. Er wusste zum Beispiel, dass wir
     Jänickes schwarzes Notizbuch vermissen. Und dass der Kriminalassistent mit einer Lignose umgebracht wurde.«
    »Und von welchem Verdacht sprechen Sie?«
    »Es ist ein ungeheuerlicher Verdacht, dem ich keinen Glauben schenke, dem ich aber gleichwohl nachgehen muss. Deswegen bin
     ich auch persönlich zu Ihnen gekommen, um größtmögliche Diskretion zu gewährleisten.« Gennat stockte kurz, bevor er weitersprach.
     »Herr Rath, der Anrufer sprach davon, dass die Pistole, mit der Stephan Jänicke erschossen wurde, Ihnen gehört.«
    »Das ist doch lächerlich!«
    Rath hatte es geahnt. Schon in dem Moment, als er die Pistole in seiner Schublade fand, hatte er es geahnt: Bruno war zum
     Angriff übergegangen.
    »Wenn der Mann so gut Bescheid weiß«,

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