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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Rath, so freundlich es ihm möglich war. Innerlich aber kochte er. Am
     liebsten hätte er den Alten gewürgt. Dann fiel ihm etwas Besseres ein. »Warten Sie«, sagte er. Der Beamte stand schon an der
     Tür. »Warten Sie! Einen Gefallen können Sie mir noch tun! Die Adresse einer Frau. Lana Nikoros.«
    Der Beamte brummte, aber er gehorchte.
    »Hört sich auch nicht gerade deutsch an«, sagte er.
    Nicht sehr ergiebig, sein Besuch in der Burg. Weder beim ED noch im Passamt hatte Rath irgendwelche Informationen erhalten,
     die ihn weiterbrachten. Eine Lana Nikoros war in Berlin nicht einmal gemeldet. Wenigstens wusste er nun, dass Kardakow bald
     seinen Ausweis verlängern lassen musste. Wenn er dann nicht erschien, stand zumindest fest, dass der Russe wirklich abgetaucht
     war. Ginge es ihm nur darum, die letzte Miete nicht zu zahlen, würde er niemals das Risiko eingehen, als Ausländer ohne gültige
     Papiere in Deutschland herumzulaufen.
    Große weiße Buchstaben rissen Rath aus seinen Gedanken. MORDINSPEKTION. Er starrte auf die gläserne Flügeltür. Irgendwie war
     er in die erste Etage geraten. Die Macht der Gewohnheit? Vor einer Woche hatte er schon einmal vor dieser Tür gestanden, da
     hatte er sie zum ersten Mal gesehen. Heute lag der Gangmenschenleer vor ihm. Schnell drehte er sich um und ging in den Trakt der Sittenpolizei. Fehlte noch, dass er Wilhelm Böhm
     über den Weg lief. Auch auf ihrem Gang war alles ruhig, kein Geräusch drang aus den Büros, keine Stimmen, kein Schreibmaschinenklappern.
     Ein Stockwerk höher, bei den Politischen, herrschte immer noch Hochbetrieb, die Maieinsätze hatten die Zellen des Polizeigefängnisses
     gefüllt. Doch in der Inspektion E arbeitete heute kein Mensch. Ihr Büro wäre heute eine Oase der Ruhe inmitten der hektischen
     Stadt. Eigentlich der richtige Platz zum Nachdenken.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Er hatte mit einem menschenleeren Büro gerechnet, umso überraschter war er, einen Kollegen
     vorzufinden.
    »Stephan!«
    Frischling Jänicke saß am Schreibtisch des Onkels, vertieft in einen Stapel Papiere. Beim Klang seines Namens schreckte er
     auf.
    »Hallo, Gereon!« Jänicke wirkte genauso überrascht wie er. »Mensch, lässt dir diese Bande auch keine Ruhe? Ich wollte mir
     noch einmal die Sachen über König anschauen. Der Mann geht mir nicht aus dem Kopf. Ein biederer Fotograf, und dann solche
     Sauereien.«
    »Die Akte König der IA? Die liegt in meinem Schreibtisch, die hab ich ausgegraben, nicht Bruno.«
    »Richtig!« Jänicke stopfte die Papiere vom Schreibtisch zurück in Wolters Schublade und schloss sie. »Da kann ich ja lange
     suchen.«
    Raths Schreibtischschublade war noch ziemlich leer. Er hatte die Mappe, in der Königs politische Vorlieben vermerkt waren,
     schnell gefunden und warf sie Jänicke zu. »Hier.«
    Der Kollege war ein guter Fänger. Spielte Handball, wie man sich erzählte.
    »Danke!« Der Blonde wanderte mit der Mappe zu seinem Schreibtisch. »Und was treibt dich her an einem Sonntag?«
    Gute Frage. Er hatte keine Lust, Begeisterung für den Pornofall zu heucheln und dann womöglich den Rest des Tages zusammen
     mit dem Frischling über den König-Akten zu brüten. Und dasser einen Russen namens Kardakow suchte, das ging den Kleinen schon gar nichts an.
    »Die Langeweile«, sagte er also. »Ich hab kein Auto, das ich waschen könnte.«
    Jänicke lachte. Eher pflichtschuldig. Rath hatte den höheren Dienstrang.
    »Jetzt weiß ich auch, warum Bruno nicht hier ist.« Der Blonde räusperte sich. »Na, ich wollte auch nicht den ganzen Sonntag
     hier verbringen. Hertha spielt heute gegen Südstern. Kommst du mit?«
    »Ich dachte, du bist Handballer?«
    »Ich stand auch mal im Fußballtor. In der Jugend bei Viktoria Allenstein. Hab erst in Potsdam auf der Polizeischule mit Handball
     angefangen. Auch als Torwart.«
    »Hertha gewinnt sowieso«, meinte Rath, »die sind doch auf die Berliner Meisterschaft abonniert.« Er tat so, als suche er etwas
     in seinem Schreibtisch. »Ich bin auch gleich wieder weg. Ich wollte nur eben schauen… Ah, da ist sie ja!«
    Er zog die Geldbörse aus der Schublade, die er vor drei Sekunden dort hatte hineinfallen lassen.
    »Puh!« Er tat erleichtert. »Und ich dachte schon, einer von den Taschendieben am Alex hätte sie mir abgeluchst. Hatte mich
     schon auf ein Wochenende ohne Geld eingestellt.«
    Er steckte die Geldbörse wieder ein und ging zur Tür.
    »So, wir sehen uns dann morgen.«
    Zwei Tage

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