Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
besuchen wollen …«
    Rath wurde hellhörig. »Ich habe noch nicht gefrühstückt«, sagte er. »Vielleicht sollten wir eine Kleinigkeit zusammen essen.«
    »Kommense bloß nich nach Neukölln!« Die Stimme klang erschrocken, obwohl sie nur leise durch den Hörer kam.
    »Ich hatte nicht vor, dich zu besuchen. Wir gehen aus.«
    »Aber nich am Alex, da kennen mich zu viele.« Krajewski flüsterte immer noch. Er war nur mühsam zu verstehen. »Das Grinzing im Haus Vaterland . Da jehn nur Touristen hin.«
    Rath kannte den Laden. Mit der U-Bahn konnte er in einer Viertelstunde dort sein.
    »Einverstanden. Halb neun?«
    »Halb neun. Und Sie zahlen!«
    »Das entscheide ich nach dem Essen.«
    Er legte auf und griff nach Hut und Mantel.
    Jänicke blickte überrascht auf. »Das war aber ein kurzes Gastspiel.«
    »Schon vergessen, dass heute Feiertag ist? Wenn der Onkel kommt, sag ihm, ich bin unterwegs. Mal eben was überprüfen.« Er
     zwinkerte genauso verschwörerisch, wie er es an Weinert nicht leiden konnte. Der Kleine sollte denken, er träfe sich mit einer
     Frau. »Bin in ein, zwei Stunden wieder da.«
    Das Haus Vaterland war ein riesiger Vergnügungstempel in der Nähe des Potsdamer Platzes. Alles unter einem Dach: ein großes Kino, mehrere Kneipen
     und Restaurants, vom türkischen Café bis zur Wildwest-Bar. Die Berliner mieden das Vaterland , dennoch herrschte dort jeden Abend ein unglaublicher Rummel. Rath dachte daran, wie er seinen ersten Abend in der fremden
     Stadt in der Rheinterrasse im Vaterland verbracht hatte – wo es nicht einmal Kölsch gab, nur viel zu süßen Wein. Und weinselige reifere Frauen, die Jagd auf alleinstehende
     Männer machten. Nach diesem ernüchternden Abend war er nicht mehr im Haus Vaterland gewesen.
    Morgens war hier nicht viel los. Wenigstens musste Rath um diese Uhrzeit noch keinen Eintritt berappen, um den Komplex überhaupt
     betreten zu dürfen. Abends war das hier üblich. Die Touristen staunten nicht schlecht, wenn sie dann an der Kinokasse gleich noch einmal zahlen durften. Das Grinzing wollte aussehen wie ein Wiener Heurigenlokal, weniger wie ein Kaffeehaus. Künstliches Grün rankte die Wände hoch, Lampions
     hingen an der Decke. Als Rath das Lokal betrat, saß Franz Krajewski an einem weiß gedeckten Tisch, vor sich eine Tasse Kaffee
     und ein Glas Weißwein. Der Mann zog nervös an seiner Zigarette. Rath setzte sich zu ihm und legte seinen Hut auf den Tisch.
     Er hatte nicht vor, lange zu bleiben.
    »Schon beim Frühstück?«, fragte er.
    Krajewski lächelte gequält. »Immer humorvoll, dein Freund und Helfer!« Er schwieg einen Moment, bevor er fortfuhr. »Sie können
     mir nen Jefallen tun«, sagte er.
    Rath sagte nichts. Sein Schweigen machte Krajewski nervös. Er redete weiter.
    »Man hört, det da irjendwat im Busch is. Ihr plant irjendwat Jroßet, hab ick recht?«
    Es war erstaunlich, wie gut der Buschfunk in dieser Stadt funktionierte. Durch irgendeine lecke Stelle in der Burg musste
     etwas von der geplanten Razzia gesickert sein.
    »Was meinst du, wer hier wem etwas erzählt? Das Spiel läuft anders, das solltest du eigentlich wissen. Erzähl du mir etwas,
     und vielleicht bekomme ich dann so gute Laune, dass ich sogar dein Frühstück bezahle.«
    »Ick weeß, wie det Spiel looft, ick erzähl Ihnen ja ooch wat. ’ck hab nur keene Lust, von Ihre Kollejen irjendwo injesammelt
     zu wer’n. Bringt Ihnen ja ooch nix, wenn ick im Kahn sitze.«
    Rath sagte nichts. Seine Hände spielten mit einem kleinkalibrigen Projektil, das er aus der Tasche geholt hatte.
    Krajewski hob beschwichtigend die Hände. »Is ja jut Meester, ick erzähl ja schon. Aber meine Worte solltense sich trotzdem
     durch ’n Kopp jehen lassen.«
    Krajewski schwieg, als der Kellner an ihren Tisch trat und Raths Bestellung aufnahm. Er sprach erst weiter, als sie wieder
     allein waren.
    »Also, wennse ’ne interessante Kinovorführung besuchen wollen: Sonnabend. Um zwölfe.« Er beugte sich vor und sprach noch leiser. »Die Pille , ’n jeheimet Kellerlokal in der Motzstraße, janz nah bei’n Nollendorfplatz. Und da issen Hinterzimmer, da jeht’s an den Abend
     rund, wa.«
    Rath steckte die Pistolenkugel zurück in seine Brieftasche. »Hört sich gut an«, meinte er. »Aber wenn du mir Scheiß erzählt
     hast, gibt’s Ärger. Wenn wir da am Samstag erscheinen und nichts finden, dann geh ich davon aus, dass du uns verpfiffen hast,
     ist dir das klar?«
    Krajewski nickte. Der Kellner kam und

Weitere Kostenlose Bücher