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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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auch nicht zum Nachteil gereichen. Es würde sein Rückgrat stärken, seine Fähigkeiten verbessern. Auch Potter selbst war es früher nicht nur einmal ganz ähnlich ergangen. Er griff wieder zum Telefon und erteilte seine Anweisungen.
     
     
CIA-Hauptquartier, Langley
    Die Verwaltungsabteilung, für die Außenwelt absolut uninteressant, war das oft sträflich unterschätzte Nervensystem der CIA. Ohne sie passierte gar nichts. Angefangen von der Bestellung von Bleistiften bis zur Überweisung der Gehälter, von der Suche nach Wanzen bis zur Durchführung eigener Geheimoperationen trat die Verwaltungsabteilung auf jeder Ebene der Firma in Erscheinung – wenn man wusste, wo man nachsehen musste.
    Sie führte Geldwäscheoperationen durch und bediente sich falscher Firmen und Bankkonten, um Mantel-und-Degen-Aktionen der Einsatzabteilung zu finanzieren. Sie nahm bei Angestellten Lügendetektor-Tests vor, um Schläfer, Maulwürfe und all jene ausfindig zu machen, die anfällig dafür waren, von der Gegenseite umgedreht zu werden. Ihre psychologische Abteilung erstellte Persönlichkeitsprofile von Staatsmännern wie Wladimir Putin und von Terroristen wie Osama bin Laden. Sie analysierte sogar Proben der Betreffenden – von ihren Fingernägeln bis zu ihren Ausscheidungen –, um gesundheitliche Probleme aufzudecken, die ihre Entscheidungen oder Lebenserwartungen beeinflussen konnten.
    Als Leiter der Verwaltungsabteilung nahm Walter Jaffa seine Pflichten sehr ernst. Er stand an der Spitze des Langley-Managements, und jedes Mal, wenn er an den fensterlosen weißen Büros seiner verschiedenen Spezialabteilungen vorbeiging, spürte er einen Anflug von Stolz. Er mochte seine Religion, und er mochte seine Frau und seine Kinder. Er freute sich an seinem Erfolg, seiner Arbeit und der Firma.
    Er betrat sein Büro und setzte sich in den bequemen Sessel hinter seinem von Papieren übersäten Schreibtisch. Es war fast sechs Uhr, eine Zeit, zu der er gelegentlich solche Gedanken hatte. Die meisten Arbeitstage mit einem Gefühl spiritueller Erfüllung zu beenden war in diesen hektischen Zeiten eher ungewöhnlich. Mit einem trinkenden Vater und einer schwer schuftenden Mutter in der windgepeitschten Prärie South Dakotas aufgewachsen, hatte er sich das Studium an der University of South Dakota selbst finanziert, indem er in Vermilion und Sioux City kellnerte und in den glühend heißen Sommern auf einem Mähdrescher arbeitete. Was damals zählte, war nacktes Überleben, und das bedeutete, Karriere zu machen. Inzwischen spielte in seinem Leben Spiritualität eine zentrale Rolle. Zu seinen Freunden zählte er nur streng gläubige Katholiken und extrem konservative Kirchenanhänger – alles Mitglieder der Organisation Opus Dei.
    Sein Telefon läutete. Eines seiner Telefone. Aber nicht das, das normalerweise läutete. Jaffa sah es an – sein Direktanschluss, auf dem ihn nur die wirklich wichtigen Leute, vom stellvertretenden CIA-Direktor an aufwärts, anriefen. Er straffte den Rücken, nahm den Hörer ab und verlieh seiner Stimme etwas Festes, Energisches.
    »Hier Jaffa.«
    »Und? Macht Ihnen Ihr Job Spaß, Walter?«
    Jaffa erkannte die Stimme nicht – sie war blechern und schien aus großer Entfernung zu kommen, als würde sie auf mechanischem Weg unkenntlich gemacht. Der Direktor der Verwaltungsabteilung erhielt keine solchen getarnten Anrufe. Er tastete unter seinem Schreibtisch nach dem Knopf, mit dem er die Sicherheitsabteilung eine Fangschaltung hätte vornehmen lassen können.
    »Berlin, 1989«, fuhr die unkenntlich gemachte Stimme fort. »Damals noch West-Berlin, um genau zu sein. Es gab da ein Mädchen …«
    Jaffas Finger drückte nicht auf den Knopf. Stattdessen kam seine Hand langsam wieder auf den Schreibtisch hoch. Ihm trat Schweiß auf die Stirn.
    »Sie hieß Elsa Klugmann«, fuhr die blecherne Stimme fort. »Sechzehn Jahre alt. Schwanger. Von Ihnen. Ihr Vater war ein hohes Tier beim BND – ein strenger, unnachsichtiger Mann, mit dem sich niemand anlegen wollte …«
    Ihr Vater. Walter Jaffa sah immer noch sein Bulldoggengesicht vor sich, seine eisige Unnachsichtigkeit. Damals hatte sich der Bundesnachrichtendienst, kurz BND, allmählich wieder von den Nachwirkungen des politischen Skandals in Zusammenhang mit dem Rücktritt Willy Brandts zu erholen begonnen, nachdem einer von dessen engsten Mitarbeitern als Stasi-Agent enttarnt worden war. Nach dieser Blamage hatte der BND andere Saiten aufgezogen und wurde ebenso

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