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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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seine blaue Pille vor einer Stunde genommen. Normalerweise war das mehr als genug Zeit, aber heute war er sich nicht sicher. Die Scheiben der hohen Fenster schienen leicht zu beben, so schwer drückte die Abendhitze gegen sie. Über dem Bett kreiste träge ein großer Deckenventilator, und eine Weile schien es, als hätte es Okeanos an einen exotischen Ort in Fernost verschlagen … vielleicht ins menschenwimmelnde Peking oder ins farbenprächtige Shanghai, wo Eisner-Moulton gerade eine neue Pkw- und Lkw-Fertigungsanlage in Betrieb nahm und wo er sich mit den reizvollen Wachstumsaussichten befassen konnte.
    Zwanzig Jahre zuvor war er in Europas Wirtschaftskreisen als Wunderkind gefeiert worden. Er hatte die westdeutschen Eisner-Motorenwerke fast über Nacht saniert und aus einer Firma, die klapprige Limousinen produzierte, ein Unternehmen geschaffen, das windschnittige Gefährte mit kraftvollen Motoren herstellte und der enormen Nachfrage kaum mehr gerecht werden konnte. Danach war das Imperium rasch gewachsen. Er hatte es geschickt verstanden, auf wirtschaftliche Krisen zu reagieren und Änderungen im Verbrauchergeschmack herbeizuführen und auf diese Weise Eisner zu einem internationalen Großkonzern auszubauen, der Pkws, Nutzfahrzeuge und Flugzeuge herstellte. In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts kaufte er die Clarke Motor Company auf, eine in Schwierigkeiten geratene US-Firma, die Luxuslimousinen produzierte, und fusionierte dann mit dem französischen Lkw-Hersteller Moulton. Inzwischen baute Eisner-Moulton auf der ganzen Welt Fahrzeuge aller Art.
    Aber jetzt waren der Konzern – und er – in Schwierigkeiten geraten, und dies hauptsächlich deshalb, weil er davon ausgegangen war, die Weltwirtschaft würde weiter boomen. Wer hätte schon einen derart drastischen Konjunkturrückgang erwartet? Und was noch schlimmer war, dass er so lang anhalten würde?
    Im Januar hatte er die Verluste einer Elektronik-Tochter von Eisner-Moulton auf andere Unternehmenszweige umlegen müssen. Der Preis dafür war ein schmerzhafter Verlust von 1,1 Milliarden Euro. Im März musste er feststellen, dass die Automobilunternehmen von Eisner USA doppelt so hohe rote Zahlen schrieben, wie seine Wirtschaftsexperten prognostiziert hatten. Nicht viel später kam der dritte Schlag: Im Mai hatte er Koekker Air abstoßen müssen, den angeschlagenen holländischen Flugzeughersteller, an dem Eisner-Moulton mit 51 Prozent beteiligt war. Als Folge davon meldete Koekker Konkurs an, und Eisner-Moulton stand ein weiterer Verlust ins Haus, diesmal in Höhe von beängstigenden 4,2 Milliarden Euro. Gerade erst hatte er erfahren, dass eine weitere Tochter, Truckliner America, Verluste von fast einer Milliarde Euro einfahren würde. Insgesamt waren das Verluste von 8,3 Milliarden, und das Jahr war noch kaum zur Hälfte vorüber.
    Okeanos sprang auf und schritt wütend auf und ab. Seine Gedanken kreisten um Claude de Darmond. Er hatte sich darauf verlassen, dass de Darmond Eisner-Moulton ohne großes Aufheben einen Kredit gewähren würde, um über diese Krise hinwegzukommen und, vor allem in Osteuropa, neue Absatzmärkte schaffen zu können. Er brauchte dieses Kapital dringend. Er dachte an die Probleme der Citibank mit dem Justizministerium, an die Geldwäschevorwürfe gegen die Bank of America, die internen Querelen bei der Deutschen Bank. Wo könnte er eine Bank finden, die groß genug, verständnisvoll genug und gesund genug war –
    »Christian«, gurrte Cecily.
    Okeanos – Christian Menchen – hob den Kopf. Blond und in irgendein durchsichtiges Etwas gehüllt, kam Cecily aus dem Bad getänzelt.
    Erleichtert spürte er, wie sein Herz aufgeregt schneller zu schlagen begann. Cecily drehte unter der reich verzierten Stuckdecke eine Pirouette. Sie übte eine Faszination auf ihn aus, wie sie nur ganz jungen Frauen zu eigen ist, die sich und ihre Wirkung noch nicht kennen. Mit einem scharfen Einatmen betrachtete er den Faltenwurf des durchsichtigen Materials. Und das Tattoo auf ihrer linken Pobacke – ein gekringelter Schlangenschwanz. Er konnte sie von da, wo er stand, riechen, den Duft von Moschus und Veilchen. In Gedanken sah er die fünf Stellen auf ihren Geschlechtsteilen, auf denen sie das teure Parfum aufgetragen hatte.
    Ihn durchströmten heftige Hitzewallungen, aber er rührte sich nicht von der Stelle. Er genoss diese köstliche Qual.
    Sie hob ihr luftiges Negligé, drehte sich, gestattete seinem Blick, dem blaugrünen

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