Der Nautilus-Plan
schwer hätte sehen können.
»Sarah?« Ashers geflüsterte Frage schien von weither zu kommen.
»Du kannst jetzt rauskommen.« Sie machte Platz und beschrieb ihm die Umgebung.
Ächzend zwängte er sich darauf durch die Öffnung. Er war jedoch wesentlich breiter gebaut als Sarah und stieß mit der Schulter gegen den Stein, sodass er ins Rollen kam. Erschrocken warf Sarah sich auf ihn, aber er kullerte unaufhaltsam weiter und riss sie mit sich, bis sie endlich mit einem stechenden Schmerz in der Brust von ihm fiel. Von der Schwerkraft immer stärker beschleunigt, rollte der Stein mit wilden Sprüngen den Abhang hinunter.
Sekunden später kauerte Asher neben ihr. »Das war nicht so schlau.« Er beobachtete, wie der Stein krachend durch ein paar Büsche schlug. »Tut mir Leid. Bei dir alles in Ordnung?«
»Ja. Ich bin nur sauer, dass ich ihn nicht aufhalten konnte.« Sie ging wieder in die Hocke.
Angespannt beobachteten sie, wie der Stein weiter den Abhang hinunterpolterte. Die Vögel hörten zu singen auf. Stille legte sich über die Landschaft. Schließlich krachte der Stein in ein dichtes Ginstergebüsch und blieb darin liegen. Die plötzliche Stille dröhnte in ihren Ohren. Sie sahen sich gegenseitig an und warteten. Aber nichts deutete darauf hin, dass jemand etwas gehört oder gesehen hatte.
Sarah sprang auf. »Um die Ecke dort habe ich mehrere Autos gehört. Wir sollten zusehen, dass wir möglichst schnell von hier wegkommen. Glaubst du, du bist schon fit genug, um ein Auto zu knacken?« Sie reichte Asher die Hand.
Er ergriff sie und richtete sich auf. »Lässt die Katze das Mausen sein?« Er sah ihr ernst in die Augen. »Noch haben sie uns nicht.«
»Und sie werden uns auch nicht kriegen.« Sie huschte um die Ecke auf einen gepflasterten Weg, der um den Südflügel führte.
Als sie um die nächste Ecke bog, blieb sie verdutzt stehen und zog sich rasch hinter einen großen Busch zurück, der in Form eines Elefanten zurechtgeschnitten war. Sie spähte dahinter hervor. Unter einem säulengestützten Vordach waren mehrere livrierte Hoteldiener mit weißen Handschuhen Gästen beim Aussteigen aus ihren Limousinen behilflich. Auf der Terrasse darüber standen mehrere elegant gekleidete Männer und Frauen, die alle in eine bestimmte Richtung schauten. Als Sarah ihren Blicken folgte, stellte sie fest, dass sich vor dem Eingangstor der Hotelanlage ein riesiger Menschenauflauf gebildet hatte. Megaphonverstärkte Parolen und laute Protestrufe drangen den Hügel herauf.
Als Asher sie keuchend einholte, hielt er einen faustgroßen Stein in der Hand. Er hatte diesen entschlossenen Blick, der von einem Moment auf den anderen tödlich werden konnte. Als er sah, was unten am Eingangstor los war, bekam er große Augen. »Was zum Teufel soll das …«
»Psst. Hör lieber zu.« Sarah zeigte nach oben, wo sich zwei Männer weit über das Geländer gebeugt hatten, vermutlich, um die Demonstration besser beobachten zu können.
»Haben diese Leute eigentlich die leiseste Ahnung, wogegen sie da überhaupt protestieren?«, fragte einer von ihnen mit unüberhörbar amerikanischem Akzent. »Auch nur ansatzweise? Hat einer von denen auch nur einen Funken Verstand im Kopf?« Unwirsch und gereizt warf er sich dann sein Sakko über die Schulter und nahm einen Schluck von seinem Martini.
Sein Begleiter bemerkte: »Leider machen sich diese Leute vollkommen falsche Vorstellungen von unseren Plänen und Zielen. Sie denken, wir würden ganze Nationen ruinieren.« Sein Akzent war französisch. Er trug ein Golfhemd und eine tadellos sitzende Leinenhose und trank aus einem Highball-Glas.
Der erste Mann schnaubte. »Tatsächlich? Was für Dummköpfe. Vor fünfzig Jahren gab es nur siebzig Länder. Inzwischen sind es über zweihundert. Hört sich das etwa so an, als würden wir ganze Nationen ruinieren?«
»Sie wissen ja, was man über Führerpersönlichkeiten sagt. Wenn man an der Spitze der Herde steht, ist die Sicht besser. Das Problem ist nur, dass der Rücken dann ziemlich ungeschützt ist.«
Die beiden Männer lachten.
»Jedenfalls ist es schön, Sie wiederzusehen, Walter«, sagte der zweite Mann. »Sollten wir diese Begegnungen wirklich nur auf die Nautilus-Treffen beschränken?«
Als sich die beiden Männer zurückzogen, wandte sich Asher Sarah zu.
»Nautilus?«, murmelte er. »Sagt dir der Name Nautilus etwas?«
»Nein, sollte er das?«
»Also wirklich, das ist ja ein Ding. Dass wir ausgerechnet hier gelandet sind! Das kann
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