Der Nautilus-Plan
sich Sorgen zu machen.
Schon dreimal hatte er sich noch tiefer in sein Versteck zurückziehen müssen, weil gefährlich nah Wachmänner an dem Busch vorbeigekommen waren. Nachdem jetzt auch noch Blitz und Donner die dicken schwarzen Wolken spalteten, schien das Lärmen der Demonstranten an Intensität zuzunehmen. Vorsichtig spähte Asher unter dem tropfenden Busch hervor zur Straße hinab. Der riesige rosafarbene Ballon in Form eines Schweins, der im Wind immer stärker zu schwanken begann, sah mehr wie ein verängstigtes Ferkel aus. Obwohl sich die Demonstranten in Plastikplanen gehüllt hatten, waren sie in kürzester Zeit bis auf die Haut durchnässt, und ihre Mienen wurden noch finsterer.
Aus verschiedenen Gesprächsfetzen, die Asher aufgeschnappt hatte, ging hervor, dass es ein entmutigender Tag für sie gewesen sein musste. Trotz ihrer zahlenmäßigen Stärke war es ihnen nicht gelungen, die Reihen der Polizei zu durchbrechen oder auch nur einen Konferenzteilnehmer am Betreten der Hotelanlage zu hindern. Was zunächst nach einem triumphalen Erfolg ausgesehen hatte, wurde zu einer bitteren Niederlage. Asher konnte fast spüren, wie die Frustration der Demonstranten wuchs und ihre Stimmung immer mehr in den Keller sank.
Dann sah er, dass eine Reihe von Gegendemonstranten eingetroffen waren.
Provozierend langsam fuhr ein Auto an der langen Reihe durchnässter, der Witterung schutzlos ausgelieferter Demonstranten vorbei. Seine Insassen machten obszöne Gesten. Ein zweites Auto folgte im selben behäbigen Tempo. Aus ihm kamen neben den gleichen provozierenden Gesten auch noch laute Schmährufe, die bis zum Hotel herauf drangen.
»Geht nach Hause, ihr Arschlöcher!«
»Verlierer! Verlierer! Verlierer!«
Ein dritter Wagen folgte.
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Ein wütender Blitz schien die Menschenmassen zu durchzucken. Mit einem gewaltigen Aufschrei sprangen die tausende von Demonstranten wie ein Mann auf und stürmten los. Sie umringten die drei Autos, wuchteten sie hoch und kippten sie so mühelos um, als handelte es sich dabei um Spielzeugautos. Dann wälzte sich die Menschenmasse wie eine Flutwelle auf die Polizisten und Wachleute zu.
Die Sicherheitskräfte, die sich bereits in dem sicheren Glauben gewiegt hatten, die Gefahr sei überstanden, waren nicht auf diesen Ansturm vorbereitet und schafften es nicht mehr, von anderen Waffen als von ihren Schlagstöcken Gebrauch zu machen. Nachdem ihre Reihen einmal durchbrochen waren, blieb ihnen nichts mehr übrig, als in kleinen Haufen zurückzuweichen, während die Demonstranten wie ein Belagerungsheer bei der Einnahme einer verhassten Festung unter lautem Triumphgeschrei durch das Tor und über die Mauern stürmten.
Die auf dem Hotelgelände postierten Polizisten und Sicherheitskräfte verließen ihre Posten und rannten den anstürmenden Demonstranten entgegen. Sie waren ihnen jedoch hoffnungslos unterlegen und wurden wieder die Anhöhe hinaufgedrängt.
Asher ging in Deckung und wartete, bis das Sicherheitspersonal an seinem Versteck vorbei war. Als er schließlich unter dem Busch hervorkam, war er vollkommen allein. Während er sich noch besorgt fragte, wo Sarah sein könnte, blieb sein Blick auf den langen Reihen von Limousinen und Lieferwagen auf dem Parkplatz haften. Rein statistisch betrachtet, musste in mindestens einem von ihnen ein Handy sein. Angesichts der Beliebtheit von Autotelefonen konnte es sogar ein Dutzend sein. Er zwang sich, schneller zu laufen, als seine Wunde zuließ. Er hielt sich die Seite und beschloss, sich erst einmal in Ruhe ein paar Minuten umzusehen. Wenn Sarah dann immer noch nicht zurück wäre, würde er nach ihr suchen.
EINUNDFÜNFZIG
Als Liz ins Foyer zurückkam, sah sie zu ihrer Überraschung, wie die Hotelgäste mit ihren Drinks an die hohen Glastüren eilten und den Hügel hinunterspähten. Die Hotelhalle war von einem aufgeregten, vielsprachigen Stimmengewirr erfüllt. Von überallher schienen plötzlich Sicherheitskräfte in Zivil und Uniform aufzutauchen. Sie eilten mit gezogenen Waffen auf die Ausgänge zu. Das alles deutete darauf hin, dass etwas Folgenschweres passiert war, aber wegen des Menschenauflaufs vor den Fenstern konnte Liz nicht erkennen, was es war.
Neugierig rannte sie zwischen Bar und Souvenirladen hindurch auf die Terrasse hinaus, wo die letzten Regentropfen geräuschvoll auf den Boden klatschten und ihre Hose nass spritzten. Sie zwängte sich zwischen zwei an der Balustrade stehende
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