Der Nautilus-Plan
Überzeugung, dass die CIA infiltriert worden war. War die Frau, die sie vor dem Hôpital Américain gesehen hatte, die Verräterin? Oder vielleicht sogar Mac? Oder hatte jemand den Piloten bestochen, die Ankunft der Maschine zu melden, damit ihr der Killer vom Flughafen in die Stadt folgen konnte? Es war auch nicht auszuschließen, dass es jemand war, der in Langley eine höhere Position einnahm, oder einer von Macs Spähern und sonstigen Helfern, jemand, den er nicht verdächtigte.
Jedenfalls lief das Ganze darauf hinaus, dass sie Mac nicht mehr trauen durfte. Selbst wenn er nicht selbst der Informant war, musste es jemand aus seiner Umgebung sein.
Sie beschloss, sich dennoch weiter an das Drehbuch zu halten und sich im Hotel als Sarah auszugeben. Vielleicht entdeckte sie ja in ihrem Zimmer irgendwelche Hinweise, und außerdem sollte der Maulwurf nicht merken, dass sie Verdacht geschöpft hatte.
An der Rezeption waren keine Nachrichten für Sarah oder Asher hinterlassen worden. Liz ließ sich Sarahs Zimmerschlüssel geben und ging zum Lift. Das Zimmer befand sich im dritten Stock. Sie betrat es vorsichtig, aber es schien unverändert, so, als ob es Sarah und Asher gerade verlassen hätten. Ihr Koffer lag auf dem großen Bett – das hatte Mac veranlasst. Ein kleines Zimmer, ein großes Bett. Sehr französisch.
Sie kam sich wie ein Eindringling vor, als sie sich umsah; sie hatte hier nichts zu suchen, vor allem nicht mitten in der Liebesaffäre seiner beiden Bewohner. Ein paar Momente gestattete sie sich, an Kirk zu denken, an sich selbst, an seinen Verrat, an die intimen Details, die er Helios möglicherweise erzählt hatte. Wie hatte sie nur so naiv sein können?
Doch dann schlug sie sich das alles aus dem Kopf. Denn jetzt galt es, sich mit Problemen zu befassen, bei denen es um Leben und Tod ging.
Wie Mac sie gebeten hatte, durchsuchte sie das Zimmer gründlich, vom Laptop auf dem Tisch bis zu den Kleidern im Schrank. Aber ihr fiel nichts auf, was ihr zu irgendwelchen Aufschlüssen über Sarahs Entführung oder die Schüsse auf Asher verholfen hätte. Als sie fertig war, öffnete sie ihren Koffer. Ganz oben lag die SIG Sauer, die Mac ihr im Flieger zuzustecken versucht hatte. Sie musste grinsen, denn es war ein Indiz dafür – nicht unbedingt der Beweis –, dass er nicht der Maulwurf war. Sonst hätte er nicht solche Anstrengungen unternommen, ihr eine Waffe zukommen zu lassen. Aber trotz allen Drängens seitens Macs und auch Ashers war sie nicht bereit, eine Waffe zu tragen.
Wieder sah sie sich im Zimmer um. Diesmal blieb ihr Blick auf dem Heizkörper haften. Sie versteckte die Pistole dahinter. Die Stadt war ein Glutofen; niemand käme jetzt auf die Idee, die Heizung anzumachen.
Sich innerlich wappnend, öffnete sie Sarahs Handtasche und fand dort ihren Führerschein und Pass. Sie verstellte den Riemen, damit sie sich die Tasche umhängen konnte, denn das war immer praktischer. Ihre eigene Handtasche wollte sie nicht mehr tragen, seit sie durch den Messerstich beschädigt worden war. Sie nahm die restlichen Gegenstände in Sarahs Tasche in Augenschein: Füller, Bleistift, Make-up, Kamm und Geldbörse. Nachdem sie den Inhalt der Geldbörse inspiziert hatte, packte sie alles in die Handtasche zurück, einschließlich ihrer eigenen Geldbörse und ihres Lippenstifts.
Mit dem Handy, das Mac ihr gegeben hatte, ging Liz zum Fenster, drückte sich, damit sie nicht gesehen würde, seitlich davon mit dem Rücken an die Wand und spähte auf die Straße hinunter. Eine Seite der belebten Kreuzung konnte sie gut überblicken. Von Mac keine Spur. Trotzdem wusste sie, dass er irgendwo dort unten sein musste und alles beobachtete. Es war ein seltsames Gefühl, beschützt zu werden. Das war schon lange nicht mehr so gewesen. Und dennoch durfte sie Mac nicht ganz trauen.
Sie beobachtete die Passanten, die Kaffeetrinker, die an kleinen Tischen auf dem Bürgersteig saßen, die zwei Frauen auf der Bank an der Bushaltestelle, die Fußgänger an der Kreuzung, die darauf warteten, dass die Ampel grün wurde … doch ihr Blick kehrte wieder zu der Bank zurück, denn dort saß die Frau, die sie vor dem Krankenhaus gesehen hatte. Sie hatte dieselbe Galeries-Lafayette-Tüte zwischen ihren Beinen stehen. Mit ihrem rotbraunen Lippenstift machte die untersetzte Frau einen gepflegten, aber biederen Eindruck. Wie es aussah, hatte Mac in ihr eine gute Agentin.
Schließlich wählte Liz auf ihrem Handy Kirks Nummer. Es wurde Zeit, ihn
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