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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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bemächtigte sich ihrer, und ihre Haut fühlte sich plötzlich glühend heiß an. Irgendjemand hatte verhindern wollen, dass sie mit den zwei Männern redete. Kirk und der Dekan hatten den höchsten Preis gezahlt für das, was sie wussten und von dem jemand nicht wollte, dass sie es herausfand. Aber sie würde sich durch die Ermordung der beiden nicht aufhalten lassen.
    Entschlossener denn je versuchte sie, nicht mehr länger an die Vorfälle in Santa Barbara zu denken, sondern überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Ihre Mutter war diejenige, die am ehesten von den Aufzeichnungen gewusst haben könnte. Wenn sie allerdings nicht einmal Liz von ihnen erzählt hatte, hatte sie sicher auch niemand anderem von ihnen erzählt … außer vielleicht einem ihrer Brüder. Ja, vielleicht Mark Childs, der zusammen mit Melanie ums Leben gekommen war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Melanie jemandem von den Aufzeichnungen erzählt hätte, solange sie noch am Leben war. Aber im Angesicht des Todes …
    Bei dieser Gelegenheit könnten die Aufzeichnungen jemand anderem in die Hände gefallen sein. Mark hatte in London gelebt, und so viel Liz wusste, lebte seine Ex-Frau immer noch dort. Liz rief die Auskunft an und fragte nach der Nummer von Patricia (»Tish«) Warren Childs. Es existierte kein Eintrag. Überrascht bat Liz den Operator, es noch einmal zu versuchen, aber das Ergebnis blieb das gleiche.
    Sie löste sich von der Wand, startete Sarahs Laptop und versuchte es im Internet. Eine Telefonnummer konnte sie auch hier nicht finden, aber eine Adresse im Londoner East End. Keine gute Adresse. War Tish Childs etwa so tief gesunken?
    Das würde sie in Kürze herausfinden, aber zunächst brauchte sie eine Verkleidung, um das Hotel verlassen zu können, ohne dass Mac oder die Frau es merkten. In ihrem Koffer fand sie einen weiten braunen Hosenanzug, den Mac für sie eingepackt hatte. Ein typischer Fehlkauf, den sie nie gemocht hatte, weil er ihr nicht richtig passte. Aber jetzt war er genau richtig, denn er ließ sie kleiner und breiter erscheinen, als sie tatsächlich war. Sie zog den Hosenanzug und ein Paar von Sarahs Schnürschuhen an, schminkte sich ab und setzte Sarahs große runde Computerbrille auf, deren ungeschliffene Gläser mit einer Spezialbeschichtung gegen Bildschirmspiegelungen versehen waren. Unter Ashers Sachen fand sie eine Baskenmütze, die sie sich über ihr kurzes Haar zog.
    Als sie so vor dem Spiegel stand, ließ sie die Schultern hängen und knickte in den Hüften ein. Mit Brille, Baskenmütze und dem breit machenden Hosenanzug sah sie aus wie eine verschüchterte graue Maus, die absolut harmlos wirkte. Aber genügte das?
    Das herauszufinden, gab es nur eine Möglichkeit. Sie schnappte sich Sarahs Umhängetasche, packte das Handy hinein und verließ das Zimmer. Gleichzeitig stellte sie sich bereits auf die neue Rolle ein, die sie zu spielen gedachte.
    Unten im Foyer huschte sie in das leere Restaurant des Hotels. Fürs Mittagessen war es zu spät, fürs Abendessen zu früh. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie zielstrebig durch die Küche marschierte und durch das runde Fenster in der Tür auf den Hinterhof hinausspähte.
    Unerfreulicherweise machte sich dort ein stämmiger Mann ohne großen Eifer an den Mülltonnen zu schaffen. Sie beobachtete ihn eine Weile. Entweder war der Kerl stinkfaul, oder er observierte jemanden. Die Sûreté, die CIA, die Kidnapper … oder die Killer?
    Da die Frau an der Bushaltestelle sie sicher bemerkt hätte, wollte sie das Hotel auf keinen Fall durch den Vordereingang verlassen. Aber möglicherweise konnte sie durch die Tiefgarage unbemerkt ins Freie gelangen. Wenn allerdings der Hinterausgang des Hotels observiert wurde, wurde vermutlich auch die Garageneinfahrt überwacht. Sie hatte also nichts zu gewinnen, wenn sie das Unvermeidliche hinausschob.
    Entweder erfüllte die Verkleidung ihren Zweck oder nicht.
    Sie sammelte sich kurz. Dann zog sie ihr Kinn zurück, damit es kleiner aussah, nahm ihre Graue-Maus-Haltung ein und öffnete die Tür. Ganz verhuscht schlüpfte sie nach draußen. Aus dem Augenwinkel sah sie den Mann in seiner Beschäftigung innehalten und zu ihr herüberschauen.
    Ihre Nackenhaare stellten sich auf, als sie darauf wartete, dass er sie zurückrief, auf sie zulief, einen Schuss abgab … Doch dann hörte sie hinter sich ein Knirschen. Als sie kurz hinter sich blickte, sah sie, wie er eine weitere Mülltonne über das Kopfsteinpflaster schob.

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