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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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Er hatte kein Interesse mehr an ihr. Die Verkleidung hatte ihren Zweck erfüllt, dachte sie triumphierend, allmählich selbstbewusster. Das war schon mal ein guter Anfang. Offensichtlich war sie noch nicht aus der Übung.
    Als sie aus der Durchfahrt kam, wandte sie sich nach links, fort von der Kreuzung. Sie kam an einer mit Plakaten beklebten Wand vorbei, blieb aber nicht stehen, obwohl ihr eines davon sofort ins Auge stach. Es war eine Ankündigung des Cirque des Astres, des kleinen Wanderzirkus, den sie und ihre Eltern vor Jahren einmal als Tarnung benutzt hatten. Eine Flut von Erinnerungen brach über sie herein. Doch sie ließ sich nicht von ihnen fortreißen, sondern eilte auf ein Taxi zu, das sie ein Stück weiter entdeckt hatte.
    »Je voudrais de Gaulle, s’il vous plaît« , sagte sie zum Fahrer.
    Beim Einsteigen schaute sie sich unauffällig um. Von Mac oder der Frau war nichts zu sehen. Trotzdem war ihr nicht wohl bei der Sache. Um nach einem Schatten Ausschau halten zu können, setzte sie sich schräg in eine Ecke, als das Taxi losfuhr.

VIERZEHN
Anruf in Brüssel
    »Hier Hyperion.«
    »So früh schon? Ist etwas passiert? Wo sind Sie?«
    »Auf dem Weg zu meinem château . Ich würde gern über etwas reden, was für uns beide von größter Wichtigkeit ist, Kronos.«
    »Sie hören sich sehr überzeugt an.«
    »Aber sicher. Wie es aussieht, kann ich Ihnen vielleicht sagen, wer der Erpresser ist.«
    »Oh! Sie können meiner ungeteilten Aufmerksamkeit gewiss sein. Wer?«
    »Noch nicht, Kronos. Aber wenn alles so kommt, wie ich glaube, werde ich Ihnen den Namen in Kürze mitteilen können. Allerdings unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?«
    »Absolute Geheimhaltung. Niemand darf erfahren, dass ich die Quelle bin. Sind Sie mit dieser Abmachung einverstanden?«
    »Interessant. Werden Sie erpresst, Hyperion?«
    »Das tut dabei nichts zur Sache.«
    »Ist dieser Erpresser jemand, den wir beide kennen?«
    »Ich werde nicht weiter darüber sprechen. Also was ist? Steht unsere Abmachung? … Kronos? Sind Sie noch dran?«
    »Ja, natürlich. Abgemacht. Ich freue mich schon auf Ihren Anruf. Aber seinen Sie vorsichtig, Hyperion. Der Mann, der die Aufzeichnungen hat, ist ein Killer. Aber das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen, oder?«
     
     
London
    Das Londoner East End, noch nie als wohlhabende Gegend bekannt, war im Zuge der Globalisierung noch mehr unter die Räder gekommen. Die wirtschaftlichen Umstrukturierungen, die allerorts die Mittelschicht ausbluten ließen, fanden hier in heruntergekommenen Häusern und dichtgemachten Geschäften ihren Niederschlag. Liz kam an fünf Läden in Folge vorbei, die allesamt mit Brettern vernagelt waren. Vor den Pubs des Viertels standen Männer und Frauen, alle mit einem Bierglas in der Hand, ihre Zigaretten bis auf den Filter herunter geraucht. Auf den Straßen herrschte dichter Verkehr, und Menschen mit stumpfen Gesichtern trotteten müde nach Hause.
    Obwohl sie keinen Schatten hatte entdecken können, wurde Liz das Gefühl nicht los, die ganze Zeit observiert worden zu sein. In Heathrow hatte sie auf einer Toilette erneut ihr Aussehen verändert, damit sie nicht mehr genau wie die Frau aussah, die aus Paris abgereist war. Die Hose des hässlichen Hosenanzugs hatte sie anbehalten, aber Baskenmütze, Jacke und Sarahs Sonnenbrille hatte sie in ihrer Umhängetasche verstaut. Sie hatte sich das Haar gekämmt und Wimperntusche und dunkelroten Lippenstift aufgetragen. In ihrem ärmellosen Top und mit ihrer normalen Haltung würde Tish sie auch nach all den Jahren sofort erkennen. Nötigenfalls konnte sie aber auch jederzeit wieder in ihre frühere Tarnung schlüpfen.
    Unauffällig die dämmrige Straße beobachtend, hielt sie nach dem Mietshaus Ausschau, in dem Tish Childs wohnte. Eine Straße weiter entdeckte sie es. Die Eingangstür befand sich in der Durchfahrt. Sie warf einen letzten prüfenden Blick hinter sich. Dann stieg sie die Treppe hinauf und klopfte an die Tür von Tishs Wohnung. Von dem Gemüseladen im Erdgeschoss stieg der Geruch von verfaulendem Obst und Gemüse nach oben.
    Tishs Miene leuchtete überrascht auf, als sie die Tür einen Spalt breit öffnete. Sie war eine müde aussehende Frau Ende fünfzig mit einem flotten roten Schal um den Hals und sorgfältig aufgetragener schwarzer Wimperntusche.
    »Liz, komm rein. Das ist aber eine Überraschung. Eine Tasse Tee? Hab grade Wasser aufgestellt. Ist sofort fertig. Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
    Sie trug

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