Der Nautilus-Plan
waren.
Als er sich dem Schloss näherte, ging das kunstvoll verzierte hölzerne Eingangstor auf und ein von einem Chauffeur gesteuerter Rolls-Royce – ein wunderschöner alter Silver Cloud – glitt nach draußen. Auf dem Rücksitz saß die Baronin. Sie sah genau wie auf dem Foto aus, das er im Internet gefunden hatte – mit grauen Haaren und hartem Gesicht. Der Torwächter zog die Mütze. Die Baronin nickte. Noblesse oblige.
Simon fuhr um den Besitz herum und kam dabei an einem zweiten Tor vorbei, das einem Schild zufolge Lieferanten und Bediensteten vorbehalten war. Er entdeckte mehrere Wachmänner, die entlang der Grundstücksgrenze patrouillierten. Der Besitz war gut bewacht, und es würde nicht einfach, bei Tageslicht hineinzukommen. Er musste sich etwas einfallen lassen.
Rasch fuhr er zur Hauptstraße zurück und weiter nach Chantilly, wo er den Rolls-Royce der Baronin vor ein paar idyllischen Läden stehen sah. Er hängte sich eine Kamera um und brach zu einem kleinen Spaziergang auf. Er sah in jedes Schaufenster und fotografierte die Blumen davor. Als er die Baronin schließlich in der Patisserie entdeckte, betrat er den Laden und bewunderte die pastellfarbenen Meringues in einer Glasvitrine.
»Sie liefern sie doch jetzt gleich ins Château«, sagte die Baronin zu der Verkäuferin.
»Selbstverständlich, Madame.« Die Frau hatte glänzende rote Backen. »Sehr gern.«
Das hörte sich schon wesentlich besser an. Wieder draußen auf der Straße, checkte Simon sein Handy. Es waren keine Nachrichten eingegangen. Er machte es aus und holte ein paar Sachen aus seiner Sporttasche, bevor er sie im Kofferraum einschloss. Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, ging er ganz gemächlich in die Einfahrt der Bäckerei. Als er dort niemanden sah, flitzte er nach hinten und konnte gerade noch rechtzeitig hinter einem Müllcontainer in Deckung gehen, als eine Angestellte mit mehreren Schachteln Gebäck durch den Hinterausgang nach draußen kam. Die hübsche, etwa achtzehnjährige Frau stellte die Schachteln in ein Regal im Laderaum eines Lieferwagens und befestigte sie mit Gummibändern.
Sobald sie die Hecktür geschlossen hatte und wieder in der Backstube verschwunden war, sprintete Simon los, riss die Hecktür auf und sprang in den Lieferwagen. Dann schloss er leise die Tür und kauerte neben den Schachteln nieder. Mit ein bisschen Glück brächte ihn der Lieferwagen in das Schloss. Wie er wieder herauskäme, musste er sich überlegen, wenn es so weit war. Einfallsreichtum war entscheidend für das Überleben eines Agenten.
Endlich wurden wieder Schritte hörbar. Da die junge Frau die Tür des Lieferwagens geschlossen hatte, nahm er an, sie würde sich ans Steuer setzen und losfahren. Stattdessen kam sie wieder auf die Hecktür zu. Wenn sie die Tür aufmachte, würde sie fast mit der Nasenspitze auf ihn stoßen. Ihre Schritte waren leicht, aber auf dem Asphalt deutlich zu hören. Sie blieb an der Hecktür stehen.
Still in sich hineinfluchend kletterte Simon in dem Moment, in dem das Mädchen die Hecktür öffnete, auf den Beifahrersitz und stieß sich dabei am Armaturenbrett die Schulter an. Das Rutschen von Pappe. Das Schnalzen eines Gummibands. Die Tür ging wieder zu, und Simon kletterte seufzend in den Laderaum zurück.
Bevor er sich, seine schmerzende Schulter massierend, ganz auf den Boden gesetzt hatte, sprang die junge Frau auf den Fahrersitz, startete den Motor und fuhr los. Sie rauchte Gauloises und beschleunigte vor jeder Kurve, sodass der Lieferwagen gefährlich ins Schlingern geriet. Während scharfer Zigarettenrauch nach hinten wallte, drehte sie den Motor hoch und holperte so wild über eine Reihe von Unebenheiten, dass Simon sich nicht nur um seine Sauerstoffzufuhr Gedanken zu machen begann, sondern auch um seine Zahnfüllungen. Die Füße gegen die Seitenwand des Lieferwagens gestemmt, hielt er sich mit beiden Händen an einem der Türgriffe fest. Kein Wunder, dass sie die Schachteln mit dem Gebäck festgezurrt hatte.
Schließlich hielt sie vor dem Lieferanteneingang des Château de Darmond an, wechselte ein paar Worte mit dem Wachmann und fuhr in moderatem Tempo, fast bedächtig auf das Schlossgelände. Kies knirschte unter den Reifen, bevor sie schließlich parkte. Sobald sie ausstieg, kletterte Simon auf den Vordersitz.
»Monique! Schön, dich wieder mal zu sehen!«, ertönte eine Männerstimme.
Als Simon sich aufrichtete und durch die Windschutzscheibe spähte, sah er, dass sie mit einem
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