Der Nautilus-Plan
Mann sprach, der eine Kochmütze trug. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie das Gebäck ausladen würde, und bis dahin musste er verschwunden sein. Er rutschte auf die andere Seite des Führerhauses, öffnete geräuschlos die Tür, glitt nach draußen und drückte die Tür wieder zu. Geduckt beobachtete er ihre Füße, die jetzt in seine Richtung zeigten. Endlich wandten sie sich wieder der Küche zu, worauf er losrannte und mit einem gewaltigen Satz hinter den Büschen entlang der Küchenmauer in Deckung ging.
Er nahm eine rasche Bestandsaufnahme vor: Der weiße Lieferwagen stand an der Küchentür. Durch ein offenes Fenster drang der Duft von gebratenem Fleisch. Dahinter war eine Frau mit einer Kochmütze bei der Arbeit. Der Platz vor der Küche ging in einen gekiesten Parkplatz über, der von Vorder- und Rückseite des Châteaus wegen des Halbrunds des Küchenflügels und einer brusthohen Mauer nicht einzusehen war. Der überwiegenden Mehrheit alter Autos nach zu schließen, die hier geparkt waren, handelte es sich um den Parkplatz für die Angestellten.
Nachdem Simon sich noch einmal umgesehen hatte, schlich er im Schutz der Büsche an der Mauer entlang auf die Vorderseite des Schlosses. Als plötzlich drei Gärtner mit Gartenscheren unter einer Baumgruppe hervorkamen, zog er sich hinter einen Stützpfeiler zurück. Einen Augenblick lang bildete er sich ein, unter den Bäumen noch jemanden gesehen zu haben. Vielleicht einen Wachmann.
Endlich verschwanden die Gärtner, und Simon huschte dicht an der Mauer des Châteaus entlang weiter, bis er um einen weiteren Stützpfeiler spähen konnte. Und was er jetzt sah, ließ ihn seine verqualmten Lungen und seine schmerzende Schulter vergessen. Etwa fünf Meter weiter saßen zwei Männer in Anzügen auf einer geschützten Terrasse. Sie speisten wie zwei orientalische Potentaten an einem leinengedeckten Tisch unter einem gestreiften Sonnenschirm, der sie und das Tafelsilber und das Kristall schützte, als hinge am Himmel über dem Schloss eine erbarmungslose Wüstensonne.
Simon erkannte das lange, faltige Gesicht von Baron Claude de Darmond, dessen Stuhl ihm zugewandt war. Sehr gut. Der Herr Baron war beschäftigt. Diese Gelegenheit durfte er sich nicht entgehen lassen. Sicher hatte der Baron irgendwo im Schloss ein Arbeitszimmer, und das wollte sich Simon näher ansehen. In der Hoffnung, der andere Mann würde sich umdrehen, wartete Simon ein paar Minuten. Vielleicht kannte er auch ihn. Aber die beiden Männer waren ganz in ihr Gespräch vertieft und unterhielten sich weiter.
Schließlich gab Simon auf und zog sich zurück. Behutsam öffnete er eine kleine Seitentür, die in einen Gang voller alter Gobelins, Porträts und kleiner Gemälde führte. Die Luft stand vollkommen still. Schwitzend eilte Simon in Richtung Küche und machte rasch den Umkleideraum der männlichen Angestellten aus. Dort fand er, was er suchte – eine Dienerlivree in seiner Größe.
Sobald er sich umgezogen hatte, schnappte er sich ein Silbertablett von einem Stapel neben der Tür, wischte sich den Schweiß von der Stirn und brach, das Tablett auf den Fingerspitzen balancierend, zu einem Erkundungsgang auf.
Die Salons waren voll mit Antiquitäten, alle mit dem edlen Glanz jahrhundertelanger Pflege. Das Esszimmer zierten Löwenfelle, Hirschgeweihe und Gemälde mit Jagdszenen. Er war schon ziemlich weit gekommen, als leise Schritte näher kamen. Er zog sich in eine Kammer zurück, in der es nach Bleichmittel und Bohnerwachs roch.
Als sich die Schritte entfernten, verließ er sein Versteck und setzte seine Suche fort, bis er schließlich im Obergeschoss ankam.
Dort fand er das Arbeitszimmer des Barons, groß genug für die Queen Mary und mit einen herrlichen Blick auf den Park des Châteaus. Vor der Glastür zum Balkon standen ein Louis XIV.-Schreibtisch und eine Anrichte. Auf der linken Seite befand sich ein großer Kamin mit einer opulenten Sitzgruppe. Was den Raum als persönliches Refugium des Bankiers zu erkennen gab, war eine Wand voller Fotos, auf denen er mit allen nur erdenklichen Berühmtheiten zu sehen war – von Henry Kissinger bis zu Maria Callas, von Arnold Schwarzenegger zum ehemaligen englischen Premier John Majors, von beiden George Bushs bis zu weniger prominenten internationalen Wirtschaftsgrößen.
Bei der Beschaffung von Geheiminformationen gilt normalerweise: je kleiner, desto besser. Simon hatte eine winzige Digitalkamera dabei, die aussah wie ein englischer
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