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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Aus­tra­li­en sind zum Bei­spiel Raum­schiffs­tei­le spur­los ver­schwun­den; im Kon­go war es ei­ne Sen­dung Uran. Viel­leicht be­deu­tet das al­les über­haupt nichts, aber … al­so, wenn es ein le­gi­ti­mes Pro­jekt ist, warum dann die­se Ge­heim­nis­tue­rei? Ich brau­che ein paar mehr Leu­te, die mir da­bei hel­fen, die Sa­che wei­ter zu ver­fol­gen. Ir­gend et­was dar­an stinkt.“
    Man­del­baum nick­te. So et­was wie ein ver­rück­tes, un­si­che­res kern­phy­si­ka­li­sches Ex­pe­ri­ment … konn­te das ge­sam­te Ter­ri­to­ri­um ver­wüs­ten. Oder es war ein kom­pli­zier­te­rer Plan. Das war al­les noch un­klar.
    „Sie wer­den Ih­re Leu­te be­kom­men“, sag­te er.

 
18
     
    Früh­som­mer: Das ers­te schüch­ter­ne Grün der Blät­ter ist un­ter dem Zau­ber des Son­nen­lichts und des Wie­gen­lieds des Win­des zu vol­ler Kraft er­wach­sen; es hat vor knapp ei­ner Stun­de ge­reg­net, und ei­ne sanf­te, küh­le Bri­se schüt­telt einen fei­nen Trop­fen­schau­er her­un­ter, der dein nach oben ge­wand­tes Ge­sicht be­netzt wie ein geis­ter­haf­ter Kuß. Ein paar Spat­zen tan­zen auf den lan­gen, lee­ren Stra­ßen; die schwei­gen­den Ge­bäu­de he­ben sich mas­sig und scharf von ei­nem leuch­tend blau­en Him­mel ab, Tau­sen­de von Fens­tern fan­gen die Mor­gen­son­ne ein und re­flek­tie­ren ihr Bild zu ei­nem ein­zi­gen blen­den­den Flim­mern.
    Die Stadt schi­en noch zu schla­fen. Ein paar Män­ner und Frau­en zeig­ten sich zwi­schen den stum­men Mas­sen der Wol­ken­krat­zer; die Klei­dung der Men­schen war schlicht, ei­ni­ge wa­ren fast nackt, und die ge­trie­be­ne, fie­ber­haf­te Hast der al­ten Zeit war Ver­gan­gen­heit. Hin und wie­der summ­te ein LKW oder ein Au­to­mo­bil durch die sonst lee­re Stra­ße. Sie wer­den al­le durch das neue Fern­kraft­sys­tem ver­sorgt, und die Ab­gas- und staub­freie Luft ist von fast er­schre­cken­der Fri­sche. Die Stim­mung hat­te et­was von ei­nem Sonn­tag­mor­gen, ob­wohl es ge­ra­de Mitt­woch war.
    Shei­las Ab­sät­ze klap­per­ten un­na­tür­lich laut auf dem Geh­weg. Das ab­ge­hack­te Häm­mern in der all­ge­mei­nen Stil­le zerr­te an ih­ren Ner­ven. Aber sie hät­te lang­sa­mer ge­hen müs­sen, um es zu dämp­fen, und das woll­te sie nicht. Sie konn­te es nicht.
    Ei­ne Grup­pe un­ge­fähr zehn­jäh­ri­ger Jun­gen kam aus ei­nem ver­las­se­nen La­den­ge­schäft, in dem sie ge­spielt hat­te, und rann­te vor ihr die Stra­ße ent­lang. Jun­ge Mus­keln muß­ten sich im­mer noch üben, aber es be­trüb­te sie, daß die Kin­der we­der lach­ten noch rie­fen. Manch­mal glaub­te sie, daß das am schwers­ten zu er­tra­gen war: Die Kin­der wa­ren kei­ne Kin­der mehr.
    Es war ein lan­ger Weg vom Bahn­hof zum In­sti­tut, und sie hät­te ih­re Kräf­te spa­ren kön­nen – wo­für? –, in­dem sie mit der U-Bahn fuhr. Aber der Ge­dan­ke, zu­sam­men mit den neu­en Men­schen der Er­de in ei­nem Me­tall­kä­fig ein­ge­sperrt zu sein, ließ sie schau­dern. Es war of­fe­ner und frei­er hier über der Er­de, fast so wie auf dem Land. Die Stadt hat­te ih­ren Zweck ge­tan und ih­re Zeit hin­ter sich, jetzt starb sie – die nack­ten, blin­den Wän­de um sie her­um wa­ren un­per­sön­lich wie Ber­ge. Sie war al­lein.
    Ein Schat­ten husch­te über die Stra­ße, wie von ei­ner schnell vor­über­zie­hen­den Wol­ke. Sie sah auf und be­merk­te den lan­gen me­tal­li­schen Um­riß, der ge­räusch­los hin­ter den Wol­ken­krat­zern ver­schwand. Viel­leicht be­herrsch­ten sie in­zwi­schen die Gra­vi­ta­ti­on. Und wenn schon.
    Sie kam an zwei Män­nern vor­über, die auf ei­ner Tür­schwel­le sa­ßen, und ih­re Un­ter­hal­tung drang durch die Stil­le zu ihr her­über:
    „… fehlt an Äs­the­tik-der-Ver­än­de­rung.“
    Ei­ne schnel­le Ges­te mit den Hän­den.
    „Fi­nis.“ Ein Seuf­zer.
    „Wi­der­spruch: Ma­kro­kos­mos, Nicht-Ego, Entro­pie. Mensch­li­che Be­deu­tung.“
    Sie ging ein we­nig schnel­ler.
    Das In­sti­tut wirk­te ver­wahr­los­ter als die Rie­sen der Fifth Ave­nue. Wahr­schein­lich war die­ser Ein­druck auf die Tat­sa­che zu­rück­zu­füh­ren, daß es noch im­mer in­ten­siv ge­nutzt wur­de, ihm

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