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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Zeichen, fühlte schaudernd die scharfen Zähne und sagte: »Zu Meister Korben.
Seine Privaträume bitte.«
    Mit angehaltenem Atem ließ sie
sich in den Funkenregen fallen, wischte hindurch und gleich wieder hinaus. Zum
ersten Mal stellte sie fest, dass sie den Transport beeinflussen konnte,
während sie darin gefangen war, und das verblüffte und freute sie gleichermaßen.
    Der Korridor, in dem sie sich
wiederfand, war ihr fremd und ebenso die Tür, vor der sie gelandet war. Sie
betrachtete den bernsteinfarbenen, dicken Teppich, die silberne Türklinke und
die feinen perlmutternen Einlegearbeiten, die das Tischchen neben der Tür
verzierten, und pfiff leise durch die Zähne. Das hier konnte nur der Südflügel
sein, und zwar die Gegend, in der die ganz vornehmen Herrschaften residierten.
Der Apotheker musste ein überaus angesehener Mann sein.
    Sie klopfte und wartete auf
eine Antwort. Als sie sich schon abwenden wollte, denn Magister Korben schien
nicht zu Hause zu sein, öffnete sich die Tür und sie hatte das erstaunte
Gesicht des Apothekers vor sich.
    »Sallie, du?« Er warf einen
Blick zurück und trat dann in den Korridor, die Hand an der Klinke, sodass
Sallie nicht ins Zimmer sehen konnte. »Was kann ich für dich tun?«
    »Ich bitte um Entschuldigung,
Meister Korben«, sagte Sallie ein wenig enttäuscht, denn es hätte sie schon
interessiert, wie jemand von der Herrschaft zu wohnen pflegte. Ob der Apotheker
auch so ein schönes, bequemes Sofa besaß, wie sie es in dem kleinen Zimmer
vorgefunden hatte – nur viel größer und mit noch weicheren Kissen?
    »Imer schickt mich um
Verbandszeug. Ich hätte es mir ja selbst genommen, aber die Apotheke war abgeschlossen.«
    Über Korbens blasses Gesicht
huschte ein Lächeln. »So, du hättest es dir selbst genommen. Das höre ich
gerne. Hast du dir mein Angebot also überlegt?«
    Sallie schüttelte den Kopf.
»Bitte, Meister Korben. Ich brauche nur das Verbandszeug. Wenn Ihr mir Euren
Schlüssel anvertrauen wollt, dann bringe ich ihn Euch auch gleich wieder zurück.«
    »Warte einen Moment«, sagte
der Apotheker und machte Anstalten, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
    »Wer ist da, Ben?«, hörte
Sallie jemanden fragen.
    »Ein Küchenmädchen«, erwiderte
der Apotheker. »In der Küche ist wohl wieder mal jemand unters Messer
gekommen.«
    Der andere Mann lachte. »Sag
dem Mädchen, es möge sich zu uns gesellen. Ich unterhalte mich neuerdings gerne
mit Küchenmädchen.«
    »Na gut, Sallie, dann komm
herein.« Der Apotheker öffnete mit düsterer Miene die Tür und wies ins Zimmer.
    Sallie trat ein und sah sich
schnell und neugierig um. Wie sie erwartet hatte, lag ein dicker, in glühend
dunklen Farben gemusterter Teppich auf dem Parkett; Samtportieren bedeckten das
Fenster und schwere, dunkle Möbel standen im Zimmer. Ein Schreibtisch, ein
Schrank mit vielen Fächern, ein niedriger Tisch und zwei Lehnstühle vor dem
großen Kamin, in dem ein Holzscheit brannte. Auf dem Tisch standen Gläser und
eine Karaffe, eine langstielige Pfeife lag dort, und in dem einen Sessel, die
Füße auf einen niedrigen Hocker gelegt, saß der Graue Herr und bewegte einen
kleinen Lederbecher in der Hand, in dem es leise und knöchern klapperte.
    »Aha, das dachte ich mir«,
empfing er sie und nickte ihr zu. »Sallie, die kluge Küchenmaid. Was macht das
Studium, werte Köchin?«
    Sallie knickste verlegen.
»Danke, Herr«, sagte sie. »Ich bemühe mich.«
    Der Graue Herr sah sie ernst
an, obwohl sein Mund lächelte. »Wirst du uns morgen auf dem Fest mit deiner
Kochkunst überraschen, kleine Sallie?«
    »Was soll das denn?«, fuhr der
Apotheker unwirsch dazwischen. »Nun hör doch auf, das Mädchen in Verlegenheit
zu bringen. Sie ist Küchenhilfe, keine Köchin.«
    Zu Sallies Erstaunen nahm der
Graue Herr die Rüge gelassen hin. Er nickte und ließ den Becher etwas lauter
klappern. »Wenn du es sagst, Ben. Du kennst das Personal sicherlich weitaus
besser als ein alter Eremit wie ich.«
    Der Apotheker hatte einige
Schubladen des großen Schrankes aufgezogen und wühlte nun darin herum.
    Der Graue Herr beobachtete ihn
mit spöttisch funkelndem Blick. »Du solltest ein wenig besser Ordnung halten,
mein Lieber«, sagte er. »Immer wenn du etwas suchst, stellst du das halbe Zimmer
auf den Kopf. Ruf dir doch einen der Diener und lass ihn einmal gründlich aufräumen.«
    Korben stellte eine kleine
Kiste auf den Tisch und begann Stoffbinden, kleine Mullkissen, Tinkturen und
Salben

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