Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
Vom Netzwerk:
Solange Sonia das Band nicht gehört hatte, konnte sie ihnen nichts erzählen. »Wollen sie noch einmal mit dir reden?«
      »Nein.« Er spürte, wie gern sie diese Frage bejaht hätte. »Ich lieb' dich.«
      »Bis später.« Er hängte ein.
     
    Das Donatello lag in einer Fußgängerpassage italienischen Stils, die in einen Hof in der Nähe der Dombey Street mündete. Im Sommer befanden sich dort mit Lorbeer und Oleander bepflanzte Kübel, hängende Blumenkörbe sowie Tische und Stühle. Der gepflasterte Hof wirkte wie eine Piazza. Jetzt lag er verlassen da. An den Seiten standen lediglich sechs Laternenpfahle, deren milchige runde Lampenschirme von Filigranmetall umschlossen waren. Das Licht schien auf naßglänzende Ladenschilder und spiegelte sich in glatten Pfützen.
      Fenn war als erster da. Er bestellte einen Kaffee, holte sein Notizbuch hervor und riß eine Seite heraus. Seit er mit Sonia gesprochen hatte, hatte sich seine Angst ein wenig gelegt, doch verschwunden war sie noch nicht ganz. Er befürchtete immer noch, kurz vor der Festnahme zu stehen und konnte es zum ersten Mal kaum erwarten, sie zu sehen. Er konnte nicht wissen, daß Sonia erst später von der Arbeit kam, weil sie, obwohl ihre Unterredung mit der Polizei nicht einmal zehn Minuten gedauert hatte, mehr als eine Stunde damit verbracht hatte, während der Teepause eine Runde durch die anderen Büros zu machen und jedem, der es hören wollte, den Vorfall in allen Einzelheiten zu schildern - wobei sie als abschließende Bemerkung unverändert hinzufügte: »Die Polizei steht vor einem Rätsel.«
      Fenn ordnete seine Gedanken. Er schrieb jede Einzelheit auf, die er wissen wollte. Er wußte, daß er vorsichtig sein mußte, wenn er Sonia ausfragte. Sie könnte Verdacht schöpfen, wenn er zu viele Dinge auf einmal wissen wollte, doch als sie durch die Tür stürzte, wußte er, daß seine Befürchtungen überflüssig waren.
      Mit ihrem ganzen Gebaren schien sie ihm entgegenzuschreien: »Hier kommt der Sensationsbericht!« Sie begann zu reden, bevor sie sich gesetzt hatte. Die häufige Wiederholung ihrer Unterredung mit der Polizei hatte ihrer Erzählung weder die Spannung genommen, noch ihren blumigen Ausdrücken geschadet.
      »Mein Gott, Liebling, was für einen Tag hab' ich hinter mir! Wirklich - das möcht' ich nicht noch einmal erleben!« Als sie diese der Wahrheit völlig zuwiderlaufenden Eröffnungssätze ihrer dramatischen Rede losgeworden war, erhob sie sich, zog den Mantel aus und nahm ihren Wollhut ab. Sie hatte ihr Talent als Geschichtenerzählerin entdeckt und meinte zu wissen, daß eine Kunstpause am Anfang geeignet war, die Spannung zu steigern. Sie faltete ihren Mantel und legte ihn zusammen mit dem Hut auf den Stuhl neben sich. Genüßlich und gemächlich zog sie ihre nassen Handschuhe aus, zupfte an jedem einzelnen Finger und beobachtete ihn unterdessen auf schrecklich spitzbübische Weise. Während er diese gräßliche Parodie einer Stripteaseshow beobachtete, gelang es Fenn nur mit äußerster Willenskraft, einen Kommentar zurückzuhalten. Er hätte sie erwürgen können.
      »Ich hab' gedacht, ich käme nie weg.« Sie begann, sich nach einem Kellner umzusehen, und winkte ihn auf die aggressive Weise heran, die unsicheren Menschen oft zu eigen ist. »Ich brauch' jetzt einfach einen Kaffee ... Ich kann dir gar nicht sagen, wie ...«
      Nachdem er dieses Schauspiel drei oder vier Minuten mitgemacht hatte, stand Fenn abrupt auf, ging zur Theke, an der ein Kaffeeautomat stand, und kam mit einer Tasse Milchkaffee zurück. Mit äußerster Sorgfalt stellte er sie vor ihr auf den Tisch und sagte: »Hier hast du deinen Kaffee, Liebling. Jetzt laß' hören, was los war.«
      »Oh, Fenn.« Sie atmete den Geruch des dampfenden Kaffees ein, als handele es sich um ein seltenes Getränk. »Du bist so gut zu mir.« Dann, als ob sie spürte, daß sie fast zu weit gegangen war: »Na ja - ich hab' Stunden um Stunden mit der Polizei zusammengesessen ...«
      »Halt, halt. Fang' am Anfang an. Du hast irgend etwas über ein Band gesagt.«
      »Irgend jemand hat es auf Rosa abgesehen. Er ist tatsächlich einfach ins Gebäude gegangen, hat ihr Büro gefunden und die Morddrohung auf ihrem eigenen Kassettenrecorder aufgenommen. Man muß seinen Mut wirklich bewundern.«
      »Du meinst...« Fenn klang ungläubig. »... Er ist einfach hineinspaziert?«
      »Einfach hineinspaziert.«
      »Aber habt ihr denn kein

Weitere Kostenlose Bücher