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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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und dem Vergnügen, sie absichtlich auszulassen. Das konnte man auf sehr taktvolle Weise machen. Es ging darum, würdevoll zu sein und sie dennoch zu treffen. Ja. Sonia leckte an ihrem Stift und strich, wie schon so oft, Rosas immer wieder hingeschriebenen Namen durch.
     
    Fenn drehte behutsam am Türknauf des Kleiderschranks, stieß die Tür auf und horchte. Im Haus war es still. Er trat aus dem Schrank ins Schlafzimmer. Er öffnete den Mund und schnappte nach Luft. Hätte er nur einige Minuten länger in dem dunklen Schrankinnern bleiben müssen, wäre er sicherlich erstickt. Er hatte eingezwängt zwischen parfümierten Pelzen, Samt- und Brokatstoffen gestanden. Nach einer Stunde schienen sie ein Eigenleben anzunehmen, sich um seine Arme und Beine zu winden, sich an seinen Mund zu schmiegen. Doch er hatte sich nicht zu rühren gewagt, bis die Haustür ins Schloß gefallen war. Bis diese verdammte Schwuchtel gegangen war. Bei der Erinnerung zuckte Fenn zusammen. Ihm war noch immer speiübel. Solche Leute sollte man einsperren.
      Er hatte das Haus ohne eine bestimmte Absicht beobachtet, als sie aus der Haustür trat. Und er hatte einfach gespürt, daß er etwas tun mußte, um die Lücke zu schließen und die Verbindung zu seinem Opfer zu festigen. Aufgrund des Fotos an der Wand ihres Büros hatte er sie sofort erkannt. Sie war erheblich größer, als er es sich vorgestellt hatte, doch sehr schlank, und sie hatte zarte, zerbrechliche Knochen. Als sie die Treppe herunterkam, war er mit vor Aufregung zugeschnürter Kehle schnell nach vorn getreten, um sie auf dem Bürgersteig passieren zu können. Er war versucht, ihr einen guten Morgen zu wünschen; tatsächlich lag ihm der Gruß schon auf den Lippen, doch er mußte so krampfhaft kichern, daß er kein Wort herausbrachte, als sie auf gleicher Höhe waren.
      Sie war fast so schön wie auf dem Foto, doch unter ihren Augen lagen graue Ringe, und der rote Lippenstift hob sich allzu glänzend von ihrer weißen Haut ab. Er drehte sich um und sah sie um die Ecke gehen, dann rannte er zum Haus und klingelte.
      Als er später darüber nachdachte, konnte er sich nicht erklären, warum er das getan hatte, und er war sehr überrascht gewesen, als ihm jemand die Tür öffnete. Er sagte einfach, was ihm als erstes in den Kopf kam, und nannte deshalb eine U-Bahn-Station der nördlichen Linie, die er eben erst auf einem U-Bahn-Plan im Camden gesehen hatte. Und als die Schwuchtel ins Haus zurückging, war er, wieder rein impulsiv, in die Diele gerannt, hatte lautlos den dicken Teppich überquert und war die Treppe hinaufgelaufen. Im Obergeschoß fand er sich in einem Schlafzimmer wieder, in dem er angespannt stehenblieb und auf die Geräusche aus der Küche lauschte. Nach etwa einer Viertelstunde hörte er das Heulen eines Staubsaugers. Allmählich kam es näher. Die Treppe wurde gestaubsaugt.
      Fenn berührte seine Innentasche, in der er sein Messer aufbewahrte. Er war aufgeregt. Er versuchte, den inneren Zwang, der ihn ergriffen hatte, zu unterdrücken. Schließlich würde er von seinem Plan absehen müssen, sobald er entdeckt würde. Das durfte nicht passieren. Und eigentlich war das Leben einiger Leute ohnehin nichts wert. Das von Schwulen sowieso nicht. Sie schwirrten von einem Mann zum nächsten, belästigten anständige Bürger und verbreiteten Krankheiten. So gesehen, täte er der Menschheit also fast einen Gefallen. Der Staubsauger wurde auf den dritten Treppenabsatz gewuchtet.
      Fenn schlüpfte in den Kleiderschrank. Nun hatte er die Dinge nicht mehr unter Kontrolle, nun blieb alles der rothaarigen Schwuchtel überlassen. Wenn der Kerl den Schrank öffnete, hatte er es nicht anders gewollt. Fenn hörte, wie der Staubsauger über den Schlafzimmerboden geschoben wurde. Stühle wurden hervorgezogen und wieder zurückgestellt. Der Staubsauger stieß einmal sogar gegen den Fuß des Schranks - Fenn spürte die Erschütterung von Kopf bis Fuß. Dann wurde der Sauger abgestellt. Unbeweglich, mit angehaltenem Atem stand er da. Durch die Tür war kein Laut zu hören. Natürlich war es möglich, daß der Kerl im Raum herumlief. Die Teppiche waren so dick, daß Fenn es nicht beurteilen konnte. Dann hörte er ein Geräusch, als würden Gläser oder Flaschen bewegt, und ein genüßliches Seufzen, das mehrere Male wiederholt wurde. Das schwule Schwein besprühte sich mit Parfüm. Dann ging er aus dem Raum und polterte mit dem Staubsauger die Treppe hinunter. Fünf Minuten

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