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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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ich bin nicht gerade billig, wie Sie wissen.«
      Sie stand auf. »Ja. Und ich sollte mich aufmachen. Auf der Anrichte liegt ein Schlüssel für Sie. An den Tagen, an denen ich im Studio bin, müssen Sie sich selbst aufschließen.«
      Greg sagte: »Nur ein Sicherheitsschloß? Unter den gegebenen Umständen sollten Sie sich was Besseres besorgen.«
      »Wir haben zwar ein Vorhängeschloß, aber keinen zweiten Schlüssel dafür. Da ich heute morgen ohnehin zum Eisenwarenhändler gehe, werde ich dort gleich einen nachmachen lassen. In der Abstellkammer steht übrigens ein Staubsauger.«
      »Eine Abstellkammer!« Greg klang entzückt. »Wie altmodisch!«
      »Mit einer endlosen Schnur, wegen der vielen Treppen. Würden Sie bitte den Abwasch erledigen, die Betten machen und dann so viel staubsaugen, wie Sie bis zwölf Uhr schaffen? Die Reinigungsmittel sind in dem Schrank unter der Spüle.« An der Tür hielt sie inne. »Ich bin froh, daß man Sie geschickt hat.« Sie betonte das Sie.
      »Viel Spaß im Büro.«
      Zum Teil traf dieser ironische Wunsch sogar zu. Rosa fühlte sich viel besser, als sie das Haus verließ, und ihre Laune stieg noch, nachdem sie beim Eisenwarenhändler gewesen war und mit ihm vereinbart hatte, daß ein Mann vom Bereitschaftsdienst um vier Uhr nachmittags eine Türkette anbringen würde.
      Als sie gegangen war, hatte Greg fünf Minuten damit zugebracht, sich alles anzusehen, was in den Schränken und auf der Anrichte stand, und dann mit dem Abwasch begonnen. Kaum hatte er die Hände ins Spülwasser getaucht, als es an der Haustür klingelte. Er trocknete sich die Hände ab und rannte die Treppe hinauf, wobei er vor sich hin murmelte: »Bei diesem Tempo krieg' ich nicht einen Teller sauber.«
      Doch dann tat es ihm leid, daß er geflucht hatte, denn vor ihm, auf der Treppe, stand ein entzückender Junge. Nicht zu groß, keine nennenswerten Hüften und ein Profil wie Antinous. Die Augen lagen eine Spur zu dicht beieinander, aber die Wimpern ... Und wundervolles, blumenblättriges Haar, wie eine goldrosa Chrysantheme. Ziemlich absichtsvoll ließ er seinen Blick nach unten schweifen. Wie es aussah, war er auch da gut bestückt, obwohl man das bei den heutigen Hosenlätzen und ähnlichem Kram nicht so genau beurteilen konnte. Er sah dem Jungen in dessen ziemlich ungewöhnliche Augen und zauberte sein charmantestes Lächeln hervor.
      »Kann ich dir behilflich sein?«
      »Ich muß nach Chalk Farm. Wissen Sie, wo das ist?«
      »Tut mir schrecklich leid, mein Lieber, aber das hier ist nicht mein Gebiet. Ich bin Einzelgänger. Aus Palmers Green.« Der Junge machte ein verdutztes Gesicht. »Aber in der Küche ist ein Stadtplan.« Er hatte ihn auf der Anrichte liegen sehen. »Wart einen Moment - ich werd' nachsehen. In welchen Teil von Chalk Farm mußt du?«
      Der Junge zögerte: »Chalk Farm Road.«
      Greg rannte in die Küche, nahm den Stadtplan zur Hand und sah im Straßenverzeichnis nach: 2D 45. Er blieb vor dem Spiegel stehen, um sein Haar zu überprüfen, zog einen Kamm heraus und kämmte ein oder zwei Locken zurecht. Es konnte nicht schaden, ihn für einen Moment hereinzubitten. Die Einzelheiten waren auf dem Stadtplan kaum erkennbar. Während sie die Straße heraussuchten, würden ihre Köpfe notgedrungen dicht beieinander sein. Erwartungsvoll rannte er die Treppe hinauf, doch sobald er die Diele erreicht hatte, machte sich Enttäuschung breit. Der Junge war gegangen. Greg rannte zum Gartentor und sah einen Moment lang, zitternd vor Kälte, die Straße hinunter. Es war nichts mehr von ihm zu sehen. Greg seufzte. Er hatte sich auf die Hinteransicht gefreut, hatte sich darauf gefreut, den Jungen weggehen zu sehen.
     
    Sonia warf den Leuten ein geflüstertes »Tut mir leid«, »würde es Ihnen etwas ausmachen ... es ist nur... vielen Dank« zu, als sie sich ihren Weg durch die überfüllte U-Bahn der Piccadilly-Linie bahnte. Wenn man monatelang zur gleichen Tageszeit die gleiche U-Bahn benutzte, erkannte man die Leute allmählich wieder. Sie entdeckte eine Frau - sie trug Fellstiefel und Ohrschoner und hatte eine Einkaufstasche aus Plastik mit einem aufgedruckten rosaroten Panther in der Hand -, die immer an der Gloucester Road ausstieg. Als sie aufstand, ließ sich Sonia auf den freigewordenen Sitz fallen. Sobald sie saß, konnte sie sich auf ihre eigenen Gedanken konzentrieren. Wie immer dachte sie an Fenn.
      Sie war froh, daß er am gestrigen Abend nicht mit

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