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Der neue Herrscher

Der neue Herrscher

Titel: Der neue Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Aufbauten umriß, war die Guinhan frei. Das zurückschnellende Tau knallte wie eine Peitsche und traf einen Angreifer an die Brust. Er wurde wie eine Puppe haltlos über das Deck geschleudert.
    »Unter Deck!« schrie Necron. »Seht nach, ob Wasser eindringt!«
    »Verstanden, Necron!«
    Necron beendete seinen Einfluß auf die Augen seines Partners. Er würde alle wichtigen Beobachtungen später aufschreiben und wieder mit Luxon auf diese eigentümliche Weise die Nachrichten austauschen.
    Prinz Odam kletterte den Aufgang zum Heck herauf, stützte sich keuchend auf die Heckreling und blickte aus den Löchern im Schlackenhelm hinüber zu den beiden Schiffen. Der dritte Verfolger, der einen Teil der zerbrochenen Riemen auf der gegenüberliegenden Schiffsseite eingesetzt hatte, ruderte auf die richtungslos treibende Gruppe zu.
    Das Luftschiff war nur noch ein winziges, buntes Pünktchen in großer Ferne. Odam wandte sich um und nahm langsam den zackigen, zerklüfteten Helm ab.
    Das hagere, nur aus Haut, Sehnen und Knochen bestehende Gesicht hatte seinen abgezehrten Ausdruck verloren, seit die Alptraumritter den Inkubus ausgetrieben hatten. Mit beherrschter Stimme fragte der Herrscher der Düsterzone:
    »Der Kampf ist wohl vorbei. Aber schon nach kurzer Fahrt suchen uns grauenhafte Geschehnisse heim. Wie soll es weitergehen?«
    »Unsere Männer«, Necron deutete nach oben, »sind verloren. Ich ahne, daß wir Land finden und die Planken ausbessern müssen.«
    »Hast du eine Erklärung für dieses fliegende Geschöpf mit der Besatzung aus Fratzengesichtern?« rätselte Odam.
    »Ich habe nicht einmal Legenden über dieses fliegende Ungeheuer gehört. Hast auch du die laute Geisterstimme gehört?«
    »Sie war lautlos, und doch werde ich sie niemals vergessen können. Das Einhorn, das Schiff – welch merkwürdige Rätsel. Die Düsterzone ist dagegen ein Hort des Friedens.«
    »Du übertreibst«, murmelte Necron und winkte einen Matrosen zu sich heran, der bis zur Brust von Seewasser durchnäßt war. »Wie sieht es aus, Solor?«
    »Ein böses Leck, Necron. Knapp über der Wasserlinie. Aber jede große Welle läßt Wasser hereindringen.«
    »Das bedeutet, daß wir Land ansteuern und die Planken ausbessern müssen.«
    »So schnell wie möglich. Wir versuchen, das Leck zu stopfen, aber es wird nichts Rechtes daraus.«
    »Hat einer von euch den seltsamen Schwebedrachen gesehen?«
    »Er kam aus Südwest und drehte nach Ost, als er uns sah. Uns fehlen vier Männer. Zwei von den Rittern, Kapitän, und zwei deiner Krieger, Prinz.«
    »Wir werden ihr Schicksal bedauern müssen«, knurrte Necron. »Wir segeln weiter und führen einen Schlag nach Süden aus. Steuermann – tu, was du für richtig hältst.«
    Langsam führten sie die Kursänderung durch. Die Guinhan legte sich nach Backbord über und hob das Leck über die Wellen. Die Krieger verbanden gegenseitig ihre Wunden, und ein Junge brachte Odam und Necron Becher mit verdünntem Wein.
    »Wohin?« wollte der Steuermann wissen. Necron warf ihm einen langen, nachdenklichen Blick zu und gab seine Gedanken preis.
    »Wir haben eine Karte, gewiß. Aber sie ist ungenau, und niemand weiß, ob das, was wir auf ihr sehen, auch wirklich dort ist. Auch von treibenden Schiffen der Luft ist auf ihr nichts vermerkt. Andererseits haben wir bisher keines der schauerlichen Ungeheuer getroffen, die zwischen den gemalten Wellenbergen auftauchen.
    Nach dieser Karte gibt es zwischen Wahnhall und den Hoffnungs-Inseln nicht einmal ein großes Riff. Schon gar nicht eine Insel, die wir ansteuern könnten. Richtig, Steuermann?«
    »Das trifft zu, Necron.«
    »Das einzige Land vor uns in westlicher Richtung ist Wahnhall mit seiner gefährlichen Strömung.«
    »Man sagt, kein Schiff vermag der reißende Strömung aus der Dunkelzone zu entkommen!« warnte der Steuermann.
    »Wir werden entscheiden, was zu geschehen hat, wenn wir die ersten Anzeichen der Strömung spüren. Der Kurs’ liegt an, Steuermann – Südsüdwest!«
    »Für die nächsten Stunden. Dann aber bricht die Nacht an, Kapitän. Denke daran, daß wir uns in ein Meer hinauswagen, das niemand kennt.«
    Necrons Arm wirbelte herum und deutete in die Richtung der drei fremden Schiffe, die am Horizont verschwanden.
    »Diese Seefahrer wissen, was im Westen liegt. Sie mögen rasend vor Angriffslust gewesen sein, aber es waren Menschen. Keine Dämonen. Ich werde alle Wachen verdoppeln lassen und selbst in den Ausguck klettern!« versicherte Necron unbeirrt.

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