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Der neue Herrscher

Der neue Herrscher

Titel: Der neue Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Der Steuermann schenkte ihm ein breites, aufmunterndes Grinsen und schloß:
    »Dann wird die Gefahr wohl rechtzeitig erkannt werden!«
    »Das hoffe ich!«
    Die Aufregung an Bord legte sich, das Leben glitt binnen einer Stunde wieder in die mehr oder weniger geordneten Bahnen. Leichte Schäden des Kampfes wurden beseitigt, die Männer aßen und tranken und versorgten sich und ihre Waffen. Aus dem Bauch der Guinhan kamen die dumpfen Hammerschläge, mit denen Bretter über die Schichten aus Segelleinwand, Fellen und ölgetränkten Decken geheftet wurden. Die Sonne sank aus dem Mittag auf ihre gekrümmte Bahn, die sie steuerbords von dem riesigen, schwarzen Wall in der südlichen Ferne ins Meer sinken lassen würde.
    Wolken trieben über den Himmel, verdeckten das Sonnenlicht und gaben es wieder frei. In der Luft waren winzige schwarze Punkte zu erkennen; Vögel, die anzeigten, daß Land nicht allzuweit entfernt war. Irgendwo dort vorn gab es eine Küste.
    Eine Küste des Landstrichs, auf dem der nackte Wahnsinn uneingeschränkt herrschte.

4.
    Die Stunden vor Sonnenuntergang und um Mittag herum blieben in Shallad Luxons Gedächtnis als abenteuerliches Mosaik zurück.
    Ununterbrochen wechselten die Bilder zwischen der Seeschlacht und der begeisterten Volksmasse auf dem Platz.
    Die letzten Stunden der Krönungsfeierlichkeiten waren an Luxon auf seltsame Weise vorbeigezogen. Stellenweise handelte er wie ein Blinder, sprach mit Menschen, die er hinter den Segeln fremder Schiffe nur blitzartig kurz erkannte. Schließlich wichen die aufregenden Bilder, und er ahnte, daß ihm Necron in der Nacht in geschriebener Form übermitteln würde, was er herausgefunden hatte.
    Luxon hob die Hand und winkte den Vorsteher einer Magiergruppe zu sich heran. Würdevoll näherte sich der alte Mann mit dem runzligen, aber freundlichen Gesicht. Hellwache Augen beobachteten prüfend den Shallad. Luxon sagte mit leiser, eindringlicher Stimme:
    »Du siehst einen verwirrten Mann vor dir, Magier Verlas. Drei fremde Schiffe nähern sich aus dem Westen. Ich beschreibe sie dir…«
    Er berichtete, was er durch fremde Augen gesehen hatte, ging aber nicht darauf ein, auf welchem Weg ihn diese »Vision« erreicht hatte. Schließlich senkte er den Kopf, hielt den Reif fest und meinte:
    »Woher kommen die Fremden? Was suchen sie in der Bucht ohne Wiederkehr? Und was bedeutet ihr Kommen für uns, für die Ewige Stadt?«
    Gesandte aus Inshal und Gomaliland waren gekommen und hatten kostbare Geschenke gebracht; fast nur Dinge, die auf irgendeine Weise dem Shallad nützlich waren – keine goldenen Prunkgefäße, wie sie Hadam so gern hatte. Fremde Medizinen, kostbare Heilsalben und solche, die magische Wirkungen entfalteten. Der Magier Verlas fragte:
    »Und was hast du noch gesehen, Shallad? Wir werden die Bücher und unsere Aufzeichnungen befragen und dir Antwort geben, so gut wir es vermögen.«
    Luxon berichtete von den seltsam aussehenden Kriegern des Luftschiffs. Viel konnte er nicht erzählen, denn Necron und seine Männer hatten nur kurze Beobachtungen machen können. Auch hier schüttelte Verlas langsam den Kopf, und auch Luxons Freunde waren ratlos.
    »Die Magier und die Hüter des Grabmal«, entschied schließlich Luxon, der ebenso ratlos war wie alle Umstehenden, »sollen in der Chronik von Logghard nach solchen und ähnlichen Vorkommnissen forschen.«
    »Das wird sogleich nach dem Ende deiner Feier geschehen«, versicherten Gamhed und Verlas mit einer Stimme. »Aber schon jetzt meine ich, daß es keine Schiffe aus Wahnhall sind.«
    »Nicht aus Wahnhall? Woher weiß man das?«
    »Weil hin und wieder einzelne Fischer, die der Sturm oder die Strömung weit nach Westen verschlagen hat, aus dem Land des Wahnsinns berichten konnten. Es ist nicht viel, was wir wissen, aber es ist aus vielen kleinen Geschichten zusammengesetzt, mögen sie wahr sein oder auch nur gut gesponnenes Seemannsgarn. Aber die Chronik wird uns Genaues sagen können.«
    »Gamhed!« ordnete Luxon an. »Man soll sofort Ausschau halten nach den fremden Schiffen!«
    »Heute nacht werde ich Posten auf die Beobachtungstürme schicken und Boten und Zeichen bereitstellen!« versicherte der Silberne.
    Die vielen Menschen auf dem Platz zeigten erste Zeichen dafür, daß sie ermüdet waren und das Schauspiel lange genug genossen hatten. Einzelne Gruppen lösten sich auf und zerstreuten sich. Luxon stand aus dem gepolsterten, von dünnen Kissen bedeckten Sitz auf und war entschlossen, die

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