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Der neue Herrscher

Der neue Herrscher

Titel: Der neue Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Feierlichkeiten für diesen Tag zu beenden. Vier Tage waren für ihn lange genug oder schon fast zu lange. Er griff an den schweren Goldreif, der inzwischen in der Haut eine tiefe Kerbe hinterlassen hatte, und hob ihn hoch. Er zeigte dieses äußerliche Symbol seiner Herrschaft den Menschen und rief:
    »Nun habt ihr einen neuen Shallad, Freunde! Zerstreut euch, und feiert weiter, solange ihr wollt. Morgen ist ein anderer Tag, an dem wir uns gemeinsam an die ersten Tage eines neuen Zeitalters gewöhnen können. Ich danke euch!«
    Er hob den Reif, so hoch er konnte, in die Höhe.
    Die Bewohner von Logghard und ihre Gäste und Freunde dankten diese Geste mit lautem, lang anhaltendem Jubel. Luxon übergab den Reif seinem Freund Gamhed und erklärte, an die Vertreter der Chronisten und Magier gewandt:
    »Die Fremden haben sich gegen die Guinhan meines Freundes ohne jeden Grund feindselig verhalten. Wahrscheinlich bedeutet ihr Angriff auch für uns eine bestimmte Gefahr, obwohl drei Schiffe voller Krieger leicht zu besiegen sein dürften. Ich habe versichert, daß jeder Feind Logghards in uns einen entschlossenen Gegner erkennen wird. Auch ich selbst werde vom Turm des Palasts aufs Meer hinausspähen und warten.
    Ich sage euch, meine Freunde:
    Es ist ein deutliches Zeichen. Kaum bin ich Shallad, zielen neue Gefahren und aufregende Abenteuer auf Logghard wie glühende Speerspitzen.«
    »Ich hoffe ernsthaft«, versuchte ihn Gamhed zu beschwichtigen, während der Silberne die junge Frau herbeiwinkte und den Krönungsreif zurück auf das blütenweiße Tuch legte, »daß du nicht recht haben wirst.«
    »Wir müssen es abwarten«, gab Luxon zurück. »Und bis etwas geschieht, werden wir uns um das Wohl des Reiches zu kümmern haben. Unendlich viel gibt es zu tun; wir dürfen keinen Augenblick ungenutzt verstreichen lassen.«
    Es klang fast wie ein einstudierter Chor, als Luxons Freunde und die Umstehenden versprachen:
    »Verlange von uns, was du willst. Wir werden dir helfen, so gut wir es können.«
    »Ich weiß es.«
    Auch die Gäste, die eingeladenen Vertreter der Fürstentümer und Länder, die bisher auf den bequemen Stufen gesessen waren, verabschiedeten sich und verließen die Stätte des größten Triumphs des Rhiad-Sohnes. Wieder schenkten die Mädchen aus dem Palast den kühlen roten Wein aus. Luxon wartete noch eine Weile und feuchtete seine trockenen Lippen und den ausgedörrten Gaumen mit einem langen Schluck aus dem Becher an. Dann dankte er den Musikern, den Magiern und allen anderen, von denen er wußte, daß sie bei den Festlichkeiten geholfen hatten. Langsam bahnte er sich einen Weg zurück in den Palast und dort durch frisch gekalkte Gänge und Korridore in den Teil, den er bewohnte. Einmal erhaschte er einen Blick aus dem Spalier der Diener und Dienerinnen: Shiran! Sie war also noch immer zwischen den Mauern des Palasts. Luxon warf ein verlorenes Lächeln in ihre Richtung und hoffte, sie würde es richtig deuten.
    In dieser Nacht – er wußte es mit unumstößlicher Gewißheit – würde er wenig Schlaf finden. Er mußte allein sein. Allein mit Pergament, einem Schreibgriffel und einem Krug Wein. Allein deshalb, weil er mit Necron Botschaften von großer Wichtigkeit und schwerwiegender Bedeutung austauschen würde.
*
    Einer der Boten verbeugte sich knapp und sagte:
    »Seit vier Tagen, Shallad, weht der Wind gleichmäßig stark aus dem Westen. Er brachte warmen Regen über das Land. Die Gräser wachsen, die Saaten sprießen.«
    Luxon dankte ihm und erwiderte:
    »Und der Westwind bringt die fremden Schiffe vielleicht noch schneller an unsere Gestade. Schicke den Abgesandten der Magier und den Obersten Chronisten herein, wenn du gehst.«
    Der Bote lächelte erfreut und verließ schnell den Raum. Zwei ältere Männer kamen herein, mehrere Pergamentrollen unter den Achseln. Sie wirkten jetzt, im kühlen Licht des frühen Tages, nicht so, als wären Geheimnisse und undurchschaubare Magie ihr tägliches und einziges Geschäft. Luxon bedeutete ihnen, sich zu setzen und ihre Aufzeichnungen auszubreiten. Er eröffnete das wichtige Gespräch, indem er sagte:
    »Überflüssig und wenig sinnvoll, mit euch über Necron zu sprechen; ihr kennt ihn, meinen Freund. Er befindet sich mit seinem Schiff, das mit kampferprobten Recken gefüllt ist, etwa an dieser Stelle.«
    Mit einem silberfunkelnden Dolch deutete er auf einen Punkt der Shalladad-Karte, der zwischen den Hoffnungs-Inseln und dem nördlichsten Punkt von Wahnhall

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