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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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steilen Abhänge dunkler Gletscherspalten.
    Schweigend zogen sie durch das Herz einer weißen, schlafenden Welt, winzige Gestalten vor Wänden aus Fels und gefrorenem Schnee. Manchmal fielen Flocken, nicht so heftig wie vorher, sondern in sanften, friedlichen Schauern, die sie in weiße Mäntel einhüllten. Sie kamen an Eisfällen vorbei, die an verlassene Städte unter Glas erinnerten. Wenn es Morgen wurde, ragten Felsspitzen, die gnadenloses Eis über Jahrhunderte geformt hatte, aus weißen Nebelbänken hervor. Abends fielen die Strahlen der untergehenden Sonne auf Türme von verwitterndem Eis und gefrorene Vorhänge aus langen, dünnen Eiszapfen.
    So gingen sie mehrere Tage lang. Stets hielten sie nur kurze Rast, um zu essen und ein wenig auszuruhen. Christopher, von den Strapazen der Vorwoche erschöpft, spürte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Er ging wie im Traum, angetrieben von den Mönchen, die ihn über die schwierigsten Stellen schoben und zogen. Manchmal musste er richtig klettern. Er fürchtete, er könnte ausgleiten und sich zu Tode stürzen. Aber Glück und zähe Beharrlichkeit halfen ihm immer wieder weiter.
    Er hielt durch, weil er den Lama töten wollte. Aber bislang ergab sich dafür keine Gelegenheit. Nachts fesselten sie ihn an Armen und Beinen und legten ihn etwas abseits zum Schlafen nieder, wo er in der bitteren Kälte fror, dasses schmerzte. Er lag stundenlang wach, dachte an Lhaten und seinen grausamen Tod. Auch Cormac erschien ihm blutüberströmt unter Myriaden summender Fliegen.
    Der Name des Lamas war Tsarong Rinpoche. Nach dem ersten Tag richtete er kaum noch ein Wort an Christopher. Von Zeit zu Zeit wechselte er einige Sätze mit den beiden Mönchen, aber meist gingen sie in Schweigen gehüllt.
    Die Mönche sagten fast nichts. Während der Rast beteten sie. Wenn der Weg leichter war, zogen sie kleine silberne Mani-khors aus ihren Gewändern und ließen sie kreisen, dass die Luft surrte. Diese Gebetsmühlen waren hübsch geschmückte Zylinder, die auf polierten hölzernen Griffen ruhten, um deren Achse sie sich drehten, angetrieben vom Schwung eines Gewichts an einer kleinen Kette. Drinnen steckten auf Papier gedruckte Zeilen des Mani -Gebets, die Tausende Male wiederholt wurden. Bei jeder Umdrehung galt das Gebet als einmal gesprochen. So konnte ein Mönch an einem einzigen Tag Millionen Mal die Götter anflehen. Und während sie die Mühlen drehten, murmelten ihre Lippen hinter den Schals andere Gebete.
    Diese offenbare Frömmigkeit passte für Christopher nicht damit zusammen, wie gleichgültig sie Lhatens Ermordung zugeschaut hatten und wie hart sie mit ihm unterwegs umsprangen. Oder war dies eine Art von Frömmigkeit, die er nie begreifen würde?
    Zuweilen erhoben sie sich mitten in der Nacht und füllten das brutale Schweigen von Christophers Schlaflosigkeit mit dem Lesen von Sutren, die für ihn sinnlose Laute waren. Vom wolkenlosen Himmel fiel gefrorenes Mondlicht auf die stillen Gestalten. Mehrmals sah Christopher den Anführer aufstehen und hin und her gehen wie einer, der sich Bewegung verschaffen musste. Der Mann schlief wenig, wirkte aber morgens nie müde oder gereizt.
    Einmal trat er an Christopher heran, der gefesselt im Dunkeln lag.
    »Es tut mir leid, dass wir Sie binden müssen«, sagte er. »Aber ich habe keine andere Wahl. Ich weiß, dass Sie mich töten wollen. Sie müssen für den Jungen und für den Doktor Rache nehmen. Da Sie nicht verstehen und auch nicht so bald verstehen werden, muss ich Sie daran hindern. Leider.«
    »Hätte es denn so viel Verspätung bedeutet, wenn Sie das Leben des Jungen geschont hätten? Einen, vielleicht zwei Tage.«
    »Wir waren in Eile. Wir sind es immer noch.«
    »Wenn ich zurückbleibe, töten Sie mich dann auch?«
    »Ich werde es nicht zulassen, dass Sie zurückfallen.«
    In der Dunkelheit hatten seine Worte einen merkwürdigen Klang. »Wahl«, »verstehen«, »hindern«, »zulassen« – all das waren Glieder einer Kette, die sich immer fester um Christopher zusammenzog.
    »Und wenn ich stürze und mich verletze, was dann?«
    »Dann werden die Männer Sie tragen. Ihnen darf nichts geschehen. Die Mönche haben eine entsprechende Weisung.«
    Christopher fiel ein, was der Mann in Kalimpong zu ihm gesagt hatte: Sie sind heilig. Ich darf Sie nicht antasten.
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragte er.
    »Ich habe darauf zu achten, dass die Weisung ausgeführt wird.«
    »Wann werde ich William sehen?«
    Der Mönch zuckte die

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