Der Nobelpreis
Stand der Technik aufschließen und fit werden könnte für die neuen Herausforderungen meines Berufs.
»Die hast du echt alle aufbewahrt?«
»Na ja, so viele sind es ja nicht. Vier Hefte im Jahr bei denen aus Amerika, und ziemlich dünn, wenn man den Preis bedenkt.«
»Aber du hast geheiratet und ein Kind gekriegt und so weiter …« Ich stammelte beinahe.
Ihre Stimme war leise, fast sanft. »Gunnar«, sagte sie, »ich hatte es dir versprochen.«
»Ja«, sagte ich und hatte etwas im Auge.
»Es ist bloß ein Karton voll, Gunnar. Wenn du mir deine Adresse gibst, schick ich ihn dir.«
Ich war so verblüfft, dass ich einwilligte. Ja, sie solle mir die Zeitschriften schicken. Vage war mir zwar klar, dass ich im Moment nicht die Zeit haben würde, sie zu lesen, aber egal, wie auch immer … Ich gab ihr die Adresse meiner Pension durch, sie schrieb sie auf und wiederholte sie zur Sicherheit noch einmal, und keine der Warnlampen im Hinterkopf eines gewohnheitsmäßig misstrauischen Mannes ging an.
Nach dem Gespräch saß ich noch eine ganze Weile da, starrte das Mobiltelefon in meiner Hand an und versuchte zu ergründen, was in mir vorging.
Keine Ahnung. Ich griff wieder nach den Papieren aus Hungerbühls Tresor, blätterte darin und fing an, vor mich hin zu fluchen. Verdammt, ich brauchte zusätzliche Informationen! Ich brauchte Dimitri!
Und ich brauchte etwas zu essen. Mein Bauch fühlte sich völlig ausgehöhlt an. Am besten, ich sprang mal eben zu dem Chinaimbiss, den ich zwei Straßen weiter gesehen hatte, und holte ein paar Portionen von irgendwas mit Reis und etwas zu trinken dazu. Ich wollte gerade aufstehen und nach meinem Geldbeutel greifen, als das Telefon wieder klingelte.
Ich schnappte den Apparat. »Was gibt’s?«
Hans-Olof, natürlich. Völlig durch den Wind. Keuchte, ächzte, brabbelte irgendetwas.
»Du, ich verstehe kein Wort«, unterbrach ich ihn. »Noch mal von vorne, und langsamer bitte.«
»Kristina hat gerade eben angerufen«, schrie er. »Sie steht in einer Telefonzelle in Södertälje! Ich soll sie abholen!«
KAPITEL 29
»Abholen? Kristina?«, schrie ich unwillkürlich auf. »Soll das heißen, sie ist frei?«
»Ja!«, schluchzte Hans-Olof. »Sie ist frei. Sie ist ihnen entkommen!« Er keuchte. Im Hintergrund schlugen Türen, knirschten Schritte auf Kies. »Was soll ich denn jetzt machen? Ich fahre nach Södertälje raus, oder? Sie ist in der Telefonzelle Persikragränd Ecke Högloftsvägen. Ich muss auf dem Stadtplan nachschauen … Soll ich dich noch vom Hotel abholen?«
»Ich bin nicht mehr im Hotel«, erwiderte ich geistesabwesend. Die Heftigkeit meiner körperlichen Reaktion auf diese Wendung der Dinge überraschte mich selbst. Mein Herz hämmerte, als wolle es mir die Rippen brechen. In meinen Ohren rauschte es. Mein Hirn war Schauplatz eines Verkehrschaos zwischen Gedanken und Gefühlen.
»Nicht mehr im Hotel?«, echote Hans-Olof. »Wieso das denn?«
Die lauteste Stimme in dem ganzen Tohuwabohu war die des Misstrauens. Wie war das möglich? »Hans-Olof, ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, was das zu bedeuten hat.«
»Sie ist frei, Gunnar!«, rief er aus. Eine Autotür schlug zu, seine Stimme kam übergangslos aus dem gedämpften Innenraum eines Autos. »Kristina wartet auf mich! Sie wartet, dass ich sie hole und der Albtraum ein Ende hat.«
Aber wieso sollten ihre Entführer sie freilassen, ausgerechnet jetzt? Was ging da hinter den Kulissen vor sich? Oder hatte sie es tatsächlich geschafft zu fliehen? In dem Fall …
»Fahr so schnell du kannst«, sagte ich. »Schnapp sie dir, setz sie ins Auto, und dann fahr mit ihr irgendwohin. Nicht nach Hause! Hörst du, Hans-Olof? Fahr auf keinen Fall direkt mit ihr nach Hause.«
»Was?«
»Wenn sie geflohen ist, werden sie sie verfolgen, verstehst du? Wartet irgendwo, bis ich zu euch stoße.«
»Ach so. Gut, mache ich. Und wo?«
»Egal. Irgendein Hotel; was weiß ich. Wir telefonieren uns zusammen. Jetzt fahr los, Mann!«, drängte ich, weil ich immer noch kein Motorgeräusch hörte.
Er ließ den Motor an, ich hörte Reifen auf Kies knirschen.
»Und du? Kommst du nicht dorthin?«
»Doch, aber begreif doch, man darf uns auf keinen Fall zusammen sehen. Vielleicht ist alles nur ein Trick. Vielleicht ahnen sie etwas. Wahrscheinlich wissen sie, dass jemand letzte Nacht bei Rütlipharm eingebrochen ist.« Und möglicherweise wussten sie mehr über Hans-Olofs Verwandtschaft, als uns lieb sein konnte.
Möglicherweise
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