Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
legte mir ein Sammelsurium aus Einzelblättern und ringgebundenen Heften in den Schoß, das gut zehnmal so viel wog wie das Telefon selbst. »Ich habe die beiden Telefonnummern hier oben hingeschrieben, das ist die von meinem Gerät, und das ist deine. Du kannst mich jederzeit anrufen, ich nehme es von jetzt an überallhin mit, egal, und wenn du mich auf dem Klo erwischst. Aber du musst mich auf dem Laufenden halten, hörst du?«
    »Ja, ja«, murmelte ich geistesabwesend und hielt das Gerät ans Ohr. Wie sollte das überhaupt funktionieren? In dieser Stellung befand sich das Mikrofon direkt neben der Wange, ungefähr auf Höhe meiner hinteren Backenzähne. »Wie kommst du auf die Idee, dass das abhörsicher ist? Das geht doch über Funk. Nichts lässt sich so leicht abhören wie Funk.«
    »Das ist digitaler Funk. Alles verschlüsselt. Überall auf der Welt beschweren sich die Geheimdienste, dass sie den Mobilfunk nicht abhören können, und verlangen von den Herstellern, sie sollen leichter knackbare Verschlüsselungstechniken einsetzen. Die Mafia und so weiter, die benutzen alle nur noch Mobiltelefone.«
    »Ah ja?« Das war freilich ein Qualitätssiegel, wenn es denn stimmte. Ich hatte in den letzten Jahren die Zeitungslektüre ein wenig vernachlässigt, und Fernsehen hatte ich noch nie sonderlich leiden können. Mir fiel wieder ein, was Hans-Olof vorhin gesagt hatte. »Wie meinst du das, die Geräte laufen nicht auf deinen Namen? Auf welchen dann?«
    Er musterte mich fiebrig. »Keine Ahnung. Ich habe einfach in der Fußgängerzone einen Jungen angesprochen und gebeten, in einen Telefonladen zu gehen und mir zwei Telefone zu kaufen. Ich habe ihm das Geld gegeben und so weiter, eine Belohnung natürlich auch, aber er kennt weder meinen Namen, noch kenne ich seinen.«
    »Und das hat er einfach so gemacht? Ich meine, er hätte ja mit dem Geld abhauen können.«
    »Ich habe auf der Straße auf ihn gewartet.«
    Ich nahm das Telefon genauer in Augenschein. Es war so klein, dass man es in der Hemdtasche tragen konnte. Das klang alles so, als wäre das Risiko vertretbar. Und es würde nicht schaden, umgekehrt von Hans-Olof auf dem neuesten Stand gehalten zu werden, was Anrufe der Entführer und so weiter anbelangte. »Und wie funktioniert das mit der Bezahlung?«, fiel mir ein. »Ich meine, von welchem Konto buchen die die Telefongespräche ab? Doch wohl kaum von dem des Jungen.«
    »Das geht mit so genannten Prepaid-Karten. Hier, ich habe gleich einen ganzen Satz gekauft.« Er legte ein Bündel in Plastikfolie verschweißter Karten auf den Stapel Papier in meinem Schoß. »Die kann man überall kaufen. Momentan ist ein Guthaben von fünfhundert Kronen auf dem Gerät, und wenn die vertelefoniert sind, nimmst du eine von diesen Karten und nibbelst das Feld da frei. Darunter ist eine Codenummer. Die schaltet weitere fünfhundert Kronen Guthaben frei, wenn du die Telefonnummer hier unten anrufst und dann die Ziffernfolge eintippst.«
    Ich studierte die winzig klein gedruckte Anweisung auf der Rückseite einer der Karten. »Anonym, mit anderen Worten. So wie Briefmarken.«
    »Genau«, nickte Hans-Olof.
    Das war alles nicht dumm überlegt, musste ich mit einigem Widerwillen zugeben. Ich musterte meinen Schwager kurz von der Seite. Am Ende war er doch kein so übler Kerl.
    Wenn man sich vor Augen hielt, zu welchen für ihn mehr als ungewohnten semikriminellen Anstrengungen ihn Kristinas Entführung anstachelte, musste ihm tatsächlich eine Menge an ihr liegen.
    »Also gut«, nickte ich. Ich schnürte meine Umhängetasche auf und stopfte die Bedienungsanleitungen und den restlichen Kram hinein. Das Telefon selbst schob ich in die Jacke. »Ich halte dich auf dem Laufenden.«
    »Danke«, sagte er. »Du ahnst nicht, was das für mich bedeutet.« Er langte noch einmal in die Tasche und holte etwas heraus, einen Prospekt diesmal. »Ich habe ein Zimmer für dich reserviert, im Nordlanden Hotel. Zunächst für drei Nächte, die sind auch schon bezahlt, und wenn du länger bleiben willst, kein Problem. Brauchst du Geld, übrigens?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Hab ich jede Menge.« Im Moment besaß ich gerade mal etwas mehr als dreitausend Kronen Entlassungsgeld, aber das würde ich ihm nicht auf die Nase binden. Sondern demnächst ändern.
    Er drückte mir den Prospekt in die Hand. »Hier, liegt mitten in der Stadt, um die Ecke von den Centralstationen. Es soll ein sehr schönes Hotel sein.«
    »Schöner als das, aus dem ich gerade

Weitere Kostenlose Bücher