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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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inzwischen warm geworden, und der Geruch nach Oregano, heißen Tomaten und Knoblauch, der davon aufstieg und mir um die Nase wehte, begann allmählich mein Beobachtungsvermögen zu beeinträchtigen. Himmel, hatte ich einen Hunger! Kein Wunder, schließlich hatte ich seit meinem verunglückten Frühstück nichts mehr gegessen.
    »Na schön«, erklärte ich, hoffentlich unübersehbar verärgert, riss die Rechnung an mich, faltete sie mit heftigen Bewegungen zusammen und verstaute sie in einer Tasche meines Overalls. »Dann esse ich die Pizza eben selber. Aber«, ich fuchtelte mit dem Zeigefinger, »das merke ich mir. Ihre Firma kommt bei uns auf die schwarze Liste. Sagen Sie das Ihren Leuten. Wenn Sie je wieder Pizza bestellen, brauchen Sie es bei uns nicht mehr zu versuchen.«
    Damit schnappte ich mir die heiße, duftende Styroporbox, klemmte sie unter den Arm und marschierte grimmig davon, direkt in den Flur hinein, an dessen Ende die Tür zur Feuertreppe lag.
    »Halt!«, rief mir die Sekretärin nach. »Das ist der Notausgang! Da können Sie nicht raus.«
    Ich tat, als hörte ich sie nicht. Es waren nur noch ein paar Schritte, und ich musste das Sicherungssystem unbedingt aus der Nähe sehen.
    »So hören Sie doch …!«
    Sie kam mir nachgerannt. Ich hatte die Tür erreicht, packte den Türgriff und rüttelte daran. Verschlossen, aha. Ein Notöffner unter einer Glasabdeckung, vor dem Schloss ein Alarmgerät. »Was ist hier los?«, polterte ich und bückte mich, um die Beschriftung auf dem Gerät zu lesen. Von der Aufschrift auf diesem rot-weiß gestrichenen Metallkasten hing eine Menge ab.
    Da stand die Empfangsdame schon neben mir, heftig atmend, das Gesicht apart gerötet, dampfte schweres, sinnliches Parfüm aus und klopfte auf ein eigentlich unübersehbares Warnschild. »Sagen Sie mal, können Sie nicht lesen?«, rief sie.
    »Da geht es zur Feuertreppe. Das ist nur für den Notfall.«
    Ich richtete mich auf und schnaubte entrüstet. »Kommen Sie mir bloß nicht so! Ich kann sehr wohl lesen. Zum Beispiel kann ich deutlich lesen, dass auf meiner Bestellung › High Tech Building ‹ steht und ›Rütlipharm‹ und ›Johansson‹.«
    Ihr Busen wogte sinnverwirrend. »Ich meinte doch nur … da drüben, da sind die Aufzüge! Hier können Sie nicht raus.«
    »Schwarze Liste!«, rief ich und hielt ihr noch einmal drohend den Zeigefinger unter die Nase. »Sagen Sie das Ihren Herren Johannson.«
    Damit ging ich.
    Fünfzehn Minuten später saß ich auf einer Bank in der großen Halle der Centralstationen, die Pizzaschachtel neben mir, eine Flasche Cola, an einem der Kioske gekauft, in der Hand, und mampfte voller Hochgenuss. Schnurrbart und Kartoffelschnitze hatte ich weggeworfen und mir in einer U-Bahn-Toilette die dunkle Haut halbwegs hell gewaschen. Den Rest würde ich in der Dusche der Pension erledigen und noch ein paar Stunden schlafen, ehe es losging. War mein Auftritt bei Rütlipharm übertrieben gewesen? Hoffentlich nicht. Auf jeden Fall wusste ich nun, was ich tun würde.
    Nachdem ich das dritte Stück Pizza verdrückt hatte, rief ich Hans-Olof an. »Falls du mir immer noch die Daumen drücken willst«, ließ ich ihn kauend wissen, »dann tu es heute Nacht.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Es bleibt dabei, um zwei Uhr nachts geh ich rein.«
    »Und wie lange wirst du brauchen, was denkst du?«
    »Eine Stunde mindestens, vielleicht zwei. Höchstens.«
    »Ich werde im Bett sitzen und von eins bis vier die Daumen drücken.«
    »Brich sie dir nicht«, meinte ich und trennte die Verbindung wieder. Ich war guter Laune.

KAPITEL 23
    Als ich das nächste Mal im Empfang des High Tech Buildings auftauchte, war es kurz vor sieben Uhr abends. Ich trug den schwarzen Trainingsanzug, darüber die bunte, bauschige Jacke, hatte einen dicken Wollschal um den Kiefer gewickelt, und man konnte von weitem sehen, dass mir jede Bewegung wehtat.
    Der Pförtner erkannte den Pizzaboten nicht wieder. »Tut mir Leid, ich muss noch einmal nachfragen«, meinte er entschuldigend, nachdem ihn mein Gebrummel das zweite Mal ratlos gelassen hatte. »Wie war der Name?«
    »Lindeblad«, artikulierte ich erstmals verständlich. »Ich habe einen Zahnarzttermin für neunzehn Uhr.«
    »Das habe ich mir gedacht«, nickte der weißhaarige Mann und fuhr mit dem Finger auf seiner Liste abwärts. »Ah, da stehen Sie ja.« Der Knopfdruck, auf den ich gewartet hatte. »Achter Stock, vom Aufzug aus links.«
    Als ich im achten Stock ankam, war der Schal verschwunden,

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