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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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zum ersten Mal gesehen, als Durham und ich wegen der Leiche angefunkt wurden. Ich kenne die Highgate Woods in- und auswendig, aber diese Hütte war mir noch nie zuvor aufgefallen. Sie ist völlig von Bäumen verdeckt, so dass man sie von den Wanderpfaden aus nicht sieht. Davon abgesehen traut sich momentan sowieso kaum jemand in die Woods. Ich vermute, eine Leiche belegt einen solchen Ort mit einem Fluch. Und ich hab mir gedacht, dass mich wohl niemand genau dort suchen würde, wo erst vor kurzem ein Mädchen vergewaltigt und erwürgt worden ist.
    Die Parkverwaltung hat die Hütte aufgestellt, um Kindern Anschauungsunterricht über das Waldleben zu bieten. Im Sommer ist sie wohl fürs Publikum geöffnet, aber als ich hier eintraf, war sie verschlossen. Hab kaum eine halbe Minute gebraucht, um die Tür aufzubrechen. Abends wird es hier saukalt, aber in einem der Schränke hab ich eine Unterlegplane gefunden. Wenn ich mich darin einwickele, überstehe ich auch die Nächte. Bei einem Vierundzwanzig-Stunden-Shop in der Nähe der Highgate-U-Bahnstation hab ich mich mit Essen, Wasser und Zigaretten eingedeckt. Und seitdem bin ich hier. Wie ein Waldschrat hause ich in den Woods. Ein Einsiedler mitten in London.
    Aber die Nahrungsmittel und Kippen sind mir inzwischen ausgegangen. Weiß sowieso nicht, warum ich hier immer noch ausharre. Vermutlich will ich das Unausweichliche nur noch ’ne Weile hinausschieben.
    Mach schon, Keith, deine Zeit ist abgelaufen.
    Ich muss die Sache endlich hinter mich bringen. Auf keinen Fall werde ich zu meiner ehemaligen Dienststelle gehen. Denen kann ich nun wirklich nicht mehr in die Augen sehen. Ich werdemich auf dem Revier in Archway stellen. Da kenn ich niemanden. Und die sind sowieso für die Sache mit der Fahrerflucht zuständig. Was fraglos schwerwiegender ist, als einer männlichen Politesse die Zähne auszuschlagen. Der Typ tut mir leid, aber ich weiß, es gibt ’ne Menge Leute, die meinen, ich hätte der Gesellschaft damit ’nen großen Dienst erwiesen.
    Aber bevor ich mich stelle, hab ich noch was zu erledigen. Es geht um die ausgestopften Tiere hier. Hab sie in den letzten Tagen gut kennengelernt, obwohl ich nicht so weit gehen würde, sie Freunde zu nennen. Aber so wie die Dinge stehen, sind sie mir momentan am nächsten von allen. Ich mag es nicht, wie sie hier im Dunkeln herumstehen. Das erscheint mir irgendwie nicht richtig. Was lernt man denn schon groß über die Natur, wenn man ihre Bewohner tötet, ausweidet und ausstopft? Ich werde sie wieder der Wildnis übereignen. Und danach werde ich mich stellen.
    Ich werde mit dem Fuchs, dem Wiesel und dem Eichhörnchen anfangen. Also nehme ich die drei und trage sie nach draußen. Ich strecke mich und stelle das Eichhörnchen auf die Zweige eines … Keine Ahnung, wie der Baum heißt. Ich hab ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer von Natur. Das Wiesel platziere ich unter einem Busch und den Fuchs hinter einem Baumstamm.
    Als Nächstes sind die Vögel dran, die ich in die umliegenden Bäume setze. Wahrscheinlich werden sie schon bald vom Wind heruntergeweht, aber für den Moment ist es okay so. Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden. Es ist das Konstruktivste, was ich getan habe seit … Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich zum letzten Mal was Konstruktives getan habe. Ich hab mal im Töpferkurs an der Schule einen Aschenbecher gemacht. Wahrscheinlich war’s das. Und ich war stolz wie Oskar. Hatte das Ding meiner Mutter geschenkt. »Wie wunderbar, Keith«, hat sie gesagt. »Was für ein begabter Junge du doch bist.« Zwei Tage später hab ich den Aschenbecher dann im Mistkübel wiedergefunden. Die Worte und Taten des Menschen unterscheiden sich doch mitunter ganz erheblich voneinander. Ich waracht oder neun damals, doch was Zynismus ist, das hab ich schon viel früher gelernt. Meine Mutter war eine Lügnerin, und der Atem des Weihnachtsmannes stank nach Bier.
    Jetzt fühle ich mich … Na ja, ich würde es nicht als glücklich bezeichnen, aber ich bin nah dran. Die Sache mit den Tieren und der Anruf bei Pam haben mich in die beste Laune seit Wochen versetzt. Es ist mir scheißegal, was die anderen von mir denken, aber Pams Meinung ist mir wichtig. Zu dieser Einsicht bin ich in den letzten Tagen gelangt, und ich hatte ’ne Menge Zeit, darüber nachzudenken. Ich weiß, dass ich für sie nur ein wertloser, gewalttätiger Drecksack bin, aber so lange sie davon überzeugt ist, dass ich derselben Meinung bin, werde ich

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