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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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den drohenden Gefahren da draußen schützen wollte? »Ich nehme an, Sie wollen über Nacht bei ihm bleiben?«, fuhr sie dann fort.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich sie.
    »Wir werden eine Liege in seinem Zimmer aufstellen. Für kleine Patienten wie Ihren Sohn ist es immer das Beste, wenn die Eltern in der Nähe sind.«
    Das brachte mich ein wenig aus der Fassung. So weit hatte ich noch gar nicht gedacht. »Nun ja …«, sagte ich. »Hab zwar einen höllischen Arbeitstag hinter mir, aber natürlich werde ich –«
    »Ich kann hier bleiben … wenn Sie möchten.« Das war Christie, die urplötzlich hinter mir aufgetaucht war, warum auch immer. Wahrscheinlich hat sie sich irgendwie schuldig gefühlt. Die Ärztin ging und überließ uns den weiteren Planungen. Tja, und jetzt bin ich auf dem Weg nach Hause. Ich blieb sogar noch eine weitere Stunde, aber Cameron wachte nicht auf. Und es ist auch überaus sinnvoll, dass Christie bei ihm bleibt. Unmöglich, dass ich morgen nicht zur Arbeit erscheine. Zweiundzwanzig Entlassungen, und die Personalchefin ist nicht im Haus? Das geht beim besten Willen nicht. Wie würde das denn aussehen?
    Ich werfe einen Blick auf meine Aktentasche. Darin die schwarze Liste. Nun, die ist für morgen. Hier und heute freue ich mich einfach nur darauf, endlich nach Hause zu kommen, ein Glas Rotwein zu trinken und ein ausgiebiges heißes Bad zu nehmen. Bin fast da. Nicht, dass mir der Gedanke an ein leeres Haus gefällt. Kein Cameron, keine Christie. Und was ist eigentlich mit Marco? Wer weiß, wo der wieder steckt. Pamela hat den ganzen Nachmittag versucht, ihn zu erreichen. Aber er hat sein Handy ausgestellt. Wie immer. Man fragt sich, warum er esüberhaupt noch mitnimmt. Wo zum Teufel ist er bloß? So was hat er früher auch schon mal gemacht. Ich meine, sich den ganzen Tag einfach ausgeklinkt. Und dann kommt er irgendwann nach Hause und erzählt mir, dass er Kunden akquiriert oder alte Geschäftskontakte wiederbelebt hat und dergleichen … Aber um ehrlich zu sein, ich glaube ihm das nicht. Mein Mann ist definitiv kein Klinkenputzer oder Marktschreier. Und wenn ich ehrlich bin, dann bin ich ziemlich sauer auf ihn. Tatsächlich werde ich immer ärgerlicher, je länger ich darüber nachdenke. Ich hätte Marcos Hilfe heute wirklich gut gebrauchen können. Und Cameron hätte seine Hilfe heute wirklich gut gebrauchen können. Ja, die Hilfe seines Vaters , verdammt noch mal. Der Junge braucht einen Vater, nicht einen stets abwesenden, geistig unbeteiligten – Ich steige auf die Bremse. Herrgott, warum hab ich die rote Ampel nicht gesehen? Und den Schwarzen, der gerade den Broadway überquert? Und der jetzt wie angewachsen mitten auf der Straße steht, direkt vor meinem Wagen, Zentimeter vor meiner Stoßstange. Ein junger Mann, sehr groß, sehr schwarz mit Bob-Marley-Dreadlocks bis runter zum Hintern. Er steht einfach da und starrt mich an. Alles, was ich von seinem Gesicht sehen kann, ist das Weiße in seinen Augen.
    Ich hebe entschuldigend meine Hand – sorry, sorry ! – und drücke mit dem Ellbogen den Türpin herunter. Ich höre, wie die Zentralverriegelung einrastet. Ich bin keine Rassistin, ehrlich, aber man kann nie vorsichtig genug sein, oder? Warum bewegt er sich nicht von der Stelle? Die Ampel steht auf Grün, um Himmels willen. Und ich hab jetzt Vorfahrt. Warum zum Teufel geht er nicht weiter – ah, endlich. Ist schon recht, lass dir Zeit, Kumpel, nur kein Stress. Als ich wieder anfahre, dreht er seinen Kopf in meine Richtung und … War das ein Lächeln? Ehrlich, so was weiß man bei denen nie.
    Carlton : Scheiße, das war knapp. Die Karre hat mich sogar am Bein berührt. Oben an der Wade. Diese Geländewagen sind tierisch hoch, Mann. Ich schaue zum Fahrer auf. Kann die Frau hinterm Steuer nicht richtig erkennen wegen der Scheinwerfer, aber sie sieht ziemlich erschrocken aus. Irgendwie komisch, oder? Dabei bin ich doch der, dem sie fast die Beine zertrümmert hätte. Gut, dass Rick und die anderen nicht hier sind. Die hätten ihr die Karre unterm Arsch weggeklaut. Rick ist ’n saudummer Hund. Wenn der ’nen Fünfzigtausend-Pfund-Wagen in die Hände kriegen würde, würde der gar nicht wissen, was er damit anstellen soll, und das Ding vor den nächsten Baum setzen. Ja, echt gut, dass Rick nicht hier ist. Hab genug Scheiße mitgemacht heute. Bin ja wieder mal festgenommen worden … Das Übliche also. Nichts als Zeitverschwendung.
    Ich lächle der Frau zu und gehe weiter.

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