Der normale Wahnsinn - Roman
Ehrlich, im Moment würde ich ihn am liebsten … ermorden.«
Wäre eine Scheidung nicht vielleicht die humanere Lösung?
»Ich drehe hier noch durch, ich schwöre es dir«, fährt sie fort. »Ich muss unbedingt mit jemandem reden, bevor ich noch was Dummes anstelle.«
»Du weißt, ich bin immer für dich da, Kate.«
»Kann ich gleich bei dir vorbeikommen?«
»Na ja, ich muss jetzt erst mal die Kinder zur Schule bringen«, sage ich.
»Ach ja, die Kinder«, erwidert sie mit kühler Stimme.
Tja, nicht alle Mütter sind mit einer 24-Stunden-Nanny gesegnet, denke ich und merke, wie ich sauer werde. Aber ich darf mir nichts anmerken lassen. Nach allem, was geschehen ist, sollte ich ihr gegenüber ein bisschen nachsichtiger sein, nicht?
»Ich würde ja Dom bitten, das zu erledigen«, sage ich, »aber der hatte gestern Abend einen Auftritt. Auf einer Firmenveranstaltung, und so was hasst er nun mal wie die Pest. Kam mit einer Stinklaune wieder nach Hause. Ich würde die Kinder nur ungern seinem noch nicht verrauchten Zorn aussetzen, wenn du verstehst, was ich meine. Ach, ich sag dir, wir und unsere Männer!«
»Vielleicht könnten wir uns treffen, nachdem du die Kinder in die Schule gebracht hast?«, greint Kate. »Sorry, aber ich bin echt verzweifelt.«
»Ja, ja«, sage ich, während ich im Geiste mein Tagespensum durchgehe. »Ich möchte heute Vormittag auch noch im Krankenhaus vorbeischauen. Muss mich noch nach den Besuchszeiten erkundigen. Ich hab Paul versprochen zu kommen.«
»Paul?«, fragt Kate.
»Alis Mann. Du hast ihn auf unserer Party kennengelernt. Vielleicht erinnerst du dich, dass Ali sich einer IVF-Behandlung unterzieht? Sie musste zu diesem Zweck wieder mal in die Klinik, aber dann ergaben sich so schlimme Komplikationen, dass sie letzte Nacht notoperiert werden musste. Paul rief mich nur kurz an, um mir zu sagen, was los ist.«
»Das klingt ja schrecklich«, sagt Kate ohne merkliche Anteilnahme. Ich hatte wohl Recht mit meinem Eindruck, dass sie an dem betreffenden Abend nicht viel mit Ali anfangen konnte. Zwar ließ sich keine der beiden etwas anmerken, aber ich konnte so was wie eine spontane gegenseitige Abneigung spüren.
»Okay, ich bringe jetzt erst mal die Kinder zur Schule, rufe dann im Krankenhaus an und melde mich danach noch mal bei dir«, schlage ich vor.
»Okay«, erwidert sie ein bisschen verschnupft. Rücksichtnahme und Verständnis waren noch nie Kates Sache. Wann immer nötig, besinnt sie sich auf mich als ihre beste Freundin und erwartet, dass ich alles für sie stehen und liegen lasse – einschließlich des kleinen Josh, der just im Moment sein Bäuerchen macht und sich über meiner Schulter erbricht. Kates Egomanie ist manchmal schwer zu ertragen, aber ich denke, ich bin ihr was schuldig, nachdem ich fast ihren Mann hinter Gitter gebracht hätte.
»Keine Sorge, wir sehen uns noch heute Vormittag, versprochen«, sage ich.
»Okay«, sagt sie wieder.
»Und halt bis dahin die Ohren steif, ja? Brendon, der Toaster! Du musst das Gerät im Auge behalten, sonst verbrennt das Brot, Schätzchen. Sorry, Kate, aber hier bricht gerade das Chaos aus. Jesus, jetzt geht auch noch der Feuermelder los. Ich muss Schluss machen. Wir sehen uns später, versprochen.«
Ich beende das Telefonat und versuche, wieder Ordnung in meine Küche zu bringen, die aussieht wie nach einem Bombenangriff auf Bagdad – schwarzer Rauch, eine ohrenbetäubende Sirene und schreiende Kinder inklusive. Und zu allem Überfluss erscheint jetzt auch noch ein unrasierter, missgelaunter, irgendwie an Saddam Hussein erinnernder Dom in der Küchentür.
»Sagt mal, geht’s euch noch gut?«, bellt er uns über den Krach hinweg an. »Herrgott, Siobhan, hier sieht’s ja aus wie im Schweinestall. Was zum Teufel ist hier eigentlich los?«
Hab ich gesagt, eine Scheidung wäre die humanere Lösung? Im Moment jedenfalls bin ich ganz auf Kates Linie und frage mich, wie sich das lange Brotmesser wohl im Bauch meines Mannes machen würde.
Siobhan : Mit einem Strauß weißer Lilien in der Hand stürme ich aus dem Blumenladen. Das Gebinde sieht toll aus, aber irgendwie erinnert es mich plötzlich an eine Beerdigung. Die Blumen sind für Ali, die, laut Paul, tatsächlich an der Schwelle zum Tode gestanden hat, aber inzwischen Gott sei Dank wieder auf dem Wege der Besserung ist. Insofern sind weiße Lilien vielleicht doch ein bisschen taktlos, oder?
Ali hat wirklich einen schlimmen Leidensweg hinter sich. Die Privatklinik
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