Der Novembermörder
verkaufen, wenn sie nur tat, was er wollte. Er hat ihr das Blaue vom Himmel versprochen. Aber die Lady steht mit beiden Beinen auf dem Boden, sie hat ihn nur gebeten, schleunigst zu verschwinden. Das Interessante dabei ist aber, dass er sowohl sie als auch ihre Kollegin gefragt hat, ob sie nicht Stoff kaufen wollten. Er hat behauptet, er könnte alles beschaffen, was sie sich nur wünschten.«
Tommy machte eine Pause, zerbrach seinen Mariekeks in drei Teile und stopfte einen nach dem anderen in den Mund. Jedes Stück spülte er mit einem kleinen Schluck Kaffee hinunter. Nach abgeschlossenem Ritual fuhr er fort: »Die Befragung der Frau, die unter von Knechts Büro wohnte, hat viele der Aussagen der Friseuse bestätigt. Es war nur ein kurzes Gespräch. Ihrem Mann geht es auf Grund des Herzinfarktes sehr schlecht. Sie erzählte, dass bei Bobo Torsson immer eine Menge komischer Typen herumliefen. Und sie sprach von ein paar wüsten Festen, die das ganze Haus bis in die Morgenstunden wach hielten. Ich habe besonders nach der Freitagnacht gefragt, ob sie gegen ein Uhr etwas aus von Knechts Wohnung gehört hätte. Zuerst konnte sie sich nicht daran erinnern, aber nach einer Weile ist ihr eingefallen, dass das die Nacht war, in der sie aufgewacht ist, weil jemand die Treppe rauf- und runterlief. Mindestens dreimal, wie sie sagt. Aber sie wusste nicht, ob der Lärm direkt aus von Knechts Wohnung kam.«
Der Kommissar hörte aufmerksam zu. Endlich begann sich hinsichtlich der Berzeliigatan etwas zu bewegen. Eifrig sagte er: »Das bestätigt nur das, was wir schon wissen. Er hat gedealt. Aber was für ein unvorsichtiger Kerl, die Leute im eigenen Haus zu fragen! Musste das Haus deshalb unbedingt in die Luft fliegen? Was musste da vernichtet werden, was sollten wir nicht zu sehen kriegen? Stoff? Drogenproduktion?«
Eine nachdenkliche Stille folgte der letzten Frage des Kommissars. Hannu richtete sich auf seinem Stuhl auf und bat ums Wort: »Nein. Drogenherstellung kann man riechen. Wenn man alles zusammenzählt, dann lag die Bombe fast seit vier Tagen geladen da. Das war von Knecht, der in die Luft gesprengt werden sollte.«
»Aber am Mittwoch war er doch schon seit vierundzwanzig Stunden tot!«
»Aber nicht Freitagnacht. Da lebte er noch. Als die Bombe installiert wurde.«
Wieder stieg Andersson die Farbe in die Wangen und er glotzte Hannu an.
»Das hieße, dass es sich um zwei Mordversuche an von Knecht handelt!«
»Ja.«
»Würde das auch bedeuten, dass wir es mit zwei Mördern zu tun haben?«
»Kann sein.«
»Dann kam der, der von Knecht über den Balkon gestoßen hat, dem Bombenleger zuvor!«
Irene sah Hannu nachdenklich an. Sinnend sagte sie: »Da kann was dran sein. Mörder Nummer eins befestigt Freitagnacht die Bombe in der Berzeliigatan und wartet darauf, bis von Knecht kommt und sich selbst in die Luft jagt. Aber da kriegt Richard von Knecht eine Erkältung und lässt sich weder Montag noch Dienstag blicken. Am Dienstag isst er mittags mit Valle Reuter. Und am Dienstagabend wird er von Mörder Nummer zwei ermordet! Ohne seinen Fuß in den letzten Tagen in die Bürowohnung gesetzt zu haben! Aber derjenige, der die Bombe gebaut hat, weiß, dass es sie gibt, zur Explosion bereit, sobald jemand die Tür öffnet. Es gibt keine Hintertreppe zur Wohnung, er kann die Bombe also nicht entschärfen.«
»Wie hat er dann den Stahldraht des Zündmechanismus an der Klinke der Wohnungstür befestigt?«, wollte Birgitta wissen.
»Er muss draußen gestanden haben und den Stahldraht mithilfe eines langen Hakens eingefädelt haben. Das muss ziemlich nervenaufreibend gewesen sein und nicht gerade eine Tätigkeit, die man gerne zweimal macht. Das wäre auch viel zu riskant gewesen. Also, was tut er? Genau, er schickt so eine unbedeutende Person wie eine finnische Putzfrau«, spann Irene weiter ihre Theorie.
»Dann wusste der Bombenleger also nicht, dass Pirjo drei Kinder hat?«
»Oder es war ihm egal.«
Irene lief es eiskalt über den Rücken angesichts dieser berechnenden Bosheit. Sie sah, dass auch Tommy und Birgitta sich unbewusst schüttelten. Da bemerkte sie, dass Jonny ungewöhnlich still dasaß. Sie warf ihm einen Blick zu und stellte fest, dass er in Grübeleien versunken war. Als hätte er ihre Gedanken gehört, bat er ums Wort.
»Ich überlege gerade. Wer und warum? Was wissen wir von Lillis? Er ist ein notorischer Radaubruder, kennt einen oder mehrere von den Hell’s Angels und hat mit seinem Cousin Bobo
Weitere Kostenlose Bücher