Der Novembermörder
Essen und Schnaps im Clubhaus gibt, und so weiter. Ganz unten in der Hierarchie stehen die Mädchen. Die haben gar nichts zu sagen«, erklärte Birgitta trocken.
Jonny bemerkte grinsend: »Was für eine gut geregelte Gesellschaft, in der die Bräute immer wissen, wo ihr Platz ist!«
Andersson warf ihm einen finsteren Blick zu, sodass er seine Meinung über die Sozialstruktur der Hell’s Angels nicht weiter verkündete. Irgendwo im tiefsten Inneren des Kommissars sagte ihm eine beunruhigende Stimme, dass es ebenso gut Jonnys Volvo gewesen sein konnte wie Bobos Toyota, den die alte Dame in Birgittas Hauseingang gesehen hatte. Entschlossen schob er diesen Gedanken beiseite.
Birgitta presste die Zähne aufeinander, fuhr aber scheinbar ungerührt fort: »Wir werden morgen mehr von den Drogenleuten erfahren. Aber ich werde zusehen, ob ich nicht mit Lillis und Hoffa weiterkomme.«
Entschlossen schlug Andersson mit der Handfläche auf den Tisch. »Gut, dann legen wir jetzt los! Wenn ihr auf etwas von Interesse stoßt – ich bin bis heute Abend hier zu erreichen.«
Alle standen auf und machten sich an ihre jeweiligen Aufgaben, Irene nahm schnell noch Tommy zur Seite.
»Du bist um sechs zum Essen willkommen. Jenny ist zu Hause. Und keine Sorge: Krister hat die Küche übernommen.«
Irene war überrascht, dass Sylvia von Knecht zu Hause war und gleich ans Telefon ging. Aber Ivan Viktors hatte ja gesagt, dass er Sonntagabend nach Kopenhagen zurückfahren würde. Sylvia wollte sicher nicht allein da draußen in Särö bleiben. Ohne große Begeisterung stimmte Sylvia Irenes Vorschlag zu, gegen elf Uhr vorbeizukommen, um ihr einige Fragen zu stellen.
Irene versuchte ihren Bericht über die Ereignisse in Billdal anzufangen, aber sie kam nur mühsam in Gang. Sie rief Krister an, und sie machten ab, dass sic ihn nach ihrem Besuch bei Jimmy abholen wollte. Sie trank den Rest Kaffee aus der Thermoskanne und schaute hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen und eine blasse Sonne sickerte durch die Wolken hindurch. Sechs Grad plus. Die reinste Wärmewelle, im Vergleich zu den Temperaturen der letzten Wochen. Schnell beschloss sie, zu Fuß zur Molinsgatan zu gehen. Das würde genau die gute halbe Stunde dauern, die noch bis elf Uhr fehlte, wenn sie langsam ging. Sie zog sich ihre Lederjacke über und ging hinaus.
Der Verkehr war dicht und die Luft von Abgasen gesättigt. Hedens großer Fußballplatz lag voller Pfützen verlassen da. Sie überquerte Södra vägen und schlenderte die Kristinelundsgatan hinauf. Ein Blick in die exklusiven Schaufenster der Kleidungsgeschäfte erinnerte sie daran, dass sie sich eine neue Jacke kaufen musste. Die, die in Billdal voll gepisst worden war, hatte sie sofort weggeworfen, ohne überhaupt zu versuchen sie zu waschen. Die Lederjacke, die sie jetzt anhatte, war zu warm. In der Kungsportsavenyn blieb sie stehen und schaute sich die Schaufenster von KappAhl an, während sie sich diskret die Jacke aufknöpfte. Das letzte Stück ging sie durch den Vasapark. Auf der Rückseite der Universität sah sie eine Gruppe Jugendlicher. In der Mitte stand ein großer, farbiger Junge. Vom Kopf standen fettige, zusammengedrehte Rastazöpfe ab. Irenes Herz machte einen Schlag extra. War da irgendeine Form von Misshandlung im Gange? Aber alles sah recht harmonisch aus. Ohne zu zögern oder etwas zu verheimlichen, übergab der Rastatyp kleine Tüten und bekam zerknitterte, verschwitzte Scheine von den anderen zurück. Ecstasy für die Raveparty am nächsten Wochenende wahrscheinlich.
Was war eigentlich der Unterschied zwischen Bobo Torssons Drogengeschäften und denen dieses Rastatypen? Das Milieu. Aber verrauchte Nachtclubs und Treffpunkte, die gerade in sind, ändern nichts an der Tatsache, dass es hier letztendlich nur um Drogen ging, die gehandelt wurden. Und dass die Käufer drogensüchtig sind, wie hartnäckig sie es auch leugnen. Besorgt schaute sie die Jugendlichen an. Einige versuchten es nur aus Neugier, bekamen Angst und hörten gleich wieder auf. Aber viele von ihnen würden sicher an dem Zeug hängen bleiben. Einigen würde es wohl gelingen, sich mit viel Mühe von ihrer Abhängigkeit zu befreien. Aber alle wären gezwungen, mit dem zu leben, was während ihres Drogenmissbrauchs passiert war.
Sie prägte sich das Aussehen des Dealers ein, um davon zu berichten, wenn sie wieder im Präsidium war. Die Streetworker von der Drogenabteilung kannten ihn bestimmt schon.
Sylvia von Knecht sah müde und
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