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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Woche passiert ist, als sie den Wagen abgeholt hat. Was werfen Sie mir eigentlich vor?«
    »Wir werfen Ihnen gar nichts vor. Sie sind höchstens verdächtig, falsche Angaben gemacht zu haben in Bezug auf den Mord an Richard von Knecht. Wir wissen noch nicht genau, ob dem so ist. Und das versuchen wir herauszukriegen«, erklärte Tommy im besten Polizistentonfall.
    Irene beschloss, das anzubringen, was die ganze Zeit in ihrem Unterbewusstsein bohrte, seit sie zum ersten Mal davon gehört hatte. Jonnys Plattfuß hatte es ihr bewusst gemacht. Unerschütterlich fragte sie: »Robert, niemand kümmert sich darum, den Ersatzreifen zu überprüfen. Niemand! Und am allerwenigsten Charlotte. Was ist damals wirklich vorgefallen?«
    Tommy schaute sehr ernst drein und sah Robert unverwandt in die Augen, während er nachhakte: »Robert, wenn Sie uns angelogen haben über das, was am Dienstagabend passiert ist, dann sind Sie mitschuldig an einem Verbrechen. Das kann zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe führen. Ist sie das wert?«
    Robert zuckte zusammen. Er zupfte immer noch an dem Bieretikett und schien ganz vertieft in dessen kunstvolle Formen zu sein. Er schluckte ein paar Mal, bevor er antwortete: »Sie ist so schön. Aber sie schluckt Tabletten, zusammen mit Wein. Sie hat ein paar Mal gefragt, ob ich auch welche will … aber so einen Mist rühre ich nicht an. Was rauchen, das habe ich schon mal versucht. Aber das hier ist mir zu heavy. Zum Schluss habe ich mich gar nicht mehr getraut, überhaupt was zu trinken. Wenn sie nun irgendwas in den Wein gekippt hat.«
    »Dann wussten Sie vorher nicht, dass Charlotte Drogen nimmt?«
    Er schüttelte energisch den Kopf. Dann rief er aus: »Ich kenne sie doch gar nicht! Das war wie so ein verrückter Sextraum! Sie war nackt darunter! Und ich … ich konnte einfach nicht widerstehen.«
    Schwer stützte er seinen Kopf in die Hände. Da er anscheinend nicht weiterreden wollte, unternahm Irene den Versuch, ihn etwas zu beruhigen, damit er weitersprach. Mit leicht spöttischem Ton sagte sie: »Aber Robert, Sie sind doch wohl alt genug, um zu wissen, dass alle Frauen unter ihren Kleidern nackt sind?«
    Er lachte auf und warf ihr einen verzweifelten Blick zu.
    »Aber nicht direkt unter dem Mantel!«
    Irene gab Tommy ein Zeichen. Das sah ganz nach einem Männergespräch aus. Er begriff sofort und wandte sich mit einer Miene größten Verständnisses an den jungen Mann. Behutsam fragte er: »Robert, reden Sie jetzt von dem Dienstagabend letzte Woche, als Charlotte kam, um ihr neues Auto abzuholen?«
    »Ja.«
    »Wann haben Sie Charlotte zum ersten Mal gesehen?«
    »Drei oder vier Wochen vorher. Wagen mit einer Sonderlackierung haben immer eine gewisse Lieferzeit.«
    »Hatte Charlottes Wagen eine Sonderlackierung?«
    »Ja. Hellgelb. Ein sanftes Zitronengelb. Verdammt schöne Farbe.«
    »Und was passierte dann, als Sie ihr den Wagen übergeben sollten?«
    »Ich habe den ganzen Freitag und Samstag versucht sie anzurufen, weil wir den Bescheid gekriegt hatten, dass der Wagen nach dem Wochenende kommen sollte, am Montagvormittag. Sie ging erst kurz vor Feierabend ans Telefon. Da haben wir abgemacht, dass sie am Montagnachmittag kommen sollte. Aber sie kam nicht. Am Dienstag habe ich dann vormittags bei ihr zu Hause angerufen, aber sie war nicht da. Dann rief sie von sich aus gegen drei Uhr nachmittags an und sagte, dass sie in einer Stunde kommen würde, um den Wagen zu holen. Und sie sagte, dass sie wollte, dass ich ihr ihn zeigte. Und ich … wollte das natürlich gern.«
    Er verstummte und schaute auf seine nervösen Finger. Fast das ganze Etikett war von der Flasche abgekratzt. Tommy beugte sich vor und fragte leise: »Wann kam sie?«
    »Kurz nach vier. Sie trug so einen Druckknopfregenmantel, mit einem Gürtel fest in der Taille zusammengeschnürt, und hochhackige Schuhe. Als wir ihren alten Wagen durchgingen, den sie in Zahlung gab, rutschten die Mantelteile ein bisschen auseinander, und ich konnte sehen, dass sie solche Perlonstrümpfe trug, die von allein am Bein sitzen. Und sonst nichts. Als sie sich über den Sitz beugte … da konnte ich es sehen … nackt. Sie war nackt. Abgesehen von den Strümpfen.«
    Er verstummte und bekam rote Wangen. Er warf Irene einen verstohlenen Blick zu. Sie erwiderte ihn mit gespieltem Desinteresse. Aber in ihr tobten die Gefühle! Das war mit das Ausgekochteste an Verführungstaktik, von dem sie je gehört hatte.
    Tommy schien sich nicht um ihre Anwesenheit

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