Der Novembermörder
dort gewesen. Und als er angerufen hatte, war auch niemand in der Abteilung anzutreffen gewesen. Dann hatte er auch noch zu Hause bei Birgitta und Fredrik angerufen. Was er denn gemacht hätte, als Birgitta versucht hatte, ihn um Viertel nach fünf zu erreichen? Nun ja, … da hatte es eine Oldtimerausstellung in der Svenska Mässan gegeben, und da hatte er mal reingeschaut, bevor er seinen Beobachtungsposten einnehmen wollte …
Andersson seufzte laut und vernehmlich. Es ist schon irritierend, wenn die Leute bereits zehn Jahre vor dem eigentlichen Zeitpunkt mental in Pension gehen, aber weiterhin zur Arbeit erscheinen. Um nicht zu zeigen, was er dachte, sagte er mit rauer Stimme: »Ja, ja. Ich selbst habe mit Erkältung im Bett gelegen. Dann wissen wir also, was alle gestern gemacht haben. Nur von dir haben wir noch nichts gehört, Hannu. Wie war denn dein Sonntag?«
»Gut.«
Was hatten sie denn erwartet? Eine lyrische Abhandlung über den phantastischen Tangoabend in den Räumen des Finnischen Vereins, oder wo auch immer dieser Mann sich wohl aufgehalten hatte?
Ein erneutes Räuspern sollte die Verlegenheit des Kommissars kaschieren, bevor er zur Zusammenfassung ansetzte: »Also, die Lage ist wie folgt: Henrik von Knecht ist gestorben, noch bevor der Hubschrauber kam. Er hatte starke innere Blutungen, und beide Lungenflügel waren von eingetretenen Rippen punktiert. Lillis Johannesson ist angeklagt wegen Mordes an ihm. Wie üblich sagt er nichts, außer: ›Dieser Scheißkerl hat gekriegt, was er verdient hat.‹ Hoffa liegt im Koma, der Ausgang ist ungewiss. Den anderen MC-Kerl, Paul Svensson, haben wir wegen Mordversuchs an Irene und Jimmy Olsson festgenommen. Sowie wegen Verstoßes gegen die Rauschgiftgesetze, da er eine ganze Menge Stoff bei seiner Festnahme dabeihatte. Übrigens kann ich euch mitteilen, dass es Jimmy gut geht. Ich habe diese stellvertretende Kommissarin bei den Drogenheinis getroffen, diese Nilsson.«
»Nilsén. Annika Nilsén.«
Irene korrigierte ihn. Sie war müde bis zur Erschöpfung und merkte selbst, dass ihre Toleranzgrenze sehr niedrig lag. Nur gut, dass sie heute nur noch Berichte schreiben musste.
Sie würde versuchen, so früh wie möglich nach Hause und ins Bett zu kommen.
Andersson tat, als hätte er sie gar nicht gehört und fuhr fort: »Also, dieser Paul Svensson taut langsam ein wenig auf. Er ist bald auf kaltem Entzug. Dieser Sch… Mistkerl hat seit zwei Tagen keinen Stoff mehr gekriegt und fängt an gesprächiger zu werden. Vielleicht verplappert er sich ja, sodass wir etwas gegen Lillis in die Hand bekommen.«
Irene machte eine müde Handbewegung und bat ums Wort.
»Ich glaube, das ist genau die richtige Strategie, um diesen Fall hier zu lösen. Wir müssen einen gegen den anderen ausspielen. Paul Svensson soll ruhig glauben, dass Lillis geredet hat und umgekehrt. Schwierig wird es nur sein, Sylvia von Knecht zum Reden zu bringen …«
Birgitta unterbrach sie vorsichtig: »Entschuldige, aber Sylvia von Knecht ist heute Nacht in die Psychiatrie eingeliefert worden. Als der Pfarrer ihr mitgeteilt hat, was mit Henrik passiert ist, brach sie vollkommen zusammen. Diesmal ernsthaft. Sylvias Schwester Arja hat vor einer Weile angerufen.«
Ein Eiskristall glitzerte in Irenes Augen, als sie trocken feststellte: »Es gibt da aber noch eine Person, die nicht so schnell zusammenbricht, nämlich Charlotte von Knecht. Vielleicht können wir sie überzeugen, dass es besser für sie wäre, wenn sie den Mund aufmacht.«
Fredrik warf voller Eifer ein: »Der Schlüssel an der Haustür hing doch an einem Schlüsselbund, an dem ihr Name eingraviert war! Und außerdem hing ein Schlüssel für das Tor und einer für Henriks Zimmer dran. Das ist doch wohl ein Beweis? Ich meine, schließlich stand ihr Name drauf!«
Irene schüttelte den Kopf und sagte müde: »Solche fertig gravierten Namensschilder kann man in fast jedem Laden oder an jeder Tankstelle kaufen. Außerdem kann sie behaupten, dass er sich heimlich die Schlüssel genommen hat. Nein, wir müssen diese feine Dame festnageln. Und zwar richtig!«
Andersson sah sie aus seinen geröteten Augen an und fragte ruhig: »Du glaubst also, sie war es?«
»Ja. Ich glaube, dass sie direkt in den Mord an Richard von Knecht verwickelt war. Und bei dem Mord an ihrem Mann behilflich war«, antwortete Irene.
Sie schloss die Augen und presste die Fingerspitzen leicht gegen die Schläfen, um den Kopfschmerz zu unterdrücken. Noch nie in
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