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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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klar: Der Mensch wollte einfach einmal den vier Wänden des Polizeipräsidiums entfliehen. Von Zeit zu Zeit hatte er das Gefühl, sie würden ihn erdrücken. Nicht, dass die Wände der Pathologie weniger erdrückend waren, aber zumindest war es ein Ortswechsel.
    Yvonne Stridner war nicht in ihrem Zimmer. Wie ungern er es auch tat, er musste in den Obduktionssaal gehen. Mit einem flauen Gefühl im Magen bereute er seinen Ausflug bereits.
    Sie stand dort in einem grünen Papierkittel und einer duschhaubenähnlichen Kappe aus dem gleichen Material und sprach mit einem jungen Mann, der ebenfalls Operationskleidung trug. Langsam zog sie sich die Gummihandschuhe aus, während sie kalt den Prüfling beäugte.
    »Wenn Sie nicht einmal den Kurs in Gerichtsmedizin schaffen, dann kann ich nicht begreifen, wie Sie die bisherigen Obduktionen bestanden haben. Offensichtlich sind Sie einer dieser typischen Schmarotzer. Andere können die Dreckarbeit machen, während Sie daneben stehen und ›assistieren‹. Das heißt, Sie reichen die Instrumente und gucken woanders hin. Gehen lieber raus, wenn es zu eklig wird. Begreifen Sie denn nicht, dass die Pathologie die Grundlage jeder Medizin ist! Wenn Sie nicht wissen, wie ein Mensch von außen und innen aussieht, der von einer besonderen Krankheit oder einem Trauma befallen war, dann können Sie auch nicht wissen, was überhaupt geschehen ist. In welchem Stadium ist die Krankheit? Wie entwickelt sie sich? Was geschieht mit dem Patienten? Und wenn der Patient tot ist: Was ist passiert, warum ist es passiert? Wenn Sie das nicht interessiert, dann bin ich ernsthaft der Meinung, Sie sollten sich noch einmal gründlich überlegen, ob Sie überhaupt für den Arztberuf taugen! Sie sind durchgefallen!«
    Der junge Mann hatte während der ganzen Abfertigung kein Wort gesagt. Ohne ein Wort drehte er sich auf den Hacken um und stürmte hinaus. Offenbar sah er den Kommissar gar nicht, der jedoch in den Augen des Prüflings lesen konnte wie in einem Buch. Ein alter Kriminaler erkennt einen mordlüsternen Blick, wenn er ihn sieht.
    Stridner entdeckte ihn und nickte ihm kurz zu. Sie schaute ihn düster an und der Kommissar hatte das deutliche Gefühl, dass auch er nicht bestanden hatte.
    »Diese Prüflinge haben ein immer schlechteres Niveau. Es sind Schleimer. Sie glauben, es würde genügen, ein paar Seiten in einem Kompendium zu lesen um durchzukommen! Es ist nicht die geringste Bereitschaft zu erkennen, vielleicht mal etwas zusätzlich zu machen«, fauchte die Professorin.
    Sie schnaubte laut verächtlich und fixierte Andersson. Sein Gefühl, dass das endgültige Urteil gleich gefällt würde, verstärkte sich.
    »Und dann ihr von der Polizei! Könnt nicht mal Männlein von Weiblein unterscheiden.«
    Verblüfft sah er die wütende rothaarige Pathologin an. Zaghaft stammelte er: »Das … das können wir eigentlich schon.«
    »Aber diesmal nicht.«
    Mit entschlossenen Schritten ging sie durch den Saal, auf einen Obduktionstisch zu. Ihm drehte sich der Magen um, als ihm klar wurde, was sie tun wollte. Schnell zog sie das Laken herunter. Der Körper war vollkommen verkohlt. Arme und Beine waren in der typischen Fechterstellung verkrampft, nachdem die intensive Hitze die Muskulatur zusammengezogen hatte. Ein schwacher Geruch von gebratenem Fleisch drängte sich zwischen die übrigen Odeurs des Obduktionssaals.
    »Gestern haben sie die Leiche spätnachmittags hergebracht. Eure Jungs haben gesagt, das wäre der Körper eines jungen Mannes, knapp über zwanzig«, sagte Stridner.
    »Ja, das stimmt. Mattias Larsson …«
    »Das stimmt nicht! Der Körper, den ich heute Morgen hier obduziert habe, gehört einer Frau mittleren Alters. Wahrscheinlich zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig Jahre alt. Größe ungefähr einsfünfundfünfzig. Über das Gewicht ist schwer was zu sagen, aber sie war kräftig. Schlechter Zustand der Zähne. Sie hat Kinder geboren. Eine Europäerin.«
    Der Kommissar starrte die schwarz verbrannte Leiche an. Einen Moment lang wurde ihm schwindelig, aber das ging schnell vorbei.
    »Finnin«, brachte er heraus.
    Andersson hörte selbst, wie heiser seine Stimme klang. Die Stridner warf ihm einen scharfen Blick zu und wiederholte kurz: »Finnin? Schon möglich. Sucht ihr eine Finnin?«
    »Das kann man wohl sagen! Pirjo Larsson, zweiunddreißig Jahre alt. Die Beschreibung stimmt ansonsten. Sie war von Knechts Putzfrau. Aber was zum Teufel macht sie hier?«
    »Ja, hierher ist sie nicht

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