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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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nichts.
    Als sie schließlich aufgaben, mit dem Rücken an einem Haufen Reis und matt aneinandergelehnt, wurde das Licht, das durch die Bretter unterhalb des Daches drang, bereits heller. Ein Lichtstrahl kroch über den Boden auf Tarōs Fuß zu. Heikō verzog das Gesicht, als Tarō den Fuß zurückriss. »Wir müssen dich hier herausschaffen.«
    Tarō nickte. Dann knackte draußen ein Zweig, und Tarōs Kopf fuhr herum. Er hörte Stimmen, die sich näherten, lachend und scherzend. »Es ist ein Jammer, jetzt schon etwas von dem getrockneten Reis zu nehmen«, sagte ein Dorfbewohner.
    »Schlechte Ernten sind immer ein Jammer«, erklärte ein anderer.
    »Vor allem, wenn die Fürsten zugleich noch die Steuern anheben«, brummte eine jüngere, tiefere Stimme.
    »Psst!«, zischte eine weitere Stimme, als sei es selbst mitten im Nirgendwo gefährlich, so etwas zu sagen.
    Tarō und Heikō wechselten einen nervösen Blick. Gleich würde man sie entdecken!
    Tarō wusste, dass er keine Zeit mehr zu verlieren hatte. Das Licht würde ihm vielleicht wehtun, obwohl es noch kein richtiges Tageslicht war, aber zumindest würde er die Männer von Heikō ablenken.
    Dann erscholl direkt vor der Tür ein Ruf. »Die Wachen! Jemand hat sie überwältigt! Hideo, den Schlüssel! Wir haben Diebe im Dorf!«
    Tarō deutete auf die Reisberge. »Grab dich darin ein«, sagte er zu Heikō. »Mir passiert schon nichts, versprochen.« Wie gern hätte er sich so zuversichtlich gefühlt, wie er sich anhörte.
    Ein metallisches Klicken ertönte, und dann öffnete sich quietschend die Tür.
    Tarō spannte sich in Erwartung der Schmerzen an, die mit dem Licht kommen mussten, und stürzte zur Tür.
    Blitzartig erkannte er, dass einer der Männer  – ein Dorfältester, vermutete Tarō, denn der Mann hatte einen dicken, weichen Bauch  – einen Geldbeutel am Gürtel trug, und das brachte Tarō auf eine Idee. Wenn er das Geld stahl, würden sie ihn verfolgen müssen.
    Dann war Heikō im Reisspeicher sicher.
    Er stürmte direkt auf die Männer zu. Die wichen überrascht zurück, so dass Tarō genug Platz hatte, sich zu ducken, den Geldbeutel zu packen und vom Gürtel des Mannes zu reißen. Einer der Männer schnappte nach Tarō, als er an ihm vorbeilief, und bekam seinen Umhang zu fassen, doch Tarō warf sich zur Seite und schaffte es, sich loszureißen. Dann rannte er den Pfad entlang davon. Furchtsam blickte er zum Himmel auf. Licht stahl sich über die Baumwipfel herab, und als er wieder zu Boden schaute, breitete sich ein schwacher Schimmer auf dem alten Laub aus.
    Er rieb sich das Gesicht. Noch spürte er keinen Schmerz, aber er wusste, dass der bald kommen würde.
    Wenn er es nicht schnell in tiefen Schatten schaffte, würde er sterben.
    Die Männer drehten sich um, brüllten laut und rannten ihm nach. Tarō musste etwas langsamer laufen, damit sie halbwegs mithalten konnten. Er war jetzt so viel stärker, so viel schneller, dass er es leicht übertreiben könnte. Er blieb stehen und blickte sich um. Die Männer trampelten keuchend hinter ihm her. Einer deutete auf ihn. »Ninja!«
    Tarō wandte sich wieder nach vorn und lief weiter, vom Pfad weg in den Wald. Er rannte jetzt steil bergauf. Der Boden war mit Steinbrocken und Wurzeln übersät. Tarō hoffte, die Männer zu ermüden  – wenn er Glück hatte, vertraten sie sich auch den einen oder anderen Knöchel. Er sprang leichtfüßig bergauf, denn seine Koordination und seine Reflexe wurden von Tag zu Tag besser. Er fühlte sich großartig, unangreifbar  – und dann kam der helle Glanz, als die Sonne über die Bäume stieg und die ganze Landschaft in helles Licht tauchte.
    Es fühlte sich an, als hätte sich alles in ihm in rauschendes Wasser verwandelt, und er fragte sich vage, ob das Brüllen, das er hörte, da draußen in der Welt war  – ein Unwetter vielleicht?   – oder nur in seinen eigenen Ohren. Nein , dachte er. Ich kann nicht sterben, ehe ich meine Mutter wiedergesehen habe.
    Er schloss die Augen.
    Gleich darauf öffnete er sie wieder.
    Stirnrunzelnd blickte er an sich hinab, als ihm bewusst wurde, dass er überhaupt keine Schmerzen empfand.
    Seltsam.
    Das Licht durchflutete nun die ganze Welt, und nachdem er wochenlang nur die Nacht erlebt hatte, musste er gegen blitzende, bunte Formen anblinzeln, die ihm vor den Augen tanzten. Er blieb stehen und drehte die Hände im Sonnenlicht herum. Sie waren unmittelbar der Sonne ausgesetzt, doch es geschah nichts. Er krümmte die

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